Frist zur Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie nicht eingehalten

Schon wieder droht Deutschland eine „gelbe Karte“ der EU beim Thema Wasser. Bis 12. Januar 2023 hätte die Bundesregierung die EU-Trinkwasserrichtlinie in deutsches Recht umsetzen müssen. Diese zeitliche Vorgabe aus Brüssel hat die Bundesregierung „gerissen“. Eigentlich hätte es eine Novelle der Trinkwasserverordnung geben müssen. Der gemeinsame Referentenentwurf der Ministeriums für Gesundheit, das federführend war, und des Umweltministeriums weist den „Bearbeitungsstand: 22.07.2022  12:53“ aus. Danach folgten langwierige Abstimmungen zwischen den Ressorts der Bundesregierung und in den Ausschüssen. Erst in der vergangenen Woche, am 31. März, befasste sich Bundesrat mit der Novelle der Trinkwasserverordnung. Im Mai soll die Verordnung wohl endlich kommen.

Worum es geht

Die EU-Kommission hatte die bisherige EU-Trinkwasserrichtlinie überarbeitet und darin den Themen Sicherheit und Verbraucherinformation einen großen Stellenwert eingeräumt. Im Einzelnen soll es

  • neue Sicherheitsnormen für Trinkwasser,
  • eine Regelung für Qualitätsrisiken von der Wasserquelle bis zum Wasserhahn,
  • verpflichtende Prüfung der Durchführbarkeit von Maßnahmen zum Austausch von aus Blei gefertigten Bestandteilen in bestehenden Wasserversorgungsanlagen
  • ein geschärfter Blick für neu auftretende Stoffe im Wasser sowie
  • Bestimmungen für Produkte, die mit Trinkwasser in Berührung kommen die Wassersicherheit und -qualität in Europa verbessern.

geben. Aber nicht nur das:

  • Aus Verbrauchersicht mit großem Interesse erwartet werden die Regelungen für den ungehinderten Zugang zu Wasser. Eine Selbstverständlichkeit, die auch in Europa noch Regelungsbedarf hat. Diesen Punkt griff bei der Vorstellung der Nationalen Wasserstrategie am 30. März die Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf. Mit der Forderung „Obdachlose brauchen Trinkbrunnen“ machte sie einen Aspekt deutlich, der mit der Umsetzung der Trinkwasserrichtlinie einer der schwächsten Gruppe unserer Gesellschaft Trinkwasser allzeit und kostenlos zugänglich machen soll.
  • Die EU will die Wasserkunden und Verbraucher beim Wasser stärker sensibilisieren und besser informieren. Die Wasserversorger rüsten sich gerade für die Vielzahl an Informationen, die sie ihren Kunden künftig bereit stellen (müssen).
  • Mit dem Blick auf die mancherorts knapper werdenden Wasservorräte dürften künftig zudem die Wasserverluste von steigendem Interesse sein. Diese will die EU deutlich reduzieren. Aktuell gehen fast ein Viertel des „fertigen“ Trinkwassers während der Verteilung in den EU-Staaten verloren. Deutschland kann sich zwar nicht ausruhen, aber mit rund sechs Prozent auf vergleichsweise geringe Verluste blicken.

Die Zeit läuft

Gemeinsam mit 19 anderen EU-Staaten hat Deutschland der Europäischen Kommission nicht fristgemäß mitgeteilt, wie sie die EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht umgesetzt hat. Die „Nachsitzer“ erhalten deshalb ein sogenanntes Aufforderungsschreiben. Das ist die erste Stufe in einem höchstens dreistufigen Vertragsverletzungsverfahren. Die betroffenen Mitgliedstaaten haben jetzt zwei Monate Zeit, um auf die Aufforderungsschreiben zu antworten und die Umsetzung der Richtlinien abzuschließen. Anderenfalls kann die Kommission beschließen, mit Gründen versehene Stellungnahmen zu übermitteln, die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens.

Neben Deutschland haben bislang Belgien, Bulgarien, Tschechien, Dänemark, Estland, Irland, Griechenland, Kroatien, Zypern, Lettland, Litauen, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, die Slowakei, Finnland und Schweden ihre nationalen Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung der Richtlinie nicht fristgerecht mitgeteilt.

Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, soll die Trinkwasserverordnung im Mai in Kraft treten. Angesichts der Probleme mit denen die Bundesregierung und allem voran das Bundesgesundheitsministerin in der jüngsten Vergangenheit zu kämpfen hatten, dürfte das Frist-Versäumnis zu entschuldigen sein.

Quellen

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