PFAS: Neues aus der Wissenschaft gegen die „Ewigkeitschemikalie“

PFAS gelten als kaum abbaubar, aber gesundheitsgefährdend. Neue technische Verfahren machen Hoffnung für die Reinheit des Trinkwassers und dessen Schutz vor PFAS. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, wie die ‚Ewigkeitschemikalien‘ bewältigt werden können. (Lesezeit ca. 7 Minuten / Beitrag # 914)

PFAS als ständiger Begleiter – auch in den Gewässern

PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen) machen Oberflächen schmutz- und wasserabweisend. In der Umwelt Sie aber extrem langlebig – deshalb „Ewigkeitschemikalien“ und werden an Land und im Wasser kaum zersetzt. Einige PFAS gelten als gesundheitsgefährdend.

Eigentlich sind PFAS, früher hießen sie auch PFC, aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Schon eine dünne PFAS-Schicht lässt Wasser ebenso abperlen wie Öl und Schmutz. Gleichzeitig sind PFAS äußerst widerstandsfähig gegenüber Hitze und UV-Licht. Das macht sie zur beliebten Beschichtung von atmungsaktiver Outdoor-Kleidung, schmutzabweisenden Teppichen, Einweggeschirr, Bügeleisen oder Pfannen. Industriell werden PFAS als Schmiermittel verwandt, als Tenside und Netzmittel, bei der Verchromung oder in Feuerlöschmitteln. Die Liste ist lang, PFAS finden sich fast überall – auch im Grundwasser.

Deshalb sind Wasserversorger seit der neuen Trinkwasserverordnung von Juli 2023 verpflichtet, sich bis zum 12. Januar 2026 (und bis 2028) auf neue Grenzwerte bei der Trinkwasseraufbereitung einzustellen. Sie müssen ihre Trinkwasser-Aufbereitungsanlagen je nach Ausmaß der Rohwasser-Belastung auf- bzw. umrüsten. Die Stadtwerke Raststatt mussten Millionen investieren, um das PFAS aus dem Grundwasser herauszufiltern. Andernfalls wäre die Ewigkeitschemikalie ins Trinkwasser gelangt.

Außerdem geraten Verantwortliche kontaminierter Standorte immer stärker in Zugzwang PFAS dauerhaft und effizient aus der Umwelt zu entfernen.

PFAS-Hotspots in Deutschland 2020 (Q: Umweltbundesamt, Link siehe unten)

Gesundheit ist bedroht

Die meisten Menschen sind PFAS ausgesetzt, indem sie Materialien, in den PFAS enthalten sind, mit Nahrungsmitteln in Verbindung bringen und verzehren, sie am Körper tragen oder über trinken. Eine häufige Quelle ist das Trinkwasser. Aber die Verbindungen finden sich auch in antihaftbeschichteten Konsumgütern, Lebensmittelverpackungen und gängigen Herstellungsverfahren. Forschungsarbeiten zeigen, dass selbst eine geringe Belastung zu Entwicklungsstörungen wie niedrigem Geburtsgewicht oder verminderter Immunreaktion führen kann, neben vielen anderen gesundheitlichen Problemen. Einige der rund 4.700 PFAS-Verbindungen stehen im Verdacht, krebserregend zu sein oder andere Gesundheitsschäden hervorzurufen.

Da die PFAS so widerstandsfähig sind, bleiben sie auch dann in der Umwelt, wenn sie eigentlich nicht mehr gebraucht werden. Zwar lassen sich PFAS in Müllverbrennungsanlagen nahezu vollständig verbrennen. Werden Materialien wie zum Beispiel Textilien oder Klärschlamm jedoch recycelt, können sich PFAS im Stoffkreislauf anreichern und in die Umwelt gelangen, wo sie in Gewässern, Böden, Pflanzen und auch im menschlichen Körper nachweisbar sind.

