Wasser ist in Deutschland in ausreichender Menge verfügbar und gut verwaltet. Nicht so in anderen Ländern. Doch von deren Wasser sind wir als drittgrößte Importnation abhängig, denn wir beziehen wichtige Ressourcen und Vorerzeugnisse von dort. Für deren Abbau oder Produktion wird im Ausland lokales Wasser eingesetzt. Damit werden neben Produkten auch Wasserrisiken importiert, da viele dieser Waren aus Ländern mit Wasserknappheit, schlechter Wasserqualität, unzureichender Gesetzgebung und empfindlichen Ökosystemen stammen. Wasser ist kein Problem der Zukunft, sondern für Unter- nehmen ein Kernthema der Gegenwart. WWF hat mit der soeben veröffentlichten Studie DAS IMPORTIERTE RISIKO die Zusammenhänge und Risiken, aber auch Maßnahmen zur Gegensteuerung aufgezeigt. Zur Reduktion von Wasserrisiken hat der WWF das Water Stewardship-Konzept entwickelt. Mit einem schrittweisen Ansatz ist es Unternehmen dabei möglich, ein Wasserbewusstsein zu entwickeln, Wasserrisiken zu analysieren und darauf mit internen und externen Maßnahmen zu reagieren.
Kaum eine Branche bleibt von den Wasserrisiken in den Quellenländern der Vorprodukte und Rohstoffe unberührt. In der Chemieindustrie sind die größten Risiken auf Wasserverschmutzungen in der Produktion oder auf die Rohstoffgewinnung zurückzuführen. Selbst die Kreditwirtschaft und Investmentgesellschaften, aber auch Kleinaktionäre können betroffen sein, denn der Erfolg ihrer Investments ist mittelbar auch von der Ressourcenausstattung der Vorlieferanten der Unternehmen abhängig.
Diese Abhängigkeit hat 2012 der Globale Wasserbericht des Carbon Disclosure Project (CDP) einer von globalen Investoren getragenen Risikoanalyse bezogen auf internationale Wasserressourcen aufgezeigt. Er kam zum Ergebnis, dass 90 % der deutschen Unternehmen, die zu den 500 umsatzstärksten der Welt zählen, in ihrer Geschäftstätigkeit oder in ihrer Wertschöpfungskette Wasserrisiken ausgesetzt sind. Das Risiko steigt weiter an. Viele Flusseinzugsgebiete, aus denen die Vorlieferanten ihr Wasser beziehen, stehen bereits heute unter Wasserstress – Tendenz steigend. Unternehmen in diesen Flusseinzugsgebieten können in Verteilungskonflikte über Wasservorkommen zwischen Haushalten, Landwirtschaft, Industrien und anderen Nutzern geraten. Es kann ihn passieren, dass eine Regulierung der Wasserrechtezuteilung sie vom Ressourcenzugang ausschliesst oder die Mengen soweit reduziert, dass die Produktion eingeschränkt oder gar eingestellt werden muss. Auch soziale Unruhen über die Verteilung von Wasserrechten können dazu führen, dass der Ruf eines Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen wird.
Wasser ist damit kein Problem der Zukunft, sondern für Unternehmen ein Kernthema der Gegenwart. In Zukunft werden die akuten Wasserrisiken in vielen Gebieten der Welt zunehmen. Eine wachsende Bevölkerung, ein sich veränderndes Konsumverhalten und der Klimawandel werden sich direkt auf die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser auswirken und damit weiteren Druck auf die Politik, Unternehmen und Gesellschaft aufbauen.
Die einfache Verlagerung von Produktionsstandorten in Gebiete mit heute noch geringen Wasserrisiken ist bei vielen Produkten mittelfristig keine Lösung. Knapper werdende Ressourcen, standörtliche Einschränkungen und globale Trends wie Bevölkerungswachstum, Klimawandel und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen von Konsumenten werden ein solches Ausweichen weiter erschweren. Wollen Unternehmen ihre Risiken kontrollierbar halten und ihren Geschäftsbetrieb und ihre Wertschöpfungsketten aufrechterhalten, müssen sie in das nachhaltige Management gemeinsamer Wasserressourcen vor Ort investieren.
