Digitale Funkwasserzähler sind für ein nachhaltiges Wassermanagement in vielen Weltregionen unverzichtbar. Geht es dort zumeist um die Wasserverluste, stand in Deutschland die Abrechnungsvereinfachung im Vordergrund. Jetzt droht hier in einigen Regionen Wasserknappheit, deshalb nehmen die digitalen Zähler auch hier langsam Fahrt auf. Ungeregelt war bisher der „Datenschutz“, das hat sich gerade geändert.
Eine Vielzahl von Vorteilen auch für die Kunden
Egal, ob zeitgenaue Abrechnung durch den Wasserversorger, Leckagewarnung für Hausbesitzer oder Qualitätssicherung für Verbraucher, die digitalen Wasserzähler funken Informationen zugunsten von Komfort und Sicherheit. In den Bundesländern standen bisher insbesondere datenschutzrechtliche Unsicherheiten der Einführung im Weg. In Hessen wurde im März mit einer gemeinsamen Erklärung von Datenschutzbeauftragten und Waldwirtschaft eine grundsätzliche Regelung geschaffen. Der Impuls hat offenbar gewirkt. Von Wasserversorgern aus Hessen höre ich schon jetzt, dass sie nach dieser Regelung die in den Schubladen liegenden Umstellungen auf digitale Funkwasserzähler jetzt angehen werden. Auch Exner berichtet von eine Zunahme an Umstellungen. Für die guten und erfolgreichen Projekte bräuchte es eigentlich eine Austauschplattform für Best-Practices. Es muss doch nicht jeder Wasserversorger das Rad neu erfinden.
Grundsätzliche datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der funkenden Wasserzähler
Wenn aber die oberste Datenschutzbehörde eines Landes die grundsätzliche Unbedenklichkeit der funkenden Wasserzähler erklärt, dürfte auch der letzte Zweifler beruhigt sein. Bingo! Die hessische Datenschutzbehörde hatte vor einigen Monaten die Initiative ergriffen, um Klarheit für Bürger, aber auch für die Wasserwirtschaft zu schaffen. Herausgekommen ist eine Vereinbarung mit den wasserwirtschaftlichen Fachverbänden, die das „warum“ und „wie“ des Einsatzes digitaler Funkwasserzähler aus dem Blickwinkel des Datenschutzes für das Bundesland regelt. Damit haben die Hessen einen Weg eingeschlagen, der ein Vorbild für andere Bundesländer sein könnte. Dass dies nicht nur eine Mutmaßung ist, zeigt die soeben getroffene Vereinbarung des rheinland-pfälzischen Datenschutzbeauftragten. Dies ist zwar der Vorlage aus dem Nachbarland wie das einer „Blaupause“ gefolgt, vieles stützt sich auf die Vorarbeit der Kollegen aus Wiesbaden.
Einer der Wegbereiter war der BDEW-Landesverband für Hessen und Rheinland-Pfalz, LDEW. Dessen stellvertretender Geschäftsführer, Sebastian Exner, hielt die Fäden auf Seiten der Wasserwirtschaft in der Hand. Er zeigt sich nun erleichtert. „Das war ein langer Weg, aber wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Jetzt herrscht Klarheit auf allen Seiten“, berichtet er nicht ohne Stolz.
Datenschützer äußerten schon 2018 Handlungsbedarf
Eine Befragung von Landesdatenschutzbeauftragten, von mir im Februar 2018 durchgeführt, belegte schon damals den Handlungsbedarf. Nachdem Bayern mit der Änderung der Gemeindeordnung und Schaffung von Satzungsermächtigungen einen Halbschritt gemacht haben, haben die Hessen einen Quantensprung vollbracht.
Die Presse berichtete in der Vergangenheit von datenschutzrechtlichen Bedenken der Wasserkunden, wenn es um die eingesetzte Technik ging. Vorrangig wurde dabei die Sorge des Datenmissbrauchs geäußert. Die Datenschützer waren in Folge dessen mit Einzelfallbeschwerden von Kunden konfrontiert, wenn der Wasserversorger auf die digitale Datenerfassung umstellen wollte. Auch wenn sich die Beschwerden bei meiner Umfrage 2018 noch in Grenzen hielt, mittlerweile sind die Zahlen vernehmbar angestiegen, wie die Berichterstattung in den Medien und Rückmeldungen der Datenschützer erkennen lassen. Daher war es gut und wichtig, dass die hessische Datenschutzbehörde sich einer grundsätzlichen Regelung annahm.
