„Pumpen aus, Schläuche raus!“ In Ostdeutschland mehren sich Verbote für Wasserentnahmen aus Gewässern

Wasserpumpe zur Entnahme aus dem Fluss

Die diesjährige Trockenheit war schneller als der Sommer. Wo sonst Bäche waren, flossen nur noch Rinnsale. Darauf reagierten viele Landkreise mit Entnahme-Verbote. Nachfolgend ein Überblick zu den Maßnahmen in ostdeutschen Bundesländern.

Brandenburgs Umweltministerium ruft die Landkreise zum Handeln auf

Mitte Mai verbrachten wir unserer ersten „Nach-Corona“-Urlaub im Spreewald. Ein wenig verwundert waren wir schon, wie langsam die Spree sich durch ihr atemberaubend schönes Flussbett wälzte. So erhielt das Kajak durch die Strömung auch nur wenig Antrieb. Allem Anschein nach hat sich die Lage mittlerweile weiter verschlechtert.

Vor wenigen Tagen erst hat das brandenburgische Umweltministerium die Landkreise und kreisfreien Städte Schreiben gebeten, „geeignete Schritte für einen verminderten Wasserverbrauch zu prüfen. Dafür kommen auch Allgemeinverfügungen in Betracht, die erlaubnisfreie Gewässerbenutzungen beschränken oder anpassen“, heißt es in dem Schreiben aus Potsdam.

Die Bürger sollen sich mit Hilfe des Niedrigwasser-Portals des Landes Brandenburg einen eigenes Bild verschaffen, wenngleich etwas Vorwissen für das Verständnis des Portals hilfreich sein wird. „Mit Hilfe aufbereiteter Daten soll die hydrologische Situation jederzeit von jedermann erkennbar sein. So werden tagaktuelle Abfluss- und Wasserstandsdaten und – für repräsentative Pegel – die Niedrigwasserkennwerte für das Niedrigwassermanagement in Niedrigwasserperioden veröffentlicht sowie Fachgrundlagen und rechtliche Hinweise für die Erteilung und Änderung von Zulassungen für Gewässerbenutzungen zur Verfügung gestellt.“ Sic!

Verbote auf Landkreisebene in Brandenburg

Es bleibt nicht bei Informationen. Der Niedrigwasserstand macht regulatorische Maßnahmen erforderlich. So hatten einige Landkreise schon vorher das Recht auf Wasserentnahme aus Gewässern eingeschränkt. Die Untere Wasserbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald hat mit Wirkung zum 11.6.2020 eine befristete Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs sowie von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern des Spreesystems und dem Oberlauf der Dahme verfügt. Durch die Allgemeinverfügung ist die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung in der Zeit von 6 bis 21 Uhr untersagt. Man sieht an vielen Uferbereichen der Spree und an den Fließen Pumpen stehen, die für die Gartenbewässerungen sorgten. Auch der benachbarte Spree-Neiße-Kreis hat Entnahmeverbote erlassen. Die Einhaltung dieser Allgemeinverfügung wird durch die Untere Wasserbehörde überwacht. Dort wird angedroht, dass bei Zuwiderhandlungen von bis zu Bußgelder bis zu 50.000 EUR fällig werden.

Der Landkreis Elbe-Elster hält aufgrund der anhaltenden Niedrigwassersituation in Grund- und Oberflächengewässern seine Allgemeinverfügung aus dem vergangenen Jahr weiter aufrecht und untersagte am 3.6.2020 mit sofortiger Wirkung Wasserentnahmen aus allen Oberflächengewässern des Landkreises mittels Pumpen.

Länderübergreifend werden Maßnahmen abgestimmt

Wegen der angespannten Situation haben die Bundesländer Brandenburg und Sachsen im Juni vergangenen Jahres eine regelmäßig tagende Arbeitsgruppe als länderübergreifende Ad-hoc-Arbeitsgruppe „Extremsituation“ gegründet. Sie hat schon Anfang Mai diesen Jahres festgestellt, dass in den Einzugsgebieten der Spree und Schwarzen Elster ein äußerst sparsamer und gewissenhafter Umgang mit den begrenzten Wasserressourcen angeraten sei. Wegen der dramatischen Dürre war es im vergangenen Jahr fast überall in Brandenburg verboten worden, Wasser aus Flüssen und Seen abzupumpen, um zum Beispiel den eigenen Garten zu bewässern. Das wird sich in diesem Jahr fortsetzen, wenn sich die Lage nicht entspannen sollte.

