Der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hatte in seinem „Ibiza-Video“ auch die Wasser-Privatisierung angesprochen. Die SPÖ will darauf reagieren und das öffentliche Trinkwasser in Österreich vor Privatisierung schützen. Die zeitliche Nähe zu den bevorstehenden Neuwahlen könnte schon auffallen. Aber bei Mineralwasser-Quellen ist die Privatisierung schon längst im Gange.
Österreichische Verfassung soll geändert werden
Mit dem angestrebten Verbot der Wasser-Privatisierung wiederholt die SPÖ einen Vorstoß, den sie schon 2013 gemacht hatte, als die EU-Kommission in die Dienstleistungskonzessionsrichtlinie auch Wasser aufnehmen wollte. Damals befürchteten Parteien und Bürgerinitiativen wie right2water die Privatisierung durch die Hintertür. Jetzt könnte der Zeitpunkt gut sein, das Machtgefüge in Österreich verschiebt sich. Wasser ist ein Thema , mit dem man Aufmerksamkeit erzielen kann, erst recht wenn es um die Privatisierung geht. Neben dem Schutz gegen die Privatisierung soll als Verpflichtung sowohl bei der Legislative wie auch in der Exekutive der Erhalt der Qualität des österreichischen Wassers für die Zukunft in der Verfassung verankert werden. Jörg Leichtfried, stv. SPÖ-Klubvorsitzender, kündigte gestern Initiative an, um das Privatisierungsverbot in der Bundesverfassung abzubilden. „Wasser gehört uns allen und auch in Zukunft unseren Kindern. Niemand darf damit Profit machen. Die SPÖ wird alles tun, um das öffentliche Trinkwasser vor Veräußerung und Privatisierung zu schützen“, betont Leichtfried.
Mit der angestrebten Verfassungsänderung sollen Bund, Länder und Gemeinden außerdem dazu verpflichtet werden, alles zu tun, um die hohe Qualität des österreichischen Wassers auch für die Zukunft zu sichern. Dies sei eines der wichtigsten Anliegen vom Präsidenten des Bundesrates, Ingo Appe. Dieser habe, die österreichische Presseagentur APA, seine gesamte Präsidentschaft auf dieses Ziel angelegt. „Der große Anklang und die breite Zustimmung zum Schutz des Wassers bei diversen Veranstaltungen des Bundesrates haben mich in meiner Politik bestätigt, wonach dieses Ziel eines der wichtigsten Zukunftsthemen für Österreich ist“, so Appe. Die SPÖ wird mit dem Vorschlag für eine Verfassungsänderung auf alle Parlamentsfraktionen zugehen, um für eine Unterstützung durch die Mehrheit zu sorgen.
Wasser-Privatisierung ist in Österreich schon im Gange
Während Strache den Inhalt des Videos als „b’soffene G’schicht“ abtut, ist die Wasserprivatisierung schon voll im Gange. Denn die Republik Österreich macht bereits Geschäft mit Trinkwasser. Das berichtet die Rechercheplattform addendum des österreichischen Journalisten Michael Fleischhacker.
addendum liegen nach eigenem Bekunden Unterlagen vor, die zeigen, dass im Salzkammergut eine Investmentbanker-Familie auf Grundstücken der Bundesforste Trinkwasser abfüllt und als „Hallstein Water“ in die USA und in andere Länder exportiert. Für 100 US-Dollar kann eine 19-Liter-Flasche für Wasserspender auch online geordert werden. „Gemessen am Gesamtwasseraufkommen“, so relativiert addendum, sei das „zwar in geringem Ausmaß, aber mit hohem finanziellem Gegenwert.“ Bei seinen Recherchen stellten die Blogger fest, dass für das Jahr 2019 geplant war, „knapp 15 Millionen Liter abzufüllen. Bei einem Literverkaufspreis von 5,30 Euro würde das einen Umsatz von knapp 80 Millionen Euro bedeuten. Davon würde die Republik Österreich 129.085 Euro (ohne Einrechnung der Profitbeteiligung) bekommen. Für 2021 ist eine Verdoppelung der abgefüllten Menge an Trinkwasser auf 27 Millionen Liter geplant. Das Recht zur Nutzung läuft für 99 Jahre bis ins Jahr 2115.“
Wem das an Auffälligkeiten noch nicht reicht, der wird wegen der Beteiligung des ehemaligen Pressesprechers des österreichischen Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Florian Krenkel, vielleicht nachdenklich werden. Politiker der ÖVP waren bei dem Deal nach addendum-Recherchen an einigen Stellen involviert.
Wie will man Profit mit Wasser in Österreich verhindern?
Ja, jetzt fragen wir uns, ob diese Diskussion auch begonnen hätte, wenn Straches „b’soffene G’schicht“ sich nicht auch um Wasser gedreht hätte? Egal, die SPÖ will die Chance nutzen. 770 Millionen Liter Flaschenwasser sollen nach Angaben der Die Presse 2013 in Österreich verkauft worden sein. Auch dort steigt die Nachfrage kontinuierlich an, auch wenn sie mit 92 Liter im jähr noch nicht die über 140 der Deutschen erreicht hat. Aber dennoch, in Österreich dürfte ein Umsatz mit Mineralwasser in einer Größenordnung von geschätzt 500 Millionen Euro im jähr erzielt werden. Man darf gespannt sein, wie die Forderung zu Wasser „Niemand darf damit Profit machen“, bei den Begehrlichkeiten der Flaschenwasserindustrie umgesetzt werden kann….
Kommentar eines Österreichers:
So dummdreist der Ibizaausflug eines österreichischen Rechtspolitikers war und so absonderlich seine – O-Ton „bsoffene“ Idee der Wasserprivatisierung, so hart war dessen Bruchlandung. Doch wer weiß, vielleicht nimmt er völlig schambefreit sein EU Mandat an? Doch zurück zum Thema, wenns ums Wasser geht, gibts in Österreich nämlich keinen Pardon. Da kommen verlässlich und ohne sich mit Fakten zu belasten, die üblichen stereotypen Reaktionen. Sie kommen verlässlich bei jeder Wahl und sie kommen verlässlich von Hr. Leichtfried. Sie kommen entgegen besseres Wissen: Österreich hat ein hervorragendes Wasserrechtsgesetz, das den Vorrang der öffentlichen Versorgung sicherstellt. Das Primat der Trinkwasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge wurde bereits 2013 in der Verfassung verankert. Wen kümmert es, dass In Österreich nur 3% der verfügbaren Wasserressourcen genutzt werden und dass es so etwas wie wasserrechtliche Bewilligungen (auch für Mineralwasserabfüller) gibt. Mit UNSEREM Wasser darf kein Gewinn gemacht werden, es sein denn, dieser dient zur Abdeckung öffentlicher Defizite, weil da werden sie, wie durch Zauberhand gute „Gewinne“. Aber darüber reden wir lieber nicht, da wird doch besser eine Scheindiskussion wie jene zur Wasserprivatisierung losgetreten. Nur so nebenbei, UNSER Wasser gibt es nicht, das grundsätzliche Verfügungsrecht hat nämlich der Grundeigentümer. Könnte natürlich auch sein, dass sich hier das Enteignungsgespenst aus dem Unterbewusstsein nach vorne drängt – vielleicht hat sich ja der Herr Nationalratsabgeordnete von einem deutschen Parteifreund inspirieren lassen?