Wie die Wolken der Klimaforschung helfen sollen

Schon heute wissen wir, dass nicht die Götter die Wolken und den Regen machen. Der Regengott Nuhualpilli der Azteken spielt heute kein Rolle mehr. Und dennoch, bei der Rolle der Wolken im Klimasystem und was in ihnen vorgeht, gibt es immer noch Forschungsbedarf. Eine nachwuchsforschende Meteorologin von der Universität Hamburg will den Regen- und Wolkengöttern aus der Mythologie über die Schulter schauen und erhält dafür vom Europäischen Forschungsrat (ERC) für ihre Forschung eine Fördersumme in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Dr. Raphaela Vogel, so heißt die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Meteorologischen Institut am Fachbereich Erdsystemwissenschaften der Uni Hamburg, will nicht weniger als mit neueren Methoden die Annahmen in den Klimarechenmodellen unterstützen.

„Noch verstehen wir nicht genau, was bei einsetzendem Regen in Wolken vor sich geht“, erklärt die Meteorologin. „Doch solange die physikalischen Vorgänge nicht besser verstanden sind und wir keine Beobachtungsdaten zum Vergleich haben, können wir nicht sicher sein, dass die Klimarechenmodelle die Entwicklung von Wolken in einer mit Treibhausgasen angereicherten Atmosphäre korrekt abbilden.“ Das aber ist ein Problem, denn niedrige Wolken kühlen – pauschal gesagt – die Erde durch ihre Schatten ab. Würden sie weniger, könnte dies die Erderwärmung weiter anheizen. 

Dank neuer Verfahren sollen aus den Messdaten von einer Forschungsstation in Barbados, die seit 13 Jahren Daten aus Regentropfen erfasst und aufzeichnet, Informationen über die Geschwindigkeit der Regentropfen abgeleitet werden, die sich im Augenblick der Messung über der Station Richtung Boden bewegen, und daraus auf ihre Größe schließen. Diese Daten sind wichtig, denn Regentropfen entwickeln eine hohe Geschwindigkeit. Bei ihrem Fall verdunstet Wasser und die Verdunstungskälte verstärkt die Fallgeschwindigkeit weiter. Es entsteht ein Abwärtsstrom aus kalter Luft, die sich schließlich wie ein See über dem Boden ausbreitet. Ein solcher Kaltluftsee oder auch „Cold Pool“ kann einen Durchmesser von bis zu 200 Kilometern erreichen. Über ihm ist der Himmel meist wolkenlos. 

„Cold Pools unterdrücken die Wolkenbildung im Innern und verstärken sie an den Rändern – ich möchte herausfinden, welcher der beiden Effekte dominiert“, erklärt Vogel. In einem zweiten Schritt sei dann zu klären, ob es künftig mehr Cold Pools geben wird oder nicht. 

Neben der Neuinterpretation bestehender Daten wird Vogel mit ihrem Team auch versuchen, das vorhandene Wissen über die Physik der Wolken besser in Wettermodelle zu überführen. Dazu will sie eine noch relativ junge Methode anwenden. „Wir werden mit Supertropfen-Modellen arbeiten. Anhand weniger sogenannter Supertropfen können diese Modelle alle relevanten Prozesse des Wachstums und der Interaktion von Regentropfen simulieren“, erklärt Vogel. Sie hofft, dass die Supertropfen es ihr ermöglichen, genauere Wettersimulationen für große Gebiete zu erstellen. Das wäre neu, denn aufgrund der riesigen Rechenkapazitäten, die dafür benötigt werden, können Forschende bislang nur entweder kleine Gebiete sehr genau oder größere Gebiete weniger genau modellieren. In Kombination mit den neuen Beobachtungsdaten wird Vogel zum ersten Mal bewerten können, ob die Modelle diese Regenprozesse realistisch abbilden. So kann sie prüfen, ob das Wettergeschehen richtig berechnet wird: für die Vergangenheit und damit hoffentlich auch für die Zukunft. 


Gut zu wissen:

Ein Cold Pool ist ein nicht seltenes, aber meistens eindrückliches Wetterphänomen, das jeder schon einmal erlebt hat. Nach einem warmen und sonnigen Sommertag kündigt sich am Horizont mit bedrohlich dunklen Wolken ein Gewitter an. Oft schon einige Minuten bevor es zu regnen beginnt, frischt der Wind auf und es wird merklich kühler. Dies signalisiert die Ankunft eines Luftmassenbereichs, der in der Fachsprache Cold Pool genannt wird. Dieser bildet sich, wenn Regentropfen in die warme und trockene Luftschicht unterhalb der Gewitterwolke fallen und diese durch Verdunstung abkühlen. Die entstehende kühle und dichte Luftmasse sinkt ab und breitet sich um den Regenbereich herum als „Kaltluftsee“ am Boden aus. Der Durchgang eines Cold Pools ist häufig mit einem Temperatursturz um bis zu 10 Grad innerhalb weniger Minuten verbunden. Gleichzeitig steigt der Luftdruck rasch an und es können markante Windböen auftreten. Durch die Ausbreitung der kalten und schweren Luftmasse am Boden wird zudem die wärmere und leichtere Luft vor dem Cold Pool angehoben, kondensiert dabei und bildet so zuweilen spektakuläre Wolkenformationen aus.

DMG Deutsche Meteorologische Gesellschaft Jugend (jDGM)

Kontaktdaten:

Dr. Raphaela Vogel
Universität Hamburg
Meteorologisches Institut, Fachbereich Erdsystemwissenschaften
Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit
Tel.: +49 40 42838-5084
E-Mail: raphaela.vogel@uni-hamburg.de


Beitragsfoto Bastian Kirsch, jDMG, Cold Pool südlich von Hamburg

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