Klimawandel trifft Harzregion schneller und härter. Politik muss handeln.

Der Klimawandel wirkt sich im Harz schneller und gravierender aus als bisher gedacht. Es wird dort immer trockener. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie der Harzwasserwerke gekommen, die anläßlich des Tags der Daseinsvorsorge dem niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies (SPD) überreicht wurde. „Wir müssen uns in Niedersachsen auf die Folgen des Klimawandels möglichst gut vorbereiten“, reagiert Minister Lies. „Mit dieser Studie haben die Harzwasserwerke eine Grundlage geschaffen, die eine auf Nachhaltigkeit gegründete Planung für die Zukunft ermöglicht.“

Schon frühzeitig wurde von den Harzwasserwerken für die Planung und den Bau der großen Harztalsperren ein relativ umfangreiches Pegelmessnetz aufgebaut, welches auch das komplexe System der Bei­- und Ableitungen mit erfasst. Die gesammelten Daten bilden heute die Grundlage, um für alle Flussgebiete im Westharz langjährige Zeitreihen des natür­lichen Gebietsabflusses aufstellen zu können. Damit sind die Harzwasserwerke in der Lage Daten, die bis 1941 zurückgehen, in die Studie einzubeziehen.

Dr. Christoph Donner (l.) und Lars Schmidt (r.) von den Harzwasserwerken übergeben Umweltminister Olaf Lies nicht nur den Klimabotschafter der Harzwasserwerke Tröpfchen, sondern auch auf einem USB-Stick die neue Klimawandelstudie (Foto: Harzwasserwerke)

Trockenheit erschwert das Management

Durch diese Untersuchungsergebnisse ist klar: Das subjektive Gefühl, dass es im Harz trockener geworden ist und dass das Management von Talsperren schwieriger geworden ist, kann anhand von Daten belegt werden. Der Klimawandel kommt schneller und härter im Harz als bisher prognostiziert. In der Studie, die sich auf die Analyse von Daten aus den Jahren 1941 bis 2018 stützt, hatten die Harzwasserwerke herausgefunden, dass anders als bisher in der Forschung prognostiziert die Niederschlagsmenge auf das ganze Jahr gesehen im Harz abnimmt. „Bisher sind Klimaforscher davon ausgegangen, dass die Sommer zwar heißer und trockener werden, aber das durch mehr Regen und Schnee im Winter ausgeglichen wird. Dem ist aber nicht so“, erklärte Dr. Christoph Donner, Technischer Geschäftsführer der Harzwasserwerke. „Das bestätigt den Eindruck unserer erfahrenen Mitarbeiter, dass es im Westharz im Trend immer trockener wird.“

Bedarf befriedigen und Nutzungskonflikte vermeiden

Für Niedersachsens größten Wasserversorger ist diese Erkenntnis besonders wichtig, da rund drei Viertel der Wasserressourcen der Harzwasserwerke aus den Talsperren im Westharz gewonnen werden. „Sollte sich bestätigen, dass Trockenjahre wie 2018 die Regel werden, müssen wir uns langfristig anpassen. Als Vorversorger wollen wir die Wasserbedarfe unserer Kunden auch in Zukunft decken und Nutzungskonflikte ums Wasser minimieren“, sagte Dr. Donner. „Die Talsperren als Multifunktionsspeicher sind dafür ideal geeignet. Darum arbeiten wir daran, herauszufinden, wie wir sie an den Klimawandel bestmöglich anpassen können.“

Jahresmitteltemperaturen (1941–2018) der Messstation Odertalsperre (330 mNN) (Quelle: Harzwasserwerke)

Kein steigendes Hochwasserrisiko im Winter

Von den rückgängigen Niederschlägen sind perspektivisch insbesondere der Einzugsbereich der Sösetalsperre und Oktertalsperre betroffen. Darüber hinaus wurde in der Studie ebenfalls festgestellt, dass es – anders als von Klimaforschern vorhergesagt – nicht mehr Hochwasser in den Wintermonaten gibt. Ein zunehmender Trend ist dagegen beim Wetterextrem Dürreperiode im Sommer zu beobachten. Die Veränderung der Trends und damit der Prognosen für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserwirtschaft im Harz konnte nur dadurch festgestellt werden, dass bisher vorliegendes Datenmaterial um die vergangenen zehn Jahre weitergeschrieben wurde. Um statistische Fehlinterpretationen auszuschließen, wurden alle Daten einer wissenschaftlichen Signifikanzprüfung unterzogen. 

