Bürger-Beteiligung beim „Nationalen Wasserdialog“

Der „Nationale Wasserdialog“ geht in die nächste Runde. Anfang Oktober 2020 wurden die in zweijähriger Arbeit mit den Experten des Nationalen Wasserforums erarbeiteten Ergebnisse zur Zukunft des Wassers in Deutschland vorgestellt. Nach der Beteiligung der Fachwelt sind nun die Meinungen und Perspektiven von interessierten Bürgerinnen und Bürgern gefragt. Am vergangenen Freitag erhielten die Expertenteilnehmer eine Vorankündigung zum Bürger*innendialog. Daher will ich die Gelegenheit nutzen, diese Ankündigung hier näher bekannt zu machen.

Vorschlag für Nationale Wasserstrategie erhält ein breites Fundament

Am 8.6.2021 will Ministerin Schulze den Vorschlag ihres Ministeriums für eine „Nationale Wasserstrategie“ für das Jahr 2050 vorstellen. Bei deren Formulierung erweitert das BMU den Fokus nun auf einen „Nationalen Bürger*innendialog Wasser“. Es geht darum, über mögliche Handlungsoptionen für die Wasserwirtschaft und den wasserbezogenen Umweltschutz zu diskutieren sowie Vorschläge, Ideen und Empfehlungen auszutauschen und zu entwickeln. Der Dialog mit der Bürgerschaft besteht aus drei Bausteinen, wie es in der Ankündigung heißt. Die Bürger*innenwerkstätten bilden gemeinsam mit einem Jugendworkshop und einem Online-Dialog die Grundlage für den späteren „Bürger*innenratschlag“.

Drei Bausteine des Dialogs näher vorgestellt

Auf Anfrage beim BMU war zu erfahren, dass Ende Februar vier virtuelle Bürger*innenwerkstätten in unterschiedlichen Regionen gestartet werden. Ausgewählt wurden unterschiedlich vom Wasserthema betroffene Regionen (Cottbus = „Niederschlagsmangel/Braunkohletagebau“, Würzburg = „Klimawandel/Wasserknappheit“, Oldenburg = „Ländlicher Raum/Stickstoffüberschuss“ sowie Mannheim = „industrieller Ballungsraum/Spurenstoffe“). Aus diesen Fokusgruppengesprächen verspricht sich das BMU unterschiedliche Rückmeldungen und Erwartungen an die Lösung der wasserwirtschaftlichen Herausforderungen. Die Werkstätten sollen vier Themenschwerpunkte diskutieren: (1) Anpassung an den Klimawandel, (2) Finanzierungsfragen, (3) Sensibilisierung/„Wert des Wassers“ und (4) Wasserqualität. Die Ergebnisse werden dann in einer nächsten Ebene zusammengefasst und dabei jene bestimmt, die als „Bürger*innen-Ratschlag“ in den politischen Diskurs bei der Formulierung der Wasserstrategie des Bundesinnenministeriums Einzug halten und im Juni der Ministerin übergeben werden sollen. Die einzuladenden Bürger*innnen werden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt.

Als zweites Forum kommt eine Jugendwerkstatt hinzu. Hiervon erwartet man sich einen differenzierten Blick der Jugend auf die Wasserthemen. „Das dürfte eine spannende Veranstaltung werden, schließlich soll die Jugend an ihrer Wasserzukunft mitwirken“, erklärt Franz Emde, Referent im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, und zuständig für das Programm.

Den Abschluss bildet als drittes Forum eine bundesweite Bürger-Online-Konsultation. Dieses Online-Dialog-Format hatte das Bundesumweltministerium bereits zum Aktionsprogramm Insektenschutz erprobt. Gestartet wird diese Konsultation am 27.1.und soll am 10.2.2021 enden. Der Bürger’innen-Ratschlag kann zwar nicht mehr formal in die bereits angelaufene Formulierung der Nationalen Wasserstrategie Eingang finden, wird aber Bestandteil des Strategie-Dokuments. Damit werden die Ergebnisse fester Bestandteil imnachfolgenden Prozess. Bürger*innen, die sich beteiligen wollen, sollten ab 27.1. die Website des Online-Dialogs des BMU aufrufen.

Bürger*innenvorschläge zu Maßnahmen beim Aktionsprogramm Insektenschutz (Q BMU)

Im Sommer beendet Ministerin Svenja Schulze den Nationalen Wasserdialog

Den Abschluss bildet das 3. Nationale Wasserforum. Auf diesem wird am 8. Juni 2021 Bundesumweltministerin Svenja Schulze den Entwurf der Nationalen Wasserstrategie präsentieren. Dort wird ihr auch der Bürger’innenratschlag überreicht werden. Aufgrund der aktuellen Pandemie-Situation wird diese Veranstaltung, wie das 2. Nationale Wasserforum, als Streaming-Veranstaltung geplant. Weitere Informationen erhalten Sie im Vorfeld der Veranstaltung. Informationen werden hier und auf der Website Wasserdialog | BMU zu finden sein.