Die Digitalisierung setzt viele Wasserversorger unter Druck
Lange wurden die digitalen Funkwasserzähler, die international als Smart Meter bezeichnet werden, nur in vereinzelt in Deutschland installiert. Seit die intelligenten Zähler für viele Stromkunden zur Pflicht geworden sind, denken Stadtwerke auch über den Einbau von digitalen Wasserzählern nach. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Einbau wie im Bereich von Energie und Wärme gibt es im Bereich der Wasserversorgung nicht.
Viele Wasserversorger wollen oder müssen aber mit der Geschwindigkeit digitaler Prozesse Schritt halten und steigen auch aus Gründen der Effizienzsteigerung und der Ressourcenschonung auf die Funkmesstechnik um. Sie haben erkannt, dass es bei Funkwasserzählern nicht nur um die Vereinfachung von Ablesevorgängen, sondern um zahlreiche Vorteile für die Kunden geht. Spätestens wenn die funkenden Zähler Signal geben, wenn das Wasser durch undichte Rohre im Haus verloren gehen, also Leckagen erkennen, dürfte auch die Kundschaft überzeugt sein. Stichtagsbezogene Ablesungen bei Mieterwechseln sowie bessere Beweislagen bei Verbrauchsunstimmigkeiten runden die Vorteile für Kunden und Versorger gleichermaßen ab.
Datenschutzbehörde und Wasserwirtschaft arbeiteten Hand in Hand
Über mehrere Monate wurde an dieser Vereinbarung gearbeitet. Federführend für die Wasserwirtschaft war der LDEW, der hessische Landesverband des BDEW. Diese gemeinsame Erklärung hat die Zulässigkeit des Einbaus und des Betriebs der modernen, elektronischen bzw. digitalen Wasserzähler mit Funkschnittstelle durch die hessischen Wasserversorger am Grundstückanschluss zum Gegenstand.
Die Funkwasserzähler erheben mehr Daten als ihre mechanischen Vorgänger. Dabei werden von ihnen nicht nur die für die Abrechnung relevanten Zählerstände, sondern je nach Hersteller, Zählertyp und Übertragungsweg auch unterschiedliche weitere Daten gemessen, gespeichert und gesendet. Da die Möglichkeiten der Funkwasserzähler vielfältig sind, werden nachfolgend die datenschutzrechtlichen Mindestanforderungen dargestellt, deren Einhaltung die hessischen Wasserversorger als Verantwortliche für die Datenverarbeitung aus Sicht der hessischen Datenschutzbehörde sowie der Verbände der Wasserwirtschaft gewährleisten müssen.
Die wichtigsten Aspekte in Kürze
Mehrfamilienhäuser irrelevant
Datenschutzrechtliche Vorschriften finden erst Anwendung, wenn die verarbeiteten Daten personenbezogen sind. Dieses Datum muss sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen. Das ist aber nur in Ein- oder Zweifamilienhäusern der Fall. Somit sind Mehrfamilienhäuser datenschutzrechtlich irrelevant.
Datenverschlüsselung ist obligatorisch
Mittels Verschlüsselung der gesendeten Daten muss gewährleistet werden, dass diese nur den Berechtigten zugänglich sind. Dabei ist das Verfahren so zu gestalten, dass bei gleichem Zählerstand immer unterschiedliche Kryptogramme gesendet werden.
Datenerfassung liegt im öffentlichen Interesse
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten bedarf eines Erlaubnistatbestandes. Dieser ist gegeben, wenn die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt, die dem Verantwortlichen (hier dem Wasserversorger) übertragen wurde. Die Regelung zählt eine ganze Reihe von Gründen auf, weshalb die Datenerfassung im öffentlichen Interesse und damit erlaubt ist.
Informationspflicht des Wasserversorgers
Entscheidet sich ein Wasserversorger die herkömmlichen Wasserzähler gegen die datenintensiveren Funkwasserzähler auszutauschen, muss er vor dem Einbau die Betroffenen informieren. Die Betroffenen sind die jeweiligen Wasserverbraucher und somit die tatsächlichen Bewohner des versorgten Objekts.
