Der Wasserpreis-Streit in Hessen hat einen neuen Mitspieler: den Innenminister Peter Beute (CDU). Ausgangspunkt der neuerlichen Unruhe an der Preisfront war ein Vorstoß der hessischen Industrie- und Handelskammern. Diese hatten mit ihrem Mitte Mai veröffentlichten Frisch- und Abwassermonitor die großen Unterschiede in den hessischen Kommunen kritisiert. Demnach bewegen sich laut IHKs die Kubikmeterpreise für Trinkwasser im Jahr 2014 in einem Korridor von 0,91 Euro bis 4,64 Euro. Dies entspricht einer Spanne von 3,73 Euro oder 409 Prozent. Daher erklärte der Sprecher der IHKs Matthias Gräßle: „Wir fordern die Politik auf, darüber nachzudenken, wie die unglaublichen Preisunterschiede geglättet werden können“. Den Wasserversorgungsunternehmen würden oft Anreize für effizienteres Wirtschaften fehlen; steigende Kosten könnten in der Regel problemlos auf die Kunden übergewälzt werden. Dabei plädierten die IHKs nicht einseitig für bedingungslose Kostensenkungen: „Die Versorgungssicherheit und die Qualität des Wassers sind in unserem Land unbestritten hoch.“
Die Reaktion liess nicht lange auf sich warten. Während in der Vergangenheit der hessische Wirtschaftsminister eher in die gleiche Kerbe schlug und mit dem Schwert der kartellrechtlichen Preisprüfung auf Preissenkungen abzielte, stellte sich der Innenminister bei den Wassergebühren hinter seine Kommunen und erklärte gegenüber der Frankfurter Rundschau: „Wassergebühren können nicht gleich sein und dürfen bei sachgerechter Kalkulation gemäß des Gesetzes über kommunale Abgaben auch gar nicht gleich hoch sein, auch nicht annähernd.“ Damit will er Senkungsbegehren der IHKs gleichermaßen sichtbar wie kraftvoll entgegentreten. Und das kann er!
Diese Diskussion offenbart das Dilemma in dem sich die Frage der Wasserentgelte bewegt. „Wasserpreise“, die zumeist von Versorgern in privater Rechtsform erhoben werden, wozu auch kommunale Stadtwerke gehören, unterliegen der Missbrauchskontrolle der Kartellbehörden (und damit den Wirtschaftsministerien). „Wassergebühren“ dagegen, die vorrangig von kommunalen Regie- und Eigenbetrieben erhoben werden, haben sich an Kommunalabgabengesetzen zu orientieren und unterliegen der Aufsicht durch die Behörden des Innenministeriums (siehe Grafik). Während bei den hessischen Wasserpreisen die Landeskartellbehörde bisher die Unterschiede zunächst bezweifelte und der Wasserversorger um die Anerkennung der Gründe für seine im Vergleich höheren Preise kämpfen musste (zumeist ohne die Gründe für die niedrigeren Preise des Vergleichsunternehmens zu kennen), verteidigt der Innenminister die Unterschiede. Welcher Bürger und Wasserkunde soll das verstehen? Die Ungleichbehandlung von Wasserpreisen und Wassergebühren wird damit weiter verstärkt. Da wird die Unterschiedlichkeit der Wassergebühren vom Innenminister (zurecht) verteidigt, während der Wirtschaftsminister bzw. seine Landeskartellbehörde sie bei den Preisen bezweifelt. Hier wird einmal mehr deutlich, dass die Harmonisierung der Wasserentgeltkontrolle überfällig ist. Der Vorstoß des Präsidenten des Bundeskartellamtes, auch Wassergebühren der Kartellamtsaufsicht zu unterziehen, war 2013 mit der Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Novelle) endgültig gescheitert. Vielleicht kommt wieder Bewegung in das Thema.
Dass die Wassergebühren in Hessen in Zukunft auf breiter Front steigen könnten, belegt ein Bericht aus dem hessischen Hohenstein (Rheingau-Taunus). Dort muss, wie in vielen Kommunen, kräftig gespart werden. Damit aber auch mehr Geld in die Kassen fließt, wurden auch die Wassergebühren deutlich erhöht. Der Bürgermeister entschuldigte den Schritt mit einer ultimativen Forderung der Kommunalaufsicht des Landes Hessen – und die gehört zum Innenministerium. Aus finanzpolitischer Sicht erscheint die Haltung nachvollziehbar, denn jeder Euro der den Kommunalhaushalten fehlt, muss durch die Landespolitik aufgefangen werden. Mit derselben Logik könnten aber auch die Wasserpreise in ihrer Höhe gerechtfertigt werden, wenn sie von vermeintlichen Vergleichsunternehmen abweichen, denn die Stadtwerke und Wasserwerke in privater Rechtsform tragen mit ihren Dividenden auch zur Sanierung kommunaler Haushalte bei. Da gibt es bekanntlich auch keine Unterschiede…
Quellen:
Frischwassermonitor IHK Hessen http://www.ihk-hessen.de/themen/umwelt/wassermonitor/
Frankfurter Rundschau: http://www.fr-online.de/hessische-landespolitik/nebenkosten-minister-verteidigt-wasserpreise,23887878,27263802.html
Interview mit Bundeskartellamtspräsidenten Andreas Mundt zur GWB-Novelle http://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Interviews/Interview%20-%20Das%20ist%20ein%20harter%20Schlag%20für%20alle%20Wasserverbraucher.pdf?__blob=publicationFile&v=3
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