Deutschlands Verbraucher dürfen hoffen, dass die Wasserpreise trotz gegenteiliger Forderungen der EU nicht weiter steigen. Die Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik auf Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zur Umlage von Kosten für Wasserdienstleistungen sei unzulässig und als unbegründet zu verwerfen, erklärte der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) NIILO JÄÄSKINEN, in seinen Schlussanträgen am Donnerstag, den 22.5.2014, in Luxemburg. (Az. C-525/12)
Der EU-Richtlinie zufolge müssen die Mitgliedstaaten die Wasserpreise so festsetzen, dass ein „angemessener Anreiz für eine effiziente Nutzung geboten“ wird. Deutschland müsse deshalb auch die Kosten etwa für den Hochwasserschutz, die Stromerzeugung aus Wasserkraft, das Betreiben von Kanälen für die Schifffahrt und anderer Dienstleistungen in den Wasserpreis mit einbeziehen, hatte die Kommission in ihrer Klage vom 11. November 2012 gefordert. Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission die Feststellung, dass „die Bundesrepublik Deutschland … ihre Verpflichtungen aus der (WRRL) und insbesondere aus ihren Artikeln 2 (38)[(4)] und 9[(5)] verletzt [hat], da sie bestimmte Dienstleistungen (wie beispielsweise die Aufstauung für die Stromerzeugung aus Wasserkraft, die Schifffahrt und den Hochwasserschutz, die Entnahme für Bewässerung und industrielle Zwecke sowie der Eigenverbrauch) von der Anwendung der Auslegung des Begriffs ‚Wasserdienstleistungen‘ ausnimmt“. Wie die Kommission selbst einräumt, betrifft die vorliegende Klage „im Wesentlichen die Frage der Auslegung des Begriffs ‚Wasserdienstleistung‘ in Art. 2 (38) der WRRL“. Dessen Auslegung hat nach Ansicht der Kommission „weitreichende Folgen für die Frage des Anwendungsbereichs des Art. 9 WRRL“(7).
Nach Ansicht des Generalanwalts ist die Klage aber schon wegen handwerklicher Fehler unzulässig und überdies auch unbegründet. Die Unterschiede zwischen wasserreichen und wasserarmen Mitgliedstaaten seien wegen geografischer und klimatischer Besonderheiten so groß und die jeweiligen Wasserbewirtschaftungsmodelle so verschieden, dass die Kommission keine EU-weit einheitliche Gebührenfestsetzung für Wasserdienstleistungen fordern könne.
Die Haltung des Generalanwalts zu Wasserpreissystemen kann auch Relevanz für die Frage von ökonomischen Anreizsystemen haben. Denn auch die Bundesrepublik Deutschland macht in ihrer Klagebeantwortung geltend, dass die „Bepreisung“ von Wassernutzungen nicht das einzige Mittel sei, das nach der WRRL zu einem sparsameren und schonenden Umgang mit Wasser anregen könne. Hierzu können sicher auch Information und Aufklärungen genutzt werden. Gerade diese Instrumente haben sich in Deutschland, wie die Verbrauchsentwicklungen belegen, bereits bewährt. Gleichwohl dürfte es trotz des Urteils weitere Diskussionen um die Frage der Bepreisung von Grundwasserentnahmen insbes. der Landwirtschaft geben, dies hatte die EU vor zwei Jahren aufgeworfen. Dies findet sich auch in der Studie der Europäischen Umweltagentur aus September 2013 wieder (siehe: http://lebensraumwasser.com/2013/10/02/reform-der-wasserpreissysteme-in-europa-vorschlag-der-europaischen-umweltagentur/)
Das Urteil des Gerichtshofs wird in einigen Monaten erwartet. Hoffnung gibt es deshalb für deutsche Verbraucher, weil die Richter den Schlussanträgen ihrer Generalanwälte zumeist folgen.
Nachtrag vom 12.9.2014: Die Klage der EU-Kommission, dass Deutschland beim Gewässerschutz geltendes EU-Recht nicht einhalte, ist endgültig gescheitert. Deutschland muss „Wasserdienstleistungen“ wie Hochwasserschutz, Schifffahrt oder Aufstauungen zur Stromerzeugung nicht dem Grundsatz der Kostendeckung unterwerfen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. (Az. C-525/12) Damit gilt der Grundsatz der Kostendeckung nicht immer.
Zum Schlussantrag: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=152659&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=409638
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