NRW-Gesetzesinitiative: Dürfen Wasserspender künftig über Wasserpreise finanziert werden?

Die öffentlichen Wasserspender und Trinkbrunnen spielen in den heißen Sommertagen eine wichtige Rolle für die Gesundheit von Touristen und Bürgern. Bekanntlich sind sie eine kostenlose und umweltfreundliche Alternative zum Flaschenwasser. Aber jemand muss die Anlagen bezahlen. Wenn dies die Wasserversorger waren, in die Wasserpreise einkalkulieren durften sie sie nicht. Die Landeskartellbehörde hatte das im Jahre 2019 untersagt. Das will Umweltminister Oliver Krischer mit einer Anpassung des Landeswassergesetzes jetzt ändern. Künftig sollen die Wasserversorger die Kosten für die öffentlich zugänglichen Wasserspender und Trinkbrunnen in die Wasserpreise einkalkulieren können. Das könnte bei Kommunen neue Begehrlichkeiten auslösen. Erschwerend kommt möglicherweise hinzu, dass in NRW im September Kommunalwahlen stattfinden. Da wollen Politiker bekanntlich Gutes tun…

Ungehinderter Zugang zu Wasser ist ein Menschenrecht

Öffentliche Wasserspender in Gebäuden und Trinkbrunnen im Aussenbereich sind in vielen Nachbarstaaten schon seit jeher eine Selbstverständlichkeit. Angesichts dieser Erfahrungen auf meinen Reisen, habe ich das Thema in meinen Blog seit seinen Anfängen immer wieder aufgegriffen und auf die Finanzierungsproblematik hingewiesen. Denn viele Kommunen und Wasserversorger scheuten die Errichtung angesichts rechtlicher Unsicherheiten bei den Kosten. Einen Impuls in Deutschland gab es im Jahr 2020 infolge der Änderung der EU-Trinkwasserrichtlinie. Damit hatte Brüssel die Voraussetzungen und Anforderungen die Mitgliedsstaaten gestellt, um europaweit ein Angebot an öffentlichen Wasserspendern und Trinkbrunnen zu schaffen. Politisches Ziel war der ungehinderte Zugang zu Wasser als Menschenrecht und die Plastikvermeidung, weil das Wasser verpackungsfrei aus der Leitung kommt.

Wer soll das bezahlen?

Nach der EU-Richtlinie wurde im Jahr 2023 das deutsche Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geändert und im geänderten Paragraph 50 WHG für die Kommunen die Anforderung formuliert, dass „Trinkwasser aus dem Leitungsnetz an öffentlichen Orten durch Innen- und Außenanlagen bereitgestellt wird, soweit dies technisch durchführbar und unter Berücksichtigung des Bedarfs und der örtlichen Gegebenheiten, wie Klima und Geografie, verhältnismäßig ist.“ Kurzum: sie sollten öffentlich zugängliche Wasserspender und Trinkbrunnen errichten. Aber je nach Größe und Ausgestaltung kosten die Anlagen zwischen 20.000 und 50.000 Euro zuzüglich der jährlichen Betriebskosten. Da kamen dann die Wasserversorger ins Spiel. Denn sie legten ja ehedem die Leitungen und lieferten das Wasser, dann lag doch der Gedanke nah, dass sie auch die Kosten tragen. Zwar durfte der Versorger die Kosten übernehmen, diese in die Wasserpreise einkalkulieren durften sie dagegen nicht. So zumindest in NRW.

NRW-Landeskartellbehörde untersagte Kostenüberwälzung auf Wasserkunden

Warum nicht über Wasserpreise? Die Landeskartellbehörde sah in der Überwälzung u.a. eine Benachteiligung der Wasserkunden und erklärte die Gründe in einer Stellungnahme. Das bedeutete: Kommunen und Wasserversorger mussten die Kosten für öffentlich zugängliche Wasserspender und Trinkwasserbrunnen anderweitig refinanzieren.

Die Behörde führte rechtliche Begründungen und verwies auf eine Benachteiligung der Wasserkunden. Die Logik der Landeskartellbehörde dahinter ist aus Sicht der Wasserkunden sogar nachvollziehbar. Letztendlich profitieren nicht alle Wasserkunden von den Leistungen, die sie über die Wasserpreise tragen müssen. Gabriele Krater, für Energie und Wasser zuständige Referatsleiterin in der NRW-Landeskartellbehörde, sieht eine Benachteiligung von Wasserkunden insbesondere in solchen Städten, wo Touristen die Wasserspender nutzen, um ihren Durst zu stillen. Damit dies möglich ist, müssten womöglich sogar Wasserkunden des örtlichen Versorgers dafür bezahlen, die selber davon keinen Gebrauch machen wollen oder können, zum Beispiel weil sie am Stadtrand wohnen.. Krater begründete dies in ihrer Stellungnahme von 2019 (siehe unten) und in einem Podcast beim Wasserwissensportal KnowH2O (dito). Manche wollen aber auch kein Wasser aus einem öffentlichen Brunnen trinken oder lehnen das Angebot aus anderen Gründen ab.

Umweltminister will Rechtssicherheit schaffen für Einbeziehung in die Wasserpreise ermöglichen

Nordrhein-Westfalens grüner Umweltminister Oliver Krischer will die Überwälzung auf die Wasserpreise ermöglichen. Dazu hat er jetzt einen Entwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes NRW ins Parlament gebracht. Denn: „Eine Umlage über die Wasserentgelte ist ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung im Landeswassergesetz nicht möglich“, heißt es in der Gesetzesbegründung. Mit dieser Gesetzesänderung soll, so die Begründung, die Refinanzierung über Wasserpreise durch eine Änderung des Landesgesetzes ermöglicht werden, die sich auf den geänderten § 50 des WHG bezieht. Die rechtstechnischen Besonderheiten mögen Interessierte in der Gesetzesvorlage nachlesen.