Widerspruchsrecht der Betroffenen –
Auch beim Vorliegen einer datenschutzrechtlichen Grundlage gewährt Art. 21 I DSGVO den Betroffenen ein Widerspruchsrecht, wenn die Verarbeitung von personenbezogenen Daten auf Art. 6 I 1 e) DS-GVO – wie hier – gestützt wird. Das Widerspruchsrecht gilt aber nicht bedingungslos. Art 21 I DS-GVO verlangt Gründe, die sich aus einer besonderen Situation des Betroffenen ergeben, die der Verarbeitung entgegenstehen.
Danach müssen die Wasserversorger im Einzelfall prüfen, ob die von Betroffenen substantiiert vorgetragenen Gründe dem Einsatz der Funktechnik entgegenstehen. Die betroffene Person muss ihren Widerspruch mit konkreten Tatsachen begründen und hat auf Verlangen des Verantwortlichen Nachweise beizubringen. Die Prüfung sollte zu Nachweiszwecken durch den Verantwortlichen dokumentiert werden. Auf das Vorliegen des Widerspruchsrechts muss der Betroffene hingewiesen werden.
In 99,9% der Zeit herrscht Funkstille
Gegenstand vieler Beschwerden ist die Häufigkeit des Sendens der Datenpakete durch die Funktechnik. Diese wird so gewählt, dass aus einem fahrenden Auto (Drive-By-Verfahren, 30-40 km/h) der Empfang der Daten mit einer Erfassungsquote von nahezu 100 Prozent ermöglicht wird. Die Sendedauer des Datenpakets beträgt zwischen 0,002 und 0,02 Sekunden. Die Funkwasserzähler funken in nahezu 99,9 % der Zeit also nicht. Die Übertragung erfolgt je nach Hersteller alle 8-16 Sekunden. Eine optische Anzeige des Sendevorgangs ist aufgrund der Kürze und der Häufigkeit nicht erforderlich.
Wichtiger Beitrag zum digitalen Wassermanagement
Der Klimawandel macht einen anderen Umgang mit Wasser in vielen Regionen unverzichtbar. Immer häufiger ist von der Wasserkrise die Rede. Das Vermeiden von Wasserverlusten hat somit höchste Priorität. Digitale Funkwasserzähler leisten mit ihrer Leckageerkennung einen wichtigen Beitrag. Auch das Erkennen von Wasser-Stagnationen und -Temperaturen gewinnt unter Qualitätssicherungsaspekten an Bedeutung. Da sind Wirtschaftlichkeit und Stichtagsgenauigkeit der Abrechnung eher nachrangig, zumal ihnen höhere Kosten der Zähler gegenüberstehen. Die Digitalisierung wird die Wasserwirtschaft bewegen, die digitalen Funkwasserzähler halte ich für ein zentrales Element an der Schnittstelle der Kunden und Wasserversorger.
Folgt jetzt Nordrhein-Westfalen?
Man darf gespannt sein, ob sich andere Landesdatenschutzbehörden der Beispiele annehmen. Als Nordrhein-Westfale blicke ich hoffnungsfroh nach Düsseldorf. Die Landesdatenschutzbeauftragte teilte mir im März auf Anfrage mit, „die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen vertritt nach wie vor die Auffassung, dass es auch für funkbasierte Wasserzähler einer gesetzlichen Rechtsgrundlage bedarf. Trotz mehrfacher Nachfrage bei den zuständigen Ressorts – Umweltministerium NRW und Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW – , wurde bisher keine entsprechende Initiative ergriffen.“ Jetzt, wo es gute Beispiele mit höhere Rechtssicherheit als beim bayerischen Weg gibt, könnte sich doch auch NRW an dem Beispiel Hessens orientieren.
Quellen
- Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Nutzung von Funkwasserzählern – Gemeinsame Erklärung für das Land Hessen
- Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Nutzung von Funkwasserzählern – Gemeinsame Erklärung für das Land Rheinland-Pfalz
- Antwort der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen auf Anfrage LebensraumWasser – Einsatz digitaler Funkwasserzähler vom 28.2.2020
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