Jetzt ist konsequenteres Handeln gefragt

Die Studie der Harzwasserwerke wird sicher für Gesprächsstoff bei Experten und in der Region sorgen – sicher auch in der Politik. Es ist erfreulich und darf sicher auch erwartet werden, dass der Umweltminister den Handlungsbedarf beim Klimawandel anerkennt. Beruhigend auch, dass er den Dialog mit den Wasserversorgern pflegt. Die Studie zeigt aber auch, dass der Umweltminister seine Position bei der Verteilung der knapper werdenden Ressource Wasser überdenken muss. „Nutzungskonflikte vermeiden“, ist nicht Aufgabe der Harzwasserwerke, hier ist die Politik gefragt. Lies erklärt in einem NDR-Interview, dass anders als bei der öffentlichen Trinkwasserversorgung, die Versorgung für Industrie und Bewässerung nicht gesichert sei (s.u). Am 26.4.2019 hat Lies den Landwirten zusätzliche Bewässerungskontingente in Aussicht gestellt, wenn diese schon ausgeschöpft seien. In anderen Bundesländern werden die Kontingente eher limitiert, wenn es ressourcenseitig eng wird.

Die Folgen des Klimawandels dürfen nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen. Wenn schon wenig da ist, muss man damit sorgsam umgehen. Das verlangt das Wasserhaushaltsgesetz von den Bürgern, das muss auch von den Landwirten erwartet werden können. Aber das Gegenteil scheint der Fall. Ende April – und wahrlich vor der Sommerhitze – konnte man als Autofahrer am Rande der A 7 Richtung Hannover fahrend, aktive Feldberegnungsanlagen sehen. Nach effizientem Wassermanagement sah das nicht aus. Das würden die Landwirte sicher nicht tun, wenn sie für die Grund- oder Oberflächenwasser-Entnahme zahlen müssten. Das Wasserentnahmeentgelt gilt für sie aber nicht, anders als für Trinkwasserkunden.

Umweltministerium Lies zeigt sich angesichts der Klimastudie entschlossen: „(…) Gleichzeitig müssen wir uns heute schon auf den nicht mehr abwendbaren Klimawandel einstellen und notwendige Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen treffen.“ Das stimmt, aber muss für alle Wassernutzer gelten. Aber es ist ja Hoffnung in Sicht, denn Niedersachsen erarbeitet ein Wasserversorgungskonzept. Dieses wird vermutlich leider frühestens 2021 zur Verfügung stehen. Der Klimawandel ist da vermutlich schneller….

Feldbewässerung in Buchholz (Aller), 25.4.2019 (Foto: Gendries)

Weiterführendes/Quellen

  • Die Studie „Wasserwirtschaft im Westharz“ ist abrufbar auf der Internetseite
  • NDR zu „Wasserwirtschaft im Westharz“, Beitrag
  • Populismus statt Wasser-Planung? Niedersachsens SPD-Umweltminister kokettiert mit den Landwirten, Lebensraumwasser
  • Wenn der Regen ausbleibt – Was Talsperren-Betreiber für die Versorgungssicherheit tun, Lebensraumwasser
  • Hitzewelle und Dürre: Big Data hilft bei Bewässerung in der Landwirtschaft, Lebensraumwasser
  • Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 26.4.2019 zur Erweiterung der Wasserentnahme zur Beregnung
  • Stellungnahme Althusmann, Braunschweiger Zeitung vom 26.4.2019
    Land entwickelt Wasserversorgungskonzept: Herausforderungen frühzeitig begegnen
  • Beitragsfoto: Granetalsperre ((c) Gendries)

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