Wasserwirtschaft arbeitet an Technologie für besondere Anforderungen

Das DVGW-Technologiezentrum Wasser (TZW) und das DECHEMA-Forschungsinstitut (DFI) arbeiten die nächsten zweieinhalb Jahre bis Ende 2027 an einem Projekt, bei dem die PFAS-Elimination im Wasser auf die künftigen rechtlichen Anforderungen ausgerichtet werden soll. Durch herkömmliche z.B. in der Trinkwasseraufbereitung, aber auch zur Sanierung von Grundwasser eingesetzte Verfahren wie die Aktivkohle-Filtration, können vor allem kurzkettige PFAS nicht effizient entfernt werden. Wasserversorger sind vor dem Hintergrund der neuen Trinkwasserverordnung (Stand Juli 2023) verpflichtet, sich bis Januar 2026 und 2028 auf die neuen Grenzwerte einzustellen und die Aufbereitung ihrer Trinkwässer abhängig von der Rohwasser-Belastung entsprechend auf- bzw. umzurüsten. Außerdem geraten Verantwortliche kontaminierter Standorte immer stärker in Zugzwang PFAS dauerhaft und effizient aus der Umwelt zu entfernen.

Mit PFAStrea soll ein modulares Konzept für eine bedarfsgerechte Anpassung des aufzubereitenden Wassers entwickelt werden. Ziel von PFAStrea ist es, ein modulares Konzept zu entwickeln, das eine bedarfsgerechte Anpassung, je nach Kontaminationsgrad und Beschaffenheit des aufzubereitenden Wassers ermöglicht. In einer ersten Stufe soll die Aktivkohle gezielt so modifiziert werden, dass die Adsorptionsfähigkeit für kurzkettige PFAS erhöht wird. Durch elektrische Polarisation soll dieser Effekt weiter verstärkt werden. Die zweite Stufe ist die elektrochemische Behandlung von PFAS-belastetem Wasser, z.B. auch Desorbate von der Aktivkohle, d.h. wenn die zur Trinkwasserreinigung eingesetzte Aktivkohle aufbereitet wurde. 

Elektrochemische Verfahren sind vielversprechend zur vollständigen Entfernung von PFAS, so die Projektbeschreibung, können jedoch auch zur Bildung unerwünschter Nebenprodukte wie Perchlorat, Chlorat und Bromat führen. Deshalb beinhaltet das Konzept PFAStrea eine biologische Stufe, um diese Nebenprodukte mikrobiell abzubauen.

Bis die Ergebnisse vorliegen wird es noch mindestens zwei Jahre dauern. Das Projekt ist am 1.7.2025 gestartet worden und soll Ende 2027 abgeschlossen sein.

Katalysator der Frankfurter Goethe-Universität macht Hoffnung

Das Erfolgsrezept ‒ und zugleich das Problem ‒ der PFAS liegt in ihren molekularen Strukturen. Das sind die äußerst stabilen Bindungen zwischen Kohlenstoff- (C) und Fluoratomen (F). Chemikern vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Goethe-Universität Frankfurt ist es nun gelungen, einen Katalysator zu entwickeln, der solche C-F-Bindungen spaltet, und das innerhalb von Sekunden und bei Raumtemperatur. Herzstück des Katalysators sind zwei Bor-Atome, die so in ein Kohlenstoffgerüst eingebettet sind, dass sie unempfindlich gegenüber Luft und Feuchtigkeit sind. Diese für Borverbindungen ungewöhnliche Eigenschaft erleichtert den Umgang mit dem Katalysator erheblich.

Christoph Buch, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Wagner und Erstautor der Studie über den neuen Katalysator, erläutert: „Für die Spaltung der C-F-Bindungen benötigen wir Elektronen, die unser Katalysator besonders effizient überträgt. Als Quelle dieser Elektronen verwenden wir bislang noch Alkalimetalle wie Lithium. Wir arbeiten aber bereits daran, stattdessen elektrischen Strom als Elektronenquelle zu nutzen, was zu einem deutlich einfacheren und effizienteren Verfahren führen wird.“ 

Besonders macht den neuen Katalysator, dass er ohne kostspielige oder giftige Schwermetalle wie Platin, Palladiumoder Iridium auskommt. Er könnte nicht nur zum PFAS-Abbau genutzt werden, sondern auch zur Herstellung von Medikamenten.

