
Sich gegen die unerträglicher werdende Hitze besser zu wappnen, ist in vielen Städten ein immer wichtiger werdendes Thema. Klimaanlagen sind keine Lösung. Oder vielleicht doch? Nur anders. Ein Pilotprojekt auf dem ehemaligen Flughafengelände Berlin-Tegel zeigt einen Weg. (Lesezeit: 5 Minuten, Beitrag #909)
Natürliche Klimaanlagen mit Verdunstungsbeeten
Am 9. Juli 2025 wurde dort auf dem Gelände der „Urban Tech Republic“ eine Versuchsanlage mit sogenannten Verdunstungsbeeten eröffnet – ein Gemeinschaftsprojekt der Tegel Projekt GmbH, der Berliner Wasserbetriebe, der Technischen Universität Berlin und der Berliner Hochschule für Technik.
Was sind Verdunstungsbeete?
Verdunstungsbeete sind bepflanzte Flächen, die gezielt mit Regenwasser versorgt werden. Durch die Verdunstung entsteht eine kühlende Wirkung – mitten in der Stadt. Die Idee dahinter ist einfach, aber wirkungsvoll: Statt Regenwasser wie bisher schnell in die Kanalisation zu leiten, wird es vor Ort gespeichert und genutzt. Das entspricht dem Prinzip der Schwammstadt – Städte, die Wasser aufnehmen, speichern und langsam wieder abgeben. Viele Städte suchen nach Möglichkeiten, den Asphalt und die verdichteten Böden zurückzudrängen und stattdessen dem Wasser in der Stadt neuen Raum zu geben.
Forschung trifft Praxis
Die 450 m² große Anlage wird wissenschaftlich begleitet. Die TU Berlin untersucht, wie sich die über 30 ausgewählten Pflanzenarten auf dem verdichteten, versiegelten Standort entwickeln. Die Berliner Hochschule für Technik schaut sich die wasserwirtschaftlichen Prozesse im Detail an, sammelt Messdaten und erstellt Modelle zur Optimierung.
Prof. Norbert Kühn (TU Berlin) betont die Chancen des Konzepts: „Verdunstungsbeete bieten die Möglichkeit, Klimaanpassung, Artenvielfalt und Aufenthaltsqualität in Wohnquartieren zu vereinen – vorausgesetzt, die Bepflanzung funktioniert dauerhaft.“
Auch Prof. Frank Schneider (BHT) sieht großes Potenzial: „Solche Versuchsanlagen liefern dringend benötigte Erkenntnisse für Planung und Betrieb – denn bislang fehlen technische Regelwerke.“
Ziel: Alltagstaugliche Lösungen für die Stadt von morgen
Die Tegel Projekt GmbH koordiniert das Vorhaben im Rahmen der Entwicklung des Schumacher Quartiers nördlich des Kurt-Schumacher-Damms. Dort sollen die Verdunstungsbeete künftig im großen Stil eingesetzt werden – ebenso wie in anderen Berliner Stadtteilen oder auch bundesweit.

Gudrun Sack, Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH, bringt es auf den Punkt:
„Wenn sich Städte in Zukunft immer stärker aufheizen, brauchen wir Lösungen, die wie eine natürliche Klimaanlage funktionieren – genau das leisten Verdunstungsbeete.“
Wasserbetriebe sind Praxispartner
Die Berliner Wasserbetriebe unterstützen das Projekt mit technischer Expertise zur Regenwasserbewirtschaftung. Für sie ist das Beet ein Pilotprojekt mit Vorbildcharakter.
Dr. Darla Nickel, Chefstrategin im Abwasserbereich, sagt: „Wir arbeiten daran, den natürlichen Wasserkreislauf – also Niederschlag, Versickerung und Verdunstung – in Berlin wiederherzustellen.“
Die Erfahrungen aus dem Projekt sollen künftig in andere Vorhaben einfließen, unter anderem in die Blau-Grüne Allianz, die 2025 gemeinsam mit der Grün Berlin GmbH und der Berliner Immobilienmanagement GmbH gegründet wurde.
Fazit:
Was in Berlin-Tegel startet, könnte bald vielerorts helfen, Hitzeperioden erträglicher zu machen. Verdunstungsbeete sind ein vielversprechender Baustein für klimaresiliente Städte – wissenschaftlich begleitet, praktisch erprobt, und vor allem: dringend nötig.
Fotos: Copyright – Tegel Projekt GmbH – Frank Woelffing
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