Deutschland dagegen ist ein insgesamt wasserreiches Land. Die Ressourcenausstattung mit Wasser ist ein elementarer Standortvorteil, der noch noch allen deutschen Unternehmen bewusst geworden scheint. Anders bei den anderen Ressourcen. Deutschland und selbst Europa verfügen über vergleichsweise wenige natürliche Ressourcen. Dies betrifft in einem vom WWF dargestellten Beispiel auch und insbesondere die Unternehmen der Chemieindustrie. Diese hängen für die Herstellung eigener Erzeugnisse stark von importierten Rohstoffen ab. Während sich der Wiederausführer jederzeit ändern kann, wird das Rohstoffquellenland so lange weiter produzieren, bis seine Reserven erschöpft sind. Und das kann eher stattfinden, als sich manche Unternehmen klar zu sein scheinen.
„Water Stewardship“
Das WWF-Konzept des „Water Stewardship“ soll zu einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Bewirtschaftung der Süßwasserressourcen beitragen und Lösungen für „gemeinsame Risiken“ in einem Flussgebiet entwickeln. Die Maßnahmen, die jedes einzelne Unternehmen im Rahmen seines Water Stewardship-Programms ergreift, müssen dafür je nach Branche, Lage und politischem und sozialem Gewicht individuell geplant und angepasst werden.
Um gute Water Stewards zu werden, sollten deutsche Unternehmen:
- die eigenen Risiken, Auswirkungen und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Wasser erkennen. Für die Risikominderung ist es daher wichtig, zunächst die eigenen Wertschöpfungsketten zu analysieren und die spezifischen Risiken zu erkennen
- das eigene Risiko minimieren und Water Stewardship-Strategien einführen und umsetzen. Die Strategien sollten gemeinsam mit Wissenschaftlern, Nichtregierungsorganisationen, Behörden und anderen Stakeholdern erarbeitet werden.
- gemeinsam mit anderen Unternehmen sektorspezifische Lösungen zur Risikominderung entwickeln (z. B. Richtlinien, Tools) und diese ihre Geschäftstätigkeit integrieren. So wäre es beispielsweise möglich, Zulieferer tierischer und pflanzlicher Fette nach der Einhaltung zuvor festgelegter Wassermanagement-Standards auszuwählen.
- sich gemeinsam mit anderen regionalen und lokalen Stakeholdern in betroffenen Flussgebieten für nachhaltiges Wassermanagement vor Ort engagieren. So sollten beispielsweise Lebensmittel- und Textilwarenhersteller sowie Einzelhändler gemeinsam mit landwirtschaftlichen Betrieben nach nachhaltigen Beschaffungslösungen suchen.
Eine kleine Bewertung
Das „Water Stewardship“ ist ein überaus wertvoller Impuls für ein stärkeres Bewusstsein der deutschen Industrie, Finanzwirtschaft und Konsumenten für die Anfälligkeit der Importströme von Rohstoffen und Vorerzeugnissen. Es ist der Verdienst des WWF, dass die Studie nicht nur die Risiken aufzeigt, sondern auch ein wertvolles Instrumentarium für handlungswillige Unternehmen und Stakeholder, also auch den Regierungen und Konsumenten, bietet, die Risiken zu managen. Man darf gespannt sein, welche Unternehmen sich dieses Instrumentariums auch bedienen werden. Bedauerlicherweise wird es so sein, dass es gerade in jenen Ländern, deren Ressourcenverfügbarkeit und Wasservorräte besonders angespannt sind, nur unzureichenden Zugang zu den entscheidungsrelevanten Daten gibt. Ein unrühmliches Beispiel hierfür ist das für viele deutsche Industrien überaus bedeutende Herkunftsland China. Lebensraumwasser hatte sich mit dem Thema Ressourcenrisiko und dem Carbon Disclosure Project (CDP) schon in einem vorausgegangen Beitrag im Oktober 2013 befasst. Klick hier!. Auch in diesem Zusammenhang steht das Thema „Virtuelles Wasser“ und „Wasserfussabdruck“. Hierzu siehe Rosen am Valentinstag und Wasserverbrauch und Konsumentenverhalten.
Hier geht es zum WWF und zur Studie Klick hier!
Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.