Sachsen trocknet aus – die Landkreise verbieten die Wasserentnahme

Unter dem Titel „Sachsen trocknet aus“ berichtete der MDR am 6.6.2020 von Wasserknappheit in und um Dresden. Nach der Oberlausitz und dem Landkreis Nordsachsen werde nun auch das Wasser im Raum Dresden knapp. Ab dem 6. Juni war es demnach verboten, Wasser mit Pumpen aus oberirdischen Gewässern zu gewinnen. Das Verbot gelte bis einschließlich 15. Oktober.

„Besonders in den kleineren Zuflüssen bestehen kritische Situationen bis hin zum Austrocknen der Quellgebiete“. So begründet Umweltdezernent Dr. Eckhard Rexroth für den Landkreis Nordsachsen die Allgemeinverfügung der Unteren Wasserbehörde. Demnach sind ab 20.5.2020 Eigentümer und Anlieger von oberirdischen Gewässern gehalten, ab sofort die ungeregelte Entnahme von Wasser mittels Pumpen zur Beregnung von landwirtschaftlich genutzten Flächen oder Hausgärten einzustellen. Die Untere Wasserbehörde wird in den Sommermonaten verstärkt die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben an den Gewässern überwachen. Verstöße können mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld geahndet werden.

Stichwort „Gemeingebrauch“

Die Benutzung von Gewässern innerhalb des sog. Gemeingebrauchs bedarf keiner Erlaubnis oder Bewilligung. Gemeingebrauch muss zwar nicht erst erlaubt, aber er kann eingeschränkt werden.

Unproblematisch ist bei nicht eingeschränktem Gemeingebrauch in den meisten Bundesländern das Schöpfen mit Handgefäßen, Viehtränken, das Entnehmen von Wasser in geringen Mengen. Zum Gemeingebrauch gehört auch das Fahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Antriebskraft, wie etwa Ruderboote und Kanus. Ausschlaggebend sind aber die jeweils geltenden landesrechtlichen Bestimmungen.

Rechtsgrundlage: § 25 Wasserhaushaltsgesetz (WHG)

In Thüringen führt die extreme Trockenheit zu Entnahmeverboten

Schon im Frühjahr war es in Thüringen jahreszeitlich flächendeckend überdurchschnittlich trocken, regional sogar extrem trocken. Im Juni wurde der mittlere Niedrigwasserabfluss d.h. der Mittelwert der jeweils niedrigsten Juni-Tageswerte der Jahresreihe an 27 Pegeln unterschritten und zwar im Durchschnitt um 35 %. Das waren in Teilen Werte, die im Normalfall im Spätsommer oder Herbst zu erwarten sind.

Die Situation im thüringischen Saale-Orla-Kreis ist seit dem vergangenen Sommer so angespannt, dass das Landratsamt das Verbot der Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern, also aus Bächen, Flüssen, Seen und Quellen, seit 2019 aufrecht erhält.

Die roten Punkte zeigen jene Messstellen, an denen die mittleren Niedrigwasserflüsse des Monats Juni 2020 unterschritten wurden (Q: interaktive Pegelkarte Thüringen)

Aus den Gewässern im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt darf ebenfalls kein Wasser entnommen werden. Dort greift das Verbot auch in jenen Fällen, in denen die Wasserentnahme in der Vergangenheit durch eine wasserrechtliche Erlaubnis gestattet wurde. Es gibt aber auch Ausnahmeregelungen. So sind Wasserentnahmen aus der Saale weiterhin gestattet, da der Mindestwasserabfluss hier wegen der Steuerung durch die Saaletalsperre gesichert ist. Benötigt wird dafür aber eine Genehmigung der Unteren Wasserbehörde.

Gewässernutzer müssen sich auf Einschränkungen einstellen

Daran werde sich viele Gewässernutzer gewöhnen müssen: die Nutzung öffentlicher Gewässer wird eingeschränkt. Die Niedrigwasserlagen in deutschen Flüssen nehmen zu. Die Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke zeigt, dass die Niedrigwasserstände in deutschen Großflüssen eine anhaltende Folge des Klimawandels zur Normalität zu werden scheint. Die Beschränkungen für die Gewässernutzer wird dort ein Umdenken erzeugen. Statt öffentlicher Gewässer wird der Griff zum Leitungswasser erforderlich sein.

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