Europas Gewässer sind bedroht! Schweizer „Trinkwasserinitiative“ als Vorbild für Deutschland?!

Mit einem breit abgestützten Appell an die EU und die deutsche Bundesregierung warnen europäische Wasserversorger vor irreversiblen Trinkwasserbelastungen. Anders als viele meinen mögen, haben auch aufwändigste Aufbereitungstechniken ihre Grenzen, das erklären die Internationale Arbeitsgemeinschaft
der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet (IAWR) und die Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein (AWBR) in ihrer heutigen Medienmitteilung. Die beiden Arbeitsgemeinschaften der Rhein-Wasserwerke fordern von Brüssel und Berlin eine konsequente Ökologisierung der Agrarsubventionen. Ihre Forderungen decken sich mit jenen der Schweizer Trinkwasserinitiative, die im Juni 2021 zur Abstimmung kommt. Dort soll der Bürgerwille Änderungen bewirken. Ein Weg, der auch in Deutschland eingeschlagen werden sollte!

Es ist kurz vor 12! Wasserwerker stellen Vergleich zur Klimakrise an

Unsere Wasserressourcen sind unsere wertvollste Lebensgrundlage und Vorsorge. Durch den Klimawandel werden sie zunehmend gefährdet und immer kostbarer“, so IAWR-Präsident Prof. Dr. Matthias Maier. Am 14.12.2020 hat die IAWR deshalb im Namen zahlreicher Wasserversorger aus der EU und Schweiz mit insgesamt über 80 Millionen versorgten Trinkwasserkonsumenten einen großangelegten Appell eingereicht. Der Appell richtet sich an die Schlussverhandlungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und wurde an alle 27 Landwirtschaftsminister in der EU, die Entscheidungsträger im Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission sowie die deutsche Bundesregierung gesandt.

Unüberhörbarer Appell Richtung Brüssel

In ihrem Appell an die Beteiligten der Trilog-Verhandlungen zur GAP unter dem Titel „Sofortiges Umsteuern der EU-Agrarpolitik alternativlos: Appell für Trinkwasserschutz an Europäische Kommission, Rat und Parlament vom 11.12.2020 machten die Wasserversorger, die für die Trinkwasserqualität von fast 20 Prozent der EU-Bürger sorgen, ihre Position zum Schutz des Wassers überdeutlich. So heißt es: „Analog der Klimakrise muss auch zur Sicherung der Trinkwasserversorgung dringend verhindert werden, dass der Zeitpunkt verpasst wird, an dem noch eine rechtzeitige Umkehrung des vorliegenden Belastungsniveaus durch Pflanzenschutzmittel/Pestizide, deren Folgeprodukte und (Stickstoff-) Düngemittel aus der Landwirtschaft möglich ist. Es darf nicht dazu kommen, dass in Gewässern nur noch Schadensbegrenzung möglich ist, aber keine Sanierung mehr mit dem Ziel, die natürliche Gewässergüte zurückzuholen. Gerade Grundwässer, deren Alter oft mehrere Jahrzehnte bis hin zu Jahrtausenden beträgt, können auf unabsehbare Zeit belastet sein, wenn der dringend benötigte Schutz dieser Trinkwasser- Ressourcen nicht jetzt mit der GAP 2021-2027 eingeführt wird. 

Rheinidylle – doch der Schein trügt (Foto: Gendries)

Neuausrichtung der Landwirtschaft durch ökologische Agrarsubventionen

Mit dem Appell möchten wir zum Schutz unserer Trinkwasserressourcen eine rasche Ökologisierung der Agrarsubventionen erreichen sowie die Klimaschutz-, Biodiversitäts- und Null-Schadstoff-Strategien unterstützen“, so Roman Wiget, AWBR-Präsident und Berner Trinkwasserversorger. „Heute fördern die Agrarsubventionen nicht nachhaltige Produktionsformen, die unserer Gesellschaft und Umwelt jährlich Schäden in Milliardenhöhe zufügen und uns nach und nach die Lebensgrundlagen entziehen.

