TATORT „Der hundertste Affe“ – Fragen und Antworten zur Trinkwasser-Sicherheit

Die Story des Bremer ARD-TATORTs „Der hundertste Affe“ am heutigen Pfingstmontag zielt auf die Trinkwasserversorgung. Bremen ist im Ausnahmezustand, die Kommissare Inga Larsen und Siedefreund stehen unter Hochdruck: Eine Gruppe Ökoterroristen droht, die Stadt zu terrorisieren. Sie drohen, das Trinkwasser mit genau jenem Pestizid zu versetzen, mit dem ein Biotech-Konzern in Afrika Millionen macht. Viele Fernsehzuschauer werden sich vermutlich fragen, wo die Fiktion aufhört und die Realität anfängt. Die nachfolgenden Fragen und Antworten sollen erklären, wie das Trinkwasser in Deutschland (und in vielen anderen Ländern) geschützt wird.

Frage: „Wie wird die Trinkwasserversorgung geschützt?“
Antwort: Die Wasserversorgung arbeitet auf einem sehr hohen Sicherheitsniveau. Zum Schutz des Lebensmittels Trinkwasser vor Eingriffen jeglicher Art werden von Seiten der Behörden und Wasserversorger die Anlagen geschützt und in unterschiedlichster Form an vielen Stellen überwacht. Sie umfassen den Schutz der Anlagen (Brunnen, Leitungen) sowie die Kontrollen des Roh- und Trinkwassers, von der Gewinnung bis in die Trinkwasserverteilung zum Verbraucher. Wasserwerke sind mit Schutzvorkehrungen (wie Gebäudeüberwachung, Kameras, etc.) versehen.

Die Wasserversorger und Behörden entnehmen in kurzen Abständen an verschiedenen Stellen im Versorgungsnetz und in Gebäuden Trinkwasserproben, die auf eine Vielzahl möglicher Stoffe untersucht werden. Damit können Stoffe, die nicht in das Trinkwasser gehören, umgehend identifiziert und lokalisiert werden. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es wie in allen anderen Bereichen jedoch nicht. Für den Schutz des Trinkwassers ist jeder aufgerufen, aufmerksam besondere Entwicklungen zu beobachten. So wurden die Hersteller von Chemikalien angewiesen, „Hamsterkäufe“ gefährlicher Chemikalien durch Einzelpersonen zu melden. Schon des öfteren haben aufmerksame Verkäufer auffällige Einkäufe der Polizei gemeldet, wodurch z. B. Bombenanschläge verhindert werden konnten.

Frage: „Wäre ein Anschlag, wie er im ARD-Tatort gezeigt wurde, in der Realität möglich?“
Antwort: So einfach ist es dann doch nicht. Da die Trinkwasserleitungen unterirdisch verlaufen, ist ein Zugriff ohne weiteres nicht möglich. Um eine Gefährdung auszulösen, müsste nicht nur eine erhebliche Menge an Pestiziden in das System eingeführt werden, dabei wäre auch der Gegendruck zu überwinden. Trinkwasserleitungen stehen unter einem erheblichen Druck, um das Trinkwasser auch in die oberste Etage von Hochhäusern oder einen Berg hinauf zu pumpen. „Das wäre, als wenn man eine Sprudelwasserflasche schüttelt und beim Öffnen versucht ein Kilo Zucker hinein zu kippen.“  Zudem würde bei dem Versuch, in die Leitungen zu gelangen, sofort ein Druckabfall wie bei einem Rohrbruch auftreten. Dieser würde im Leitsystem sofort erkannt. Die Wasserversorger sind darauf spezialisiert, auf solche Rohrbrüche schnell zu reagieren. In kürzester Zeit würde der Leitungsabschnitt durch Fernsteuerung gesperrt und die canstockphoto23987760Gefahr gebannt.

In vielen Wasserversorgungssystemen finden zudem laufend Online-Messungen mittels spezieller Sensoren statt. Konkret: Die stoffliche Zusammensetzung des Trinkwassers wird rund um die Uhr registriert und wie auf einem EKG auf Monitoren angezeigt. Normalerweise ändert sich der dort angezeigte Wert kaum. Ein Eingriff in die Trinkwasserversorgung würde den Messwert und damit die auf den Monitoren sichtbare Anzeige deutlich verändern. Dies wäre ein sicheres Zeichen dafür, dass sich die Qualität des Trinkwassers deutlich verändert hat. Hier ist eine solche Sensortechnik beschrieben klick hier!

Frage: „Welche Gegenmaßnahmen könnten eingeleitet werden?“
Antwort: Fast alle Versorger und die zuständigen Behörden sind auf derartige Krisensituationen (und andere) vorbereitet. Im Rahmen des Krisenmanagements werden derartige Vorfälle sogar geübt. Die Leitungen würden bei Bedarf in Absprache mit den zuständigen Behörden kurzfristig gesperrt werden können. Nachfolgend würden i.d.R. Sanierungsarbeiten bzw. Reinigungsmaßnahmen wie Spülungen erfolgen, bis der ordnungsgemäße Zustand wiederhergestellt ist. In Deutschland sind zusätzlich technische Sicherungseinrichtungen in den Verteilnetzen vorhanden, mit denen auch spezielle Leitungsabschnitte abgesperrt werden können. Die betroffene Bevölkerung würde umgehend informiert. Dabei können die Wasserversorger kurzfristig zur Information der Bevölkerung wie beispielsweise bei Hochwassergefahr auch von Feuerwehr, Polizei, DRK usw. unterstützt werden. Weiterhin wird in den Schutzkonzepten auch die Ersatzwasserversorgung geregelt. Generell wurden in den Kommunen Krisenstäbe eingerichtet, bei denen die Wasserversorger einbezogen sind.

„Wie genau sieht das Notfall- und Krisenkonzept aus?“
Aus nachvollziehbaren Gründen können Wasserversorger keine detaillierten Informationen zu ihren Schutz- und Sicherheitssystemen geben. Wasserversorgung ist eine kritische Infrastruktur und Trinkwasser ein Lebensmittel. Deshalb genießen die Systeme den höchsten Schutz.

Anmerkung zum Schluss:
Da die Sendung noch nicht ausgestrahlt worden ist, kann zum Inhalt noch nichts gesagt werden. Wer sich für eine Kritik von Christian Fuß im SPIEGEL interessiert, wird hier fündig klick hier!, hier geht es zur SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG

Soviel kann aber jetzt schon gesagt werden: es bleibt zu hoffen, dass der ARD bald wieder neue Ideen für ihre TATORTe kommen und sie nicht mit der Angst der Menschen um das Trinkwasser spielen müssen. Eigentlich gibt es doch schon genügend reale Bedrohungen.

Ein Teil der Antworten wurde vom BDEW zur Verfügung gestellt. 

Beitragsbild ARD

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