„Eau“ wie Ostern? Nein, Wasser. Berlin startet die Brunnensaison

Zu „O“ wie Ostern sollte ich Sommerreifen aufziehen zu lassen, rät meine Autowerkstatt „des Vertrauens“. Die Berliner Wasserbetriebe liefern mir einen weiteren Merkposten: den Start der Brunnen-Saison. Am gestrigen Gründonnerstag nahm der Wasserversorger seine öffentliche Trinkbrunnen in Betrieb. Ein Blick in der Geschichte zeigt, welche bedeutende Rolle die Bürger-Brunnen bei der Versorgung mit Trinkwasser gespielt haben. Zwei Beispiele aus Augsburg und London werde ich in diesem Beitrag vorstellen.

Berlin, auch deutsche Hauptstadt der Trinkbrunnen?

In den kommenden Wochen werden in Berlin 162 Zierbrunnen in acht Bezirken sowie stadtweit 189 Trinkbrunnen aus dem Winterschlaf geholt“, teilen die Berliner heute mit. Damit leistet die Bundeshauptstadt einen Beitrag zur umweltfreundlichen Unterwegs-Versorgung mit Trinkwasser. Denn statt in den nächsten Discounter, will der Wasserversorger die durstigen Berliner und die Touristen zur öffentlichen, kostenlosen Trinkwasserquelle führen. Auf ihre Brunnen sind die Wasserbetriebe mächtig stolz, sodass es sich der Vorstandschef Frank Bruckmann nicht nehmen läßt, bei der Wiederinbetriebnahme des ersten Brunnens nach dem Winterschlaf dabei zu sein und stolz erklärt: „Jeder dieser Brunnen ist ein Unikat“. Bis zum 21. April sollen 189 in Betrieb genommen worden sein. Elf weitere werden neu bzw. umgebaut, teilt man in der Pressemitteilung mit. Alle werden mit gebührender Sorgfalt überwacht, so dass immer Trinkwasserqualität aus ihnen sprudelt. Die insgesamt 162 Zierbrunnen werden ab der letzten Maiwoche laufen. Anders als diese Trinkbrunnen liefern Zierbrunnen kein Trinkwasser! – Ob es eine deutsche Stadt gibt, die mehr Trinkbrunnen betreibt?

„Springendes Wasser“ im mittelalterlichen Augsburg

Die Geschichte der Brunnen reicht bis ins antike Kreta und Griechenland zurück. Da waren die Brunnen für die Wasserversorgung in den Städten essenziell. Es gab keine leitungsgebundene Wasserversorgung bis in die Häuser hinein. Die Menschen gingen zu den Wasserstellen und füllten Krüge mit Wasser. Andere waren im Grunde öffentliche Skulpturen, die sich bewegendes Wasser enthielten, die heutigen Zierbrunnen.

Schauen wir in die Stadt mit einer Wasserwirtschaft, die ein UNESCO-Welterbe ist: Augsburg. Bis ins Jahr 1412 reicht die Geschichte der Trinkwasserversorgung in Augsburg zurück. Das damals erbaute erste Wasserwerk am Schwibbogentor und leitete das direkt neben dem Stadtgraben geförderte Wasser in öffentliche Brunnen, welches dort der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung stand. Anfang des 15. Jahrhunderts wünschte sich der Rat der damaligen Reichsstadt Augsburg „springende Wasser“ aus Brunnen auf den vornehmsten Plätzen. Nur mit den Kurbel- oder Schöpfbrunnen waren Fontänen nicht möglich. Man brauchte unter Druck stehendes Wasser. Schon zu der Zeit galt sauberes Wasser als ein Lebensmittel, als Voraussetzung für die Volksgesundheit. An den öffentlichen Brunnen konnten sich die Augsburger mit Wasser versorgen. Das sollte weiterhin so bleiben, doch quasi nebenbei könnte Wasser durchaus auch repräsentative Zwecke erfüllen. „Röhrbrunnen“ wurden diese Fließwasserbrunnen genannt. Plätschernde Wasser sollten so Plätze und Straßen aufwerten. Im Jahr 1412 wurde daher ein Pumpwerk gebaut und mit einigen dieser öffentlichen Brunnen verbunden. So konnten die Anlieger ihre Eimer und Kannen mit Wasser auffüllen und gleichzeitig die „springende Wasser“ geniessen.

Private bauten die ersten öffentlichen Bürger-Brunnen in London

Schon im 16. Jahrhundert gab es in europäischen Metropolen bereits Wasserpumpwerke und Leitungsnetze, aber häufig wurden nur die wohlhabenderen Bürger versorgt. In London beispielsweise, wo Ende des 17. Jahrhunderts das erste Wasserwerk eröffnet wurde, zwar lagen um 1800 bereits Dreiviertel der Häuser an Wasserleitungen, der Anschluss war für viele unerschwinglich. Die in ärmeren Vierteln lebenden Londoner kauften das Wasser von privaten Wasserlieferanten, die es zuvor direkt aus der Themse geholt hatten. Die Themse aber war durch körperliche Ausscheidungen und andere Abwässer des Stadtlebens stark verschmutzt. In Folge dessen traten vermehrt Erkrankungen auf. Kostenloses, sauberes Wasser war ein großer Segen; für viele Städter aber unerreichbar. Daraufhin gründete eine Gruppe wohlhabender Londoner die Metropolitan Drinking Fountain Association. Die Philanthropen bauten mit privaten Mitteln öffentliche Trinkbrunnen in der Stadt, an denen sich auch ärmere Mitbewohner kostenlos mit Wasser versorgen konnten, denn Wasser aus der Leitung So eröffnete die Metropolitan Drinking Fountain Association im April 1859 ihren ersten Bürger-Brunnen. Der Brunnen sei so beliebt gewesen, dass der Verein in den folgenden Jahrzehnten Hunderte weitere Trinkbrunnen in ganz Großbritannien eröffnete. 1879 gab es allein in London fast 800 Trinkbrunnen. Heute ist der städtische Wasserversorger, Thames Water, für den Betrieb der Trinkbrunnen zuständig. Im vergangenen Jahr beauftragte der neue Bürgermeister der englischen Metropole den Bau von 100 zusätzlichen Brunnen, um den Plastikabfall auf der britischen Insel den Kampf anzusagen.

(Fortsetzung folgt)

Quellen

Beitragsfoto: Berliner Trinkbrunnen (Foto: Berliner Wasserbetriebe)

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