Piezokatalyse der ETH Zürich hat Potenzial

Einen weiteren innovativen Ansatz im Kampf gegen die persistenten PFAS-Verbindungen haben Forschende der ETH Zürich entwickelt: die Piezokatalyse. Diese Methode nutzt speziell entwickelte piezoelektrische Nanomaterialien in Kombination mit Ultraschall, um insbesondere die gefährliche PFAS-Untergruppe der Perfluoroctansulfonate (PFOS) abzubauen. Das Verfahren basiert auf einem einfachen, aber effektiven Prinzip: Im Ultraschallbad laden sich die Nanopartikel, die mit bloßem Auge wie Sand aussehen, elektrisch auf und wirken als Katalysator. Diese elektrische Ladung setzt eine Reaktionskette in Gang, die die extrem stabilen Kohlenstoff-Fluor-Bindungen der PFOS-Moleküle schrittweise aufbricht.

Laborversuche zeigen vielversprechende Ergebnisse: Mit einem Massenspektrometer konnten die Forschenden nachweisen, dass 90,5% der PFOS-Moleküle abgebaut wurden. Allerdings bleibt die praktische Anwendung eine Herausforderung, da die Tests mit einer vergleichsweise hohen Konzentration von vier Milligramm pro Liter durchgeführt wurden, während in natürlichen Gewässern die Konzentration typischerweise unter einem Mikrogramm pro Liter liegt. Für eine effiziente Anwendung in realen Szenarien, etwa bei industriellen Abwässern, müsste das Verfahren mit einem vorgeschalteten Konzentrierungsschritt kombiniert werden. Dennoch könnte die Piezokatalyse aufgrund ihrer Vorteile gegenüber bisherigen Methoden zukünftig eine wichtige Alternative im technischen PFAS-Abbau darstellen.

Sonnenlicht gegen „Ewigkeitschemikalien“ – Durchbruch im Kampf gegen PFAS

Ein Forschungsteam der University of Adelaide hat ein neuartiges Material entwickelt, das die gefährlichen PFAS („Ewigkeitschemikalien“) vollständig zu harmlosen Bestandteilen wie Fluorid abbauen kann. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Small veröffentlicht.

Das Besondere daran: Für den Prozess braucht es nur eine allgegenwärtige Energiequelle – Sonnenlicht. Damit könnte das Material in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Wasseraufbereitung spielen.

PFAS sind extrem stabil, weil ihre Kohlenstoffatome durch Fluor-Atome abgeschirmt werden. Diese „Schutzschicht“ macht sie widerstandsfähig gegen die üblichen chemischen Abbauverfahren, bei denen reaktive Substanzen an den Kohlenstoff binden. Das australische Team hat nun einen Katalysator so optimiert, dass er gezielt die PFAS-typischen Fluor-Atome angreift. Das Ergebnis: ein vollständiger Abbau dieser schwerlöslichen Schadstoffe.

Falls sich die Methode im größeren Maßstab umsetzen lässt, könnte sie ein Meilenstein im Kampf gegen die weltweite PFAS-Belastung sein – und das mithilfe von etwas, das uns täglich gratis zur Verfügung steht: der Sonne

Hochtemperaturverbrennung als Klassiker

Die Hochtemperaturverbrennung bei über 1000°C gilt derzeit als eines der zuverlässigsten Verfahren zur vollständigen Zerstörung von PFAS-Verbindungen. Aufgrund der extremen chemischen Stabilität dieser Substanzen ist eine nachhaltige Zerstörung erst bei Temperaturen von mindestens 1000°C möglich, in manchen Fällen sogar erst ab 1300°C. Bei der Verbrennung werden die hochstabilen C-F-Bindungen aufgebrochen und die PFAS vollständig in Fluorwasserstoff (HF) umgewandelt, welcher anschließend durch alkalische Wäsche aus dem Abgas entfernt werden kann.

In der Praxis findet dieses Verfahren vor allem bei der Reaktivierung beladener Aktivkohle Anwendung, die zur PFAS-Entfernung aus Wasser eingesetzt wurde. Dabei wird die Aktivkohle stufenweise auf über 600°C erhitzt, während das entstehende Abgas bei über 1400°C durch thermische Nachverbrennung gereinigt wird. Das Verfahren hat den Vorteil, dass es PFAS vollständig aus dem Stoffkreislauf ausschleust, ist jedoch sehr energieintensiv. Die Hochtemperaturverbrennung hat gegenüber anderen Verfahren den Vorteil, das sie bereits großtechnisch implementiert ist.

Durch herkömmliche Verfahren wie der Aktivkohle-Filtration in der Trinkwasseraufbereitung, aber auch zur Sanierung von Grundwasser eingesetzte Verfahren, können vor allem kurzkettige PFAS nicht effizient entfernt werden. 