Ein Blick zurück:

Das BMU wird die Bausteine aus dem Nationalen Wasserdialog als wesentlichen inhaltlichen Beitrag für die Erarbeitung einer Nationalen Wasserstrategie mit dem Zeithorizont 2050 nutzen. Wie sind diese Beiträge entstanden?

Die deutsche Wasserwirtschaft steht vor neuen Herausforderungen: Klimawandel, demografische Entwicklungen, Landnutzungsänderungen, technologische Neuerungen und verändertes Konsumverhalten bringen umfassende Veränderungen mit sich, die nicht allein durch lokale Maßnahmen bewältigt werden können. Als Grundlage für die Transformation der Wasserwirtschaft haben das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt gemeinsam den Nationalen Wasserdialog durchgeführt. Im zweijährigen Dialogprozess haben Fachleute aus Wissenschaft, Wirtschaft, Praxis, Verwaltung und Interessenvertretungen die wesentlichen zukünftigen Herausforderungen, Leitlinien sowie Ziele identifiziert. Es wurden Handlungsoptionen und Aktionsfelder für die künftige Entwicklung der deutschen Wasserwirtschaft sowie den Umgang mit Wasser und Gewässern erarbeitet. Dabei wurden in einem 140-seitigen Abschlussdokument 16 Kernbotschaften herausgearbeitet, die die wichtigsten Inhalte aus dem Dialogprozess zusammenfassen. Die Kernbotschaften zeigen den Spannungsbogen von unterschiedlichen Interessenslagen und die damit zusammenhängenden Aufgaben und Herausforderungen, die zu bewältigen sind. Es konnten in der Kürze der Zeit nicht immer Einigkeit erzielt oder fertige Lösungen erarbeitet werden. „Die gute Atmosphäre und die konstruktive Zusammenarbeit im Dialogprozess sind ermutigend und ein Signal, den Dialog fortzuführen.

Die Kernbotschaften sollen in diesem Sinne der Kommunikation der Ergebnisse des Nationalen Wasserdialogs im politischen Raum und dem weiteren Austausch dienen“, heißt es im Abschlusspapier, das Ministerin Svenja Schulze am 8.10.2020 auf einer Corona-bedingt onlinebasierten Abschlussveranstaltung vorstellen wollte. Daraus wurde leider nichts, denn die Ministerin, musste wegen einer Präsenzpflicht in den Bundestag, wie es hieß, und somit ihrer Veranstaltung fernbleiben. Die Ergebnisse stellten der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold und der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Messner, vor. Die ministerielle Abwesenheit wurde durch die NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser komplettiert, die wegen eines Staus aus ihrem Dienstwagen heraus zugeschaltet war.

Deutschland braucht eine Wasserstrategie

Wir werden gespannt sein, wie dieser Prozess nach der Vorstellung des Vorschlages des Bundesumweltministerium seine Fortsetzung und schließlich sein Ende findet. Ob und wie die jetzige Ministerin darin involviert sein wird, wird auch vom Ausgang der anstehenden Bundestagswahlen und allem was danach kommt abhängen. Alle Experten, die – wie ich – über zwei Jahre daran mitgewirkt haben, ebenso wie die Beteiligten aus dem Ministerium und dem UBA, wären natürlich mehr als enttäuscht, wenn die neuen Ministeriumsspitze die Arbeiten nicht in der gewünschten Form fortsetzen würde. Egal, wie man die Ergebnisse aus dem Blickwinkel der unterschiedlichen Interessen bewerten mag, da hat sicher jeder Verband seine eigene Sichtweise, die gegenwärtige Entwicklung in Natur, Umwelt und Gesellschaft braucht wasserpolitische Leitplanken. Es ist nachvollziehbar, dass Ministerin Schulze den Nationalen Wasserdialog um die Bürgerschaft erweitert. Was wir allerdings vermisst haben, war die Geschlossenheit der Ministerien der Bundesregierung. Denn keines der anderen mit Wasser- und Umweltthemen befassten Ministerien wie Landwirtschaft, Forschung, Wirtschaft, Inneres oder Gesundheit waren auf den Foren vertreten. Auch hatten sich der Handel gänzlich aus den Interessengruppen zurückgehalten. Aber das wird sicher alles noch folgen. Auch bedarf es einer integrativen Vernetzung mit den regionalen und länderbezogenen Wasserstrategien und Wasserversorgungskonzepten. Wenn die ökologischen, politischen, technischen und kommunikativen Schnittstellen nicht passen, wird es zu Sollbruchstellen kommen. Somit muss der Bund hier auf die Bundesländer zugehen. Auch Brüssel setzt mit den Richtlinien wichtige Eckpfeiler, aktuell sind wir in der finalen Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der EU-Trinkwasserrichtlinie. Wir sind also noch lange nicht am Ende.

Egal, was noch kommt, wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte, politisch beschlossene und gesellschaftlich akzeptierte Wasserstrategie für Deutschland. Nur so kann es gelingen, die Ressourcen und die Umwelt in einem intakten Zustand auch den nachfolgenden Generationen zu überlassen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit.

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