Die konventionelle Landwirtschaft ist mit zu hohen Einträgen von Pestiziden, Gülle und Düngemitteln in Luft, Böden und Wasser verbunden. „Da die einmal freigesetzten Stoffe nicht mehr zurückgeholt werden können und großflächig in unseren Trinkwasserressourcen nachweisbar sind, müssen wir immer weitere, teure und energieintensive Aufbereitungsanlagen auf Kosten der Bevölkerung bauen.“, fasst Matthias Maier die kritische Situation zusammen. „Zudem lässt sich absehen, dass in Zukunft auch eine Nachrüstung der Wasserwerke nicht mehr ausreichen wird, um alle Belastungen zu entfernen.“

Aufruf der Schweizer Trinkwasserinitiative

Schweizer Trinkwasserinitiative will eine ökologischere Landwirtschaft

Die Wasserwerke sind nicht nur für die Trinkwasserversorger der Bürger zuständig, sie haben auch für deren Gesundheit Sorge zu tragen. Dabei müssen sie auch die Wirtschaftlichkeit im Blick halten. Insoweit ist es richtig und wichtig, dass sie nicht nachlassen, die Defizite aufzuzeigen. „Zu viel Dünger und Nährstoffe, zu hoher Pestizideinsatz, zu viel Antibiotika in der Tiermast: Diese Defizite können wir mit der nachhaltigen Umlenkung der Agrarsubventionen in den Griff bekommen“, ist Roman Wiget überzeugt. „Genau dies beabsichtigt in der Schweiz die Trinkwasserinitiative, weshalb wir diese vorbehaltlos und seit Beginn unterstützen.“ Die Trinkwasserinitiative kommt am 13. Juni 2021 vors Schweizer Stimmvolk. In der Schweiz soll der Bürgerwille den Bund dafür sorgen lassen, „dass die Landwirtschaft durch eine nachhaltige und auf den Markt ausgerichtete Produktion einen wesentlichen Beitrag leistet zur sicheren Versorgung der Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln und sauberem Trinkwasser“

Der Bürgerwille sollte auch in Deutschland mehr gefragt werden

Die deutsche Bundesumweltministerin hat mit dem Bürgerdialog zur Nationalen Wasserstrategie einen Prozess in Gang gesetzt, der eine stärkere Einbeziehung der Bürger in die Lösung der Wasserprobleme in Deutschland zur Folge haben soll. Damit könnten die Warnungen der Wasserwerker womöglich einen „wahrnehmbaren Verstärker“ bekommen. Die Bürger dürften erkennen, dass sie am Ende neben der Natur die wahren Leidtragenden der Gewässerpolitik in Europa und in Deutschland sein werden, wenn es nicht gelingt, das Ruder rechtzeitig umzureißen. Es sind die Trinkwasserverbraucher, die über die Wasser-/Abwasserentgelte eine verfehlte Versorge und einen unzureichenden Gewässerschutz bezahlen müssen. Natürlich sind es nicht alle Landwirte, den man die Verantwortung für die Beeinträchtigung der unzureichenden ökologischen Zustands der Gewässer wird anlasten können, nein, jene, die nachhaltig wirtschaften sind sogar selber die Benachteiligten einer verfehlten Agrarpolitik. Auch hier werden die Bürger zunehmend kritischer, das zunehmende Angebot an Öko-Produkten im Handel weist die Richtung. In der Schweiz will die Trinkwasserinitiative allen Hindernissen zum Trotz den Bürgerwillen beim Gewässerschutz Geltung verschaffen. Das sollten wir in Deutschland auch tun.

Das dürften wir gelernt haben: die Natur wird sich lange Zeit nicht wehren, aber irgendwann schlägt sie gnadenlos zu.

Weiterführendes/Quellen

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