Eine Ablehnung im Landtag dürfte zwar eigentlich nicht zu erwarten sein, ob damit die Vorbehalte der Landeskartellbehörde gegenstandslos werden, wird sich noch zeigen. Auch Wasserversorger werden alles andere als begeistert sein, wenn sie angesichts der allgemein steigenden Kosten jetzt auch noch die öffentlichen Trinkbrunnen und Wasserspender in die Preise einkalkulieren müssen.

„Wasser in der Stadt“ dürfte noch viele Begehrlichkeiten wecken

Das Thema „Wasser in der Stadt“ wird vermutlich noch viele Facetten aufwerfen, bei denen die Wasserversorger nicht nur fachlich, sondern auch finanziell den Kommunen zur Seite stehen sollen. Bevor die Politik zu schnelle Entscheidungen über die Kostentragung trifft, sollte sie sehr sorgfältig abwägen und sich fragen, ob dies wirklich Leistungen sind, die sich auf die Wasserpreise oder Gebühren niederschlagen dürfen. Denn diese werden in den nächsten Jahren angesichts der erforderlichen Investitionen für die essentiellen Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge noch einige Steigerungen vor sich haben. Insoweit stimme ich Frau Krater zu: Wir sollten darüber diskutieren. Ich mache mal einen Anfang.

Übrigens: Wer sich wundert, dass ich die Begriffe „Wasserspender“ und „Trinkbrunnen“ verwende. Hier die Antwort: Es gibt keine eindeutige Definition. Das ist mein Vorschlag: Wasserspender befinden sich in Gebäuden wie in Rathäusern oder Sportstätten, Trinkbrunnen dagegen stehen im Aussenbereich auf Plätzen oder an Wegen oder Straßen. Wer eine bessere Abgrenzung kennt, möge sie mir bitte gerne zusenden. Wikipedia jedenfalls hilft nicht.

Quellen

Beitragsfoto: Öffentlicher Trinkbrunnen in Welver (Siegfried Gendries)

1 Kommentar

  1. Leider öffnet NRW hier unnötig eine Büxe der Pandora. Bis jetzt war die Anwendung von § 50 Abs. 1 Satz 2 WHG nach meiner Kenntnis bundesweit einheitlich: Wenn eine Kommune Wasserspender in öffentlichen Gebäuden oder Trinkwasserbrunnen im Stadtbild anbieten will, dann organisiert und finanziert sie es selbst oder beauftragt einen Dritten (Wasserversorger) mit entsprechenden vertraglichen Regelungen zu Haftung und Bezahlung. Die NRW-Initiative erscheint mir hier nicht in allen Konsequenzen durchdacht, aus meiner Sicht werden neben den von der NRW-Kartellbehörde vorgebrachten Punkten dadurch zahlreiche weitere, auch politische Folgefragen aufgeworfen:

    – Muss das Thema Trinkwasser wirklich immer häufiger mit fachfremden politischen Fragen (hier insbesondere Struktur- und Haushaltspolitik – s. auch Wassersteuer in Wiesbaden) aufgeladen werden?
    – Das ist der erste Schritt zu einem weiteren (aus meiner Sicht nicht sinnvoll begründbaren) Flickenteppich beim Thema Wasser. Warum sollte ein Trinkwasserkunde in NRW öffentliche Wasserspender und Trinkwasserbrunnen über seine Gebühren finanzieren müssen, ein Trinkwasserkunde in Hessen oder Bayern aber nicht?
    – Es wird unweigerlich Klagen gegen Gebührenbescheide geben, bei denen entsprechende Wasserspender/Trinkwasserbrunnen-Kosten einkalkuliert wurden. Sind die damit verbundenen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kosten wirklich wert, ein paar mehr Kommunen Wasserspender und Trinkwasserbrunnen zu ermöglichen, die sie momentan nicht finanzieren können?
    – Ist diese Initiative in ihren Zielen der Klimaanpassung überhaupt effizient? Ich kenne die Lage der kommunalen Haushalte in NRW nicht genau, aber hierzulande fällt es größeren Kommunen tendenziell leichter Wasserspender und Trinkwasserbrunnen in ihren Haushalten unterzubringen als kleineren Kommunen. Auf der anderen Seite sind Wasserspender und Trinkwasserbrunnen aber in größeren Kommunen auch notwendiger als in kleineren, weil diese in der Regel mehr Touristen anziehen und aufgrund der dichteren Be- und Versiegelung heißer werden. Muss man wirklich Kommunen Wasserspender und Trinkwasserbrunnen auf Kosten der Trinkwasserkunden ermöglichen, in denen sie objektiv vielleicht gar nicht so dringend notwendig sind?
    – Muss das Prinzip „Wer bestellt bezahlt“ hier ausgehebelt werden? Nach WHG bestellt eindeutig die Kommune und nicht der Trinkwasserkunde die Wasserspender und Trinkwasserbrunnen. Ist ein weiteres Abweichen vom Prinzip „Wer bestellt bezahlt“ – auf das ironischerweise ja gerade die Bundesländer gegenüber dem Bund gerne pochen – in diesem Fall angemessen und verhältnismäßig?
    – Was bedeutet das Ganze für das Thema Löschwasser?

    Insgesamt ist das Ziel, mehr Kommunen die Bereitstellung von Wasserspendern und Trinkwasserbrunnen zu ermöglichen, ja verständlich. Ob man dabei wirklich so viel neue Unsicherheit schaffen muss, anstatt mit anderen, weniger invasiven Instrumenten wie z.B. einer optimierten Landesförderung zum gleichen Ergebnis zu kommen, möchte ich doch anzweifeln.

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