Pflanzenschutz ganzheitlich ausrichten und Anreize setzen

Mit Verboten und einfachen Massnahmen allein sind offenkundig die Probleme im Pflanzenschutz nicht lösbar und die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Gewässer nicht zu bewältigen. Der Schweizer Robert Finger, Professor für Agrarökonomie und Agrarpolitik, an der ETH Zürich fordert in einem Beitrag auf dem Zukunftsblog der ETH eine umfassende, ganzheitliche Pflanzenschutzmittel-Politik, die alle Akteure auf der Wertschöpfungskette mitnehme und risikoorientierte Anreize setze.

Toxizitätsmessungen bei Pestiziden müssten verbessert werden

Um Risiken zu reduzieren, müsse man diese auch messen, schreibt Finger im ETHZ-Blog. In der Praxis erfolge dies derzeit oft anhand der ausgebrachten Menge eines Mittels, ohne die Toxizität zu beachten. Das bilde insbesondere extreme Risiken unzureichend ab (siehe diesen Blogbeitrag). Es sei daher ratsam, empfiehlt er, risikobasierte Indikatoren zu verwenden, die das Schadenpotenzial für Mensch und Umwelt berücksichtigen. Neue Technologien, und seien sie noch so vielversprechend, seien wirkungslos, wenn Landwirte sie nicht annehmen.

Ökonomische Anreize können die entscheidenen Impulse geben

Heute seien Pflanzenschutzmittel generell zu billig, potenzielle Schäden für Mensch und Umwelt nicht in Preisen integriert. Hier könnten Lenkungsabgaben den entscheidenden Anreiz geben, damit Landwirte schädliche Pflanzenschutzmittel durch weniger schädliche Mittel ersetzen, oder ganz auf sie verzichten. Dänemark habe es beispielsweise geschafft, die Risiken von Pflanzenschutzmitteln mit einer Lenkungsabgabe in fünf Jahren um mehr als 30 Prozent zu reduzieren.

Wenn es zusätzlich darum gehe, Bauern zum Umstieg auf alternative Praktiken und neuen Technologien zu bewegen, erweise sich eine Kombination von Lenkungsabgaben mit Direktzahlungen, spezifischen Versicherungen und unabhängiger Beratung als wirksam. Nachhaltiger Pflanzenschutz sollte aber auch von der Nahrungsmittelindustrie und Konsumenten mitgetragen werden.

«Lenkungsabgaben können den entscheidenden Anreiz geben, damit Landwirte gefährliche Pestizide durch weniger schädliche Mittel ersetzen.»

Robert Finger

Der Beitrag mündet in der Forderung nach einen übergeordneten ernährungspolitischen Rahmen, der die wichtigsten Spannungsfelder berücksichtige. Dieser sorge für eine langfristige Perspektive und erlaube es idealerweise, Akteure entlang der Wertschöpfungskette zusammenzubringen und gegenläufige Interessen auszutarieren.

Rolle des Handels wird immer einflussreicher

Die Empfehlungen scheinen durchaus nachvollziehbar. Bei der Mehrheit der genannten Stakeholder wird man die Bereitschaft zum Dialog feststellen können. Allenfalls der Handel, wie zuletzt bei Nationalen Wasserdialog in Deutschland, wird seiner Rolle nicht gerecht. Da er zunehmend die Rolle der Landwirtschaft übernimmt, wie die ALDI-Gruppe durch den Aufkauf landwirtschaftlicher Flächen, verstärkt sich dessen Einfluss auf zwei Ebenen. Es bleibt zu hoffen, dass er seiner Verantwortung gerecht wird. Andernfalls wären Politik und Verbraucher gefordert…

Quelle

Hier geht es zum ETHZ-Blogbeitrag von Professor Robert Finger

Veranstaltungstip: Webinar zur Pestizid-Politik

Das World Food System Center und die Gruppe für Agrarökonomie und -politik führen am Dienstag 20. Oktober 2020 mit den Autoren des Artikels ein öffentliches Webinar zu «Pathways for advancing pesticide policies» durch. Mehr Informationen und Möglichkeiten zur Registrierung finden Sie hier

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