Wie reagiert die EU auf die Bedrohung durch PFAS ?

Die EU hat in den letzten Jahren spürbar Tempo aufgenommen, wenn es um den Umgang mit PFAS geht. Eine ganze Reihe von Maßnahmen zielt nun darauf ab, ihre Verwendung deutlich einzuschränken – und langfristig ganz zu verbieten.

Bereits beschlossen ist z. B. ein Verbot der Substanzgruppe PFHxA, die in Regenjacken, Verpackungen und Kosmetika steckt. Diese Regelung tritt mit Übergangsfristen ab Herbst 2026 in Kraft. Auch andere PFAS, wie die langkettigen perfluorierten Carbonsäuren (C9–C14), sind schon seit 2023 verboten.

Ab 2026 gelten zudem strengere Grenzwerte im Trinkwasser: höchstens 0,5 µg/l für alle PFAS zusammen, für eine definierte Untergruppe sogar nur 0,1 µg/l. Und auch PFAS in Lebensmittelverpackungen sollen ab August 2026 weitgehend verschwinden – so sieht es die neue EU-Verpackungsverordnung (PPWR) vor.

Parallel arbeitet die EU an einem umfassenden Verbot aller rund 10.000 PFAS-Stoffe. Der Vorschlag stammt von mehreren Mitgliedstaaten und wird derzeit geprüft. Kommt es zur Umsetzung, könnte der Bann ab 2026/27 gelten – mit Ausnahmen und Übergangsfristen für unverzichtbare Anwendungen.

PFAS werden im zunehmenden Maße zur Bedrohung der Natur und unserer Gesundheit. Gefragt sind die Konsumenten, die Industrie und allem voran die Politik. Es wird unabwendbar sein, den Einsatz von PFAS zu reduzieren. Konsumenten sollten nach Alternativen Ausschau halten. Dabei kommt es auch auf die wahrheitsgetreue Deklaration an. „Findige“ Anbieter werden nichts unversucht lassen. Greenwashing ist ist auch bei den PFAS ein wichtiges Thema. Trotz innovativer Entsorgungs- und Behandlungsverfahren werden Verbote bestimmter Stoffgruppen unverzichtbar sein.

Quelle und Weiterführendes:

  1. PFAS – Gekommen, um zu bleiben, Umweltbundesamt, 2020
  2. PFAStrea – Entfernung von PFAS aus Grund- und Abwässern durch Elektrosorption /-desorption an modifizierten Aktivkohlen und elektrochemischen Abbau (IGF 01IF23630N), DVGW / Dechema, 2025
  3. Christoph D. Buch, Alexander Virovets, Eugenia Peresypkina, Burkhard Endeward, Hans-Wolfram Lerner, Felipe Fantuzzi, Shigehiro Yamaguchi, Matthias Wagner: Planarity Is Not Plain: Closed- vs Open-Shell Reactivity of a Structurally Constrained, Doubly Reduced Arylborane toward Fluorobenzenes. Journal of the American Chemical Society (JACS, 2025), https://doi.org/10.1021/jacs.5c05588
  4. Veciana A, Steiner S, Tang Q, Pustovalov V, Llacer-Wintle J, Wu J, Chen X, Manyiwa T, Ultra Jr. V, Garcia-Cirera B, Puigmartí-Luis J, Franco C, Janssen D, Nyström L, Boulos S, Pané S: Breaking the Perfluorooctane Sulfonate Chain: Piezocatalytic Decomposition of PFOS Using BaTiO3 Nanoparticles. Small Science 2400337. doi: externe Seite 10.1002/smsc.202400337
  5. Revolutionäres Material macht Ewigkeitschemikalien unschädlich, futurezone
  6. Verordnung (EU) 2025/40 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 2024 über Verpackungen und Verpackungsabfälle, 2024
  7. Wird die gewässergefährdende „Ewigkeitschemikalie“ PFAS europaweit verboten?, Lebensraumwasser, 02/2023
  8. „Vergiftete Wahrheit“ auf ARTE. Öko-Thriller über PFOA im Trinkwasser, Lebensraumwasser, 02/2023
  9. Veolia testet PFAS-Verbrennung umfassend, ChemieTechnik, 05/2025

Beitragsfoto: Markus Bernards

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