Jedes Jahr beteiligen sich über 100 Trinkwasserversorger in Nordrhein-Westfalen am Benchmarking. Mit diesem Projekt, das von der Landesregierung gefordert und gefördert wird, verbessern die Unternehmen ihre Leistungsfähigkeit und Kundenorientierung. Da ein richtiger Wettbewerb in der Wasserversorgung nicht möglich ist, wird er durch Benchmarking ersetzt. Für diesen 2006 in Mülheim an der Ruhr begründeten alljährlichen Leistungsvergleich wurden Mitte Juni die Ergebnisse der mittlerweile siebten Runde präsentiert. Die Landesregierung spart im Vorwort des Abschlussberichts nicht mit Lob für die privat und öffentlich-rechtlich organisierten Versorger: „Es kann (also) von einer Erfolgsgeschichte ausgegangen werden, die immer so weiter gehen könnte.“ Aber, so wird in dem Abschlussbericht festgestellt, es gibt Grenzen der Optimierungsfähigkeit und Effizienzverbesserung. „… das Bessere ist der Feind des Guten ! Die notwendige Infrastruktur der Wasserversorgung ist in einem guten Zustand – noch ! Mit Sorge ist festzustellen, dass die Unternehmen zunehmend weniger für die technische Substanzerhaltung ihrer Verteilnetze aufwenden. Der demografische Wandel in Form des Fachkräftemangels macht auch vor der Wasserversorgung nicht halt. Junge, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen wird insbesondere in den ländlichen Räumen zu einer Herausforderung.“ Die Bertelsmann Stiftung hat in dieser Woche ihre Prognosen über die demografischen Entwicklung in Deutschland veröffentlicht. Demzufolge wird es einigen Regionen richtig einsam werden. Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern werden zum Teil mehr als jeden zehnten Bewohner bis 2030 verlieren – nach einer anhaltender Schrumpfung seit der Wende. „Es wird für die schrumpfenden und alternden Regionen immer schwieriger, eine gute Infrastruktur zu gewährleisten,“ erklärt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Damit wird es quasi amtlich: Infrastrukturbetreibern wie Wasserversorgern fällt es zunehmend schwerer, diese Leistungsfähigkeit der Daseinsvorsorge zu erhalten. Der demografische Wandel zeigt sich mit zwei Gesichtern: in der Belegschaft und bei den Kunden. Beide Entwicklungen können zu Lasten der Trinkwasserqualität oder der Versorgungssicherheit gehen. Dabei treffen der demografische Wandel und das Wassersparen aufeinander. Das setzt die Ökonomie der Systeme unter Druck. Weil immer weniger Wasser verbraucht wird, gehen jene Einnahmen der Versorger zurück, die für den Betrieb und die Erhaltung der Versorgungsanlagen benötigt werden. Dies setzt die Unternehmen zunehmend unter Druck, lassen aber auch Preise und Gebühren steigen. In manchen Regionen müssen immer weniger Menschen über Preise und Gebühren die Instandhaltung eines in zunehmendem Maße überdimensionierten Trinkwasser- und Abwassersystem bezahlen. Eigentlich einfache Ökonomie: Wo früher in einer ostdeutschen Stadt 10.000 Menschen die Betriebskosten und den Kapitaldienst (Abschreibungen für Wasserwerke, Rohrnetze und Kläranlagen) mit ihren Gebühren trugen, sind es angesichts des Verlustes von 25 Prozent der Einwohner nur noch 7.500 Menschen. Nachvollziehbar, dass damit jeder einzelne höhere Lasten tragen muss. Wie sagte vor zehn Jahren der damalige Projektleiter der Prognos AG, Dr. Jochen Hoffmeister, bei unserem gemeinsamen Demografieprojekt: „Am Ende zählt der letzte im Dorf zurückbleibende Bewohner das gesamte System.“ Sinkt dann auch noch die Wassernutzung (und das Abwasseraufkommen) in Folge Wasser Sparens, wird jeder einzelne Kubikmeter immer teurer. Das hängt mit den Preis- und Gebührensystemen zusammen, bei denen ein Großteil der Kosten von den mengenabhängigen Entgeltbestandteilen getragen wird. Diese betragen bei Abwasser bis zu 100 Prozent und bei Trinkwasser durchschnittlich 88 Prozent. Viel zu viel, um die Folgen der Veränderungen zu verkraften. Dies trifft aber auch Wachstumsregionen, wie das Beispiel Baden-Württemberg zeigt (Klick hier).
Als Lösung hat sich für Kunden und Versorger die Änderung des Wasserpreissystems mit einem höheren Grundpreisanteil bewährt. Dazu werden die Einnahmen in gleichen Teilen auf Grundpreise und Mengenpreise verteilt. Die Erlöse sinken dann trotz demografischen Wandels und des Wassersparens nicht so stark wie früher, weil die Grundpreiserlöse nicht sinken (solange die Häuser an die Ver- und Entsorgungssysteme angeschlossen bleiben). Auch wenn sich damit nicht alle Probleme lösen lassen, werden die Preise und Gebühren weniger stark ansteigen und sind die Risiken für die Versorgungssicherheit deutlich geringer. Benchmarking hilft den Teilnehmern dabei, diese Risiken zu erkennen und sich mit anderen über die Lösungen auszutauschen. Wer sich für weitere Fakten interessiert, wird hier fündig. Kundenbefragungen im Rahmen des NRW-Benchmarking zeigen, dass dieser Weg richtig war und von den Kunden unterstützt wird. Damit schließt sich der Kreis. Es gibt also Antworten auf den demografischen Wandel – auch wenn sie die Abwanderer nicht wieder zurückholen.
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Offizieller Abschlussbericht zum Benchmarking NRW: Klick hier
Link zum Demografie Portal Blog
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