Wer sich bisher für Grundwasserstände interessiert hatte, musste sich durch die Internet-Portale der 16 Landesämter für Umwelt quälen. Das dürfte sich jetzt ändern. Mit “GRUVO – Grundwasserstände und Vorhersagen”, der Inforamtionsplattfrom der BGR – Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe werden die vorhandenen Ist-Daten bundesweit einheitlich strukturiert und anschaulich dargestellt. Ab 2025 wird mit NIWIS zudem ein Niedrigwasserinformationssystem an den Start gehen.
Während die Grundwasserstände noch vor einigen Jahren ausschließlich für Experten von Interesse gewesen sein werden, fordern infolge der trockenen Jahre und fallenden Grundwasserstände nicht nur Umweltschützer und Medienvertreter mehr Transparenz. Leider waren die Daten bisher schwer auffindbar. Interessierte mussten sich mit mühsamen Recherchen durch die Portale der Bundesländer und deren unterschiedliche Formate „quälen“.
Daran scheiterten auch internationale Experten und Journalisten, wie das folgende Beispiel zeigt: Ein internationales Rechercheteam hatte vor einigen Wochen für den Artikel „Under the Surface – The Hidden Crisis of Europe’s Groundwater“ die quantitative Verfügbarkeit und die Qualität von Grundwasserressourcen in Europa untersucht. In vielen Regionen mündeten die verfügbaren Daten in „roten Flächen“ – also kritische Stände. Nicht so in Deutschland – aber aus anderen Gründen. Hier mussten sie große Teile Westdeutschlands als weiße Flecken darstellen. Denn die benötigten Daten waren, wie es heißt, teilweise unauffindbar bzw. nicht zugänglich gewesen (siehe Abbildung 1).
Ich habe darauf hin beim Umweltbundesamt nachgefragt und auf die Aussage des Rechercheteams hingewiesen. Als Antwort erhielt ich die Begründung: „Daten zu Grundwasserständen erheben die Landesumweltämter und Geologischen Dienste der Länder. Eine Berichtspflicht an den Bund gibt es nicht, weshalb z.B. beim Umweltbundesamt (UBA) diese Daten auch nicht vorliegen.“ Von den Umweltbeamten erfuhr ich aber auch von dem Online-Portal „GRUVO – Grundwasserstände und Vorhersagen“. Dieses stellt deutschlandweit einheitlich vergangene, aktuelle und zukünftige Grundwasserstände dar. Die Grundlage bilden die Messdaten aus den Bundesländern, des Deutschen Wetterdienstes und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Das hört sich vielversprechend an.
GRUVO zeigt aktuelle Grundwasser-Stände und -Vorhersagen
Die Prognosezeiträume bei GRUVO reichen von der Kurzfristvorhersage (bis drei Monate) über die Mittelfristprognose (zehn Jahre) bis hin zur Langfristprojektion (bis zum Jahr 2100). Damit soll die Entwicklung der Grundwasserstände unter Berücksichtigung der Szenarien des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) vor dem Hintergrund des Klimawandels objektiv abgeschätzt werden können. Die Informationsbasis umfasst neben den Grundwasserdaten aus den Messnetzen der zuständigen Landesbehörden auch Wetter- und Klimavorhersagen sowie Klimaprojektionen des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Wie die nachstehende Grafik, der Grundwasserstand in Deutschland im Juli 2024 (Abb. 3), zeigt, lagen die Grundwasserstände im Juli in Deutschland auf einem vergleichsweise hohen Niveau – wenngleich seit Beginn des Monats wieder leicht rückläufig. Der zu erwartende rückläufige Trend wird auch in der Kurzfristvorhersage für Ende September (nachfolgende Abb. 4) deutlich.
Wie kommt es nun zu diesen Ergebnissen? Ausgangspunkt sind die bisher nur auf Länderebene erfassten und in unterschiedlichen Formaten aufbereiteten Daten. Um diese zu vermeintlichen, wurden für GRUVO in einem ersten Schritt aus den umfangreichen Messstellendaten der zuständigen Landesämter mit einer bundesweit einheitlichen Methodik auf der Basis von künstlichen neuronalen Netzen (KNN) repräsentative Messstellen in sogenannten Clusterregionen ausgewählt. In einem zweiten Schritt wurden an diesen Referenzmessstellen mit einer ebenfalls KNN-basierten Methodik Grundwasserstandsvorhersagen auf der Basis von beobachteten und modellierten Klimarasterdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) berechnet.
Die Kenntnis vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Grundwasserstände soll Entscheidungsträgern und Praktikern im Wassersektor wichtige Informationen über langfristige Trends und Veränderungen der Grundwasserverfügbarkeit liefern. Dies soll helfen, rechtzeitig auf mögliche Probleme zu reagieren und angepasste Strategien zur Bewirtschaftung der Grundwasserressourcen für die Trinkwasserversorgung und die landwirtschaftliche Bewässerung zu entwickeln. Darüber hinaus können Grundwasserstandsvorhersagen die interessierte Öffentlichkeit für möglicherweise bevorstehende Wassermangelsituationen mit niedrigen Grundwasserständen, aber auch für