Kundenbeirat in der Wasserwirtschaft. Einblicke bei den Berliner Wasserbetrieben

Das Feedback der Kunden kann Unternehmen bei Produktentwicklung und Marketing wichtige Orientierung bieten. Der „Kundenbeirat“ hat sich als Feedback- und Fokusgruppe in anderen Branchen bewährt. Viele kennen ihn von der Deutschen Bahn oder anderen Verkehrsbetrieben. Das Beiratsgremium findet man aber auch in der Wasserwirtschaft, so beispielsweise bei den Berliner Wasserbetrieben. Diese haben erst kürzlich ihre Kunden erneut zum Mitmachen eingeladen; turnusmäßig soll der Kundenbeirat neu besetzt werden. Deshalb habe ich bei den Wasserbetrieben nachgefragt. In dem Telefonat erhielt ich Antworten nicht nur von den Betrieben, sondern auch von ihrer Kundenbeirats-Vorsitzenden.

Welche Rolle hat eigentlich ein Kundenbeirat?

In privatwirtschaftlichen Unternehmen und öffentlich-rechtlichen Betrieben gibt es gesetzlich vorgeschriebene Organe, die die Arbeit der Geschäftsführung oder Werkleitung kontrollieren und fachlich begleiten. Zudem gibt es freiwillige Gremien. Diese haben dann eine beratende Funktion. Dazu zählt auch der Kundenbeirat. Er dient dazu, den Unternehmen „den Einblick in die Erwartungshaltung der Kunden“ zu öffnen. Wobei es angesichts der Vielschichtigkeit der Interessen und Erwartungen verständlicherweise schwierig ist, ein repräsentatives Meinungsbild aus der Kundschaft zu erhalten.

In einem Kundenbeirat werden Kunden gehört, sie erhalten eine Stimme und können ihre Meinung ungefiltert durch Marktforschung und Umfragen einbringen. Kunden können den Verantwortlichen direkt mitteilen, wie sie Produkte und Leistungen erleben. Aber auch, was sie am Unternehmen schätzen. Im Marketing wird der Kundenbeirat als Medium emotionaler Kundenbindung und als Verstärker des Kundenvertrauens verstanden. Richtig aufgestellt und glaubwürdig sowie vertrauensvoll einbezogen sind sie daher für die Unternehmen wichtig. In der Wasserwirtschaft geht es im hohen Maße um Vertrauen. Insoweit bietet sich dieses Gremium auch als vertrauensbildende Maßnahme hin zur Öffentlichkeit und den Verbrauchern an.

Einblicke in den Kundenbeirat der Berliner Wasserbetriebe

Unter dem Motto „Ganz klar für Berlin: Ihre Ideen sind gefragt!“ sind die Berliner Kunden und Verbraucher aktuell aufgerufen, sich bis zum 15. Juni 2021 für eine Mitwirkung im Kundenbeirat, oder wie es die Wasserbetriebe gendergerecht nennen, im Kund:innenbeirat, zu bewerben. Drei Jahre lang, bis zu dreimal jährlich treffen sich die Beiratsmitglieder:innen persönlich (aktuell leider nur online) mit der Unternehmensspitze und Experten aus den Fachbereichen.

Die Vorsitzende des aktuellen Beirats der Wasserbetriebe, Dr. Brigitta Knauers, gewährte mir in einem Telefonat dankenswerterweise Einblicke in ihre Arbeit. Sie wollte ihr Rentnerinnendasein aktiv gestalten und etwas bewirken, erklärte sie mir auf die Frage nach ihrer Motivation, im Kund:innenbeirat der Wasserbetriebe mitzumachen. Und sie war neugierig, gab sie zu. Sie wollte hinter die Kulissen des Unternehmens schauen, das ihr Trinkwasser liefert und das Abwasser reinigt. Sie wollte sich vergewissern, dass verantwortungsvoll gehandelt werde. Da schien der Kundenbeirat das richtige Gremium zu sein. „Mit dem Beitritt in den Kundenbeirat habe ich erstmal gemerkt, wie spannend das Thema Wasser ist. ich hatte vorher keine Vorstellung.“ Rückblickend auf die drei Jahre ihrer „Amtszeit“ ließ sie ihrer Begeisterung freien Lauf. Besonders gefallen haben ihr die Wertschätzung und Offenheit durch die Unternehmensführung. Es sei in jeder Sitzung ein Vorstandsmitglied anwesend gewesen und habe die gestellten Fragen beantwortet. Das bestätigt auch Andreas Trost, der bei den Wasserbetrieben für Kundenservice und Qualitätssicherung im Beschwerdemanagement zuständig ist und das Gespräch dankenswerterweise arrangiert hat. Er ist damit auch der „geborene“ Ansprechpartner der Beiratsmitglieder. Vorstand und Belegschaft der Wasserbetriebe seien dankbar für die Dialogebene mit den Kunden, erklärt er. Man suche jetzt wieder nach einer Neubesetzung des Beirats, weil nach drei Jahren die „Amtszeit“ regulär beendet sei.

Gerne, so räumt Dr. Brigitta Knauers ein, würde sie weitermachen, aber „nach drei Jahren ist der Input, der von Außenstehenden kommen kann, aber auch sicher erschöpft. Daher ist es gut, wenn neue Leute kommen. Alle Meldungen, die über die Wasserbetriebe kommen, werde ich jetzt ganz anders wahrnehmen„, resümiert sie zufrieden, aber auch wehmütig. Es ging aber nicht ums Zuhören, auch Impulse hätte sie mit ihren Beiratskolleg:innen geben können. Das bestätigt auch Andreas Trost. Insbesondere bei der Gestaltung des neuen Kundenportals der Berliner Wasserbetriebe seien die Hinweise aus Kundensicht sehr wertvoll gewesen, weil sie von den Anwendern gekommen seien. Die Kundenorientierung hat damit in manchen Fragen eine neue Richtung bekommen.

Einen Wunsch hat die agile Kundenvertreterin, die beruflich nichts mit Wasser zu tun hatte, bevor sie dem Aufruf der Wasserbetriebe gefolgt war. Das Thema Regenwassernutzung läge ihr am Herzen, beschreibt sie mir. Hier engagiert sich auch im Nachbarschaftsrat. Auch kämpft sie aktiv gegen Medikamentenrückstände und Feuchttücher in der Kanalisation. Sie hat aus ihren Einblicken bei den Problemen, die diese Stoffe in der Kanalisation und bei der Wasserqualität auslösen, mitgenommen, dass es auch die Verbraucher in der Hand haben, bei deren Bewältigung mitzumachen. Hier sieht Dr. Brigitta Knauers noch viel Handlungsbedarf. Mit dem Wissen und Kontakten aus dem Kundenbeirat wird sie ganz sicher noch viele Themen angehen. Insoweit zeigt sich das Gremium als ein wichtiges Instrument zur Aktivierung der Bürgerschaft bei wasserwirtschaftlichen Fragestellungen.

So werben die Berliner Wasserbetriebe aktuell für ihren Kundenbeirat (Q: BWB)

Bis zum 15. Juni 2021 können Berliner:innen sich bewerben

Da im Kundenbeirat der Wasserbetriebe drei Kundengruppen vertreten seien, die Verbraucher, die Hauseigentümer und sowie die Industrie, „werden die Interessen aller Kund:innen der Berliner Wasserbetriebe vertreten“, heißt es auf der Website der Wasserbetriebe. „Sie erhalten tiefere Einblicke in unsere Arbeit. Von A wie Abwasserreinigung bis Z wie Zählerwechsel reicht das Spektrum möglicher Themen rund ums Berliner Wasser. Ihre Anregungen und Kritik sind uns willkommen. Gestalten Sie ein Stück Zukunft für die Stadt Berlin aktiv mit.“

Auch wenn das Interesse vermutlich Corona-bedingt in der jetzt dritten Bewerbungsrunde um einen Beiratssitz bei den Wasserbetrieben etwas nachgelassen habe, der nächste Beirat wird auch wieder gut besetzt sein, ist sich Andreas Trost sicher. In den Runden 2014 und 2017 gingen 330 bzw. 220 Bewerbungen ein. Dabei können die Bewerber:innen sogar schon Vorschläge machen und benennen, was ihnen als künftiges Mitglied im Kundenbeirat wichtig ist.

Zur Nachahmung empfohlen

Es gibt nicht viele kundenbezogene Aktivitäten, die ein derart gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis haben. Sicher darf man den Kundenbeirat nicht überschätzen. Er sollte nicht als „wünsch-dir-was“ missverstanden werden. Wer die Erwartungshaltung mitbringt, ihre oder seine Vorschläge müssten auch berücksichtigt werden, wir bald merken, dass Wasserversorgung und Abwasserentsorgung anderen Gesetzmäßigkeiten zu folgen haben, als es auch den Betrieben lieb sein mag. Auch die Frage der Preise und Gebühren folgt anderen Regeln, als jene die sich Kunden wünschen mögen. Aber dennoch, der Kundenbeirat zeigt nach aussen, dass es das Unternehmen ernst meint mit dem Dialog und die Kunden interessiert sind, an dem was ein Infrastrukturunternehmen tun muss, um die Leistungen sicher, wirtschaftlich und umweltfreundlich erbringen zu können. Kundenbeiräte sind auch bei anderen Wasserversorgern wie beispielsweise bei Hamburgwasser zu finden. Auch haben viele Stadtwerke derartige Kundengremien eingerichtet.

Meine Abschlussfrage, ob sie anderen Wasserunternehmen einen Kundenbeirat empfehlen würde, beantworten beide, Dr. Brigitta Knauers und Andreas Trost, mit einem eindeutigen „Ja!“ Soviel habe ich mitgenommen, wer sich für die Einrichtung und Umsetzung eines Kundenbeirats in der Wasserwirtschaft interessiert, ist bei den Wasserbetrieben an der richtigen Adresse.

Weiterführendes

In der Bewerbungsphase können sich Berliner:innen online auf der Internetseite der Berliner Wasserbetriebe  www.bwb.de/kundenbeirat bewerben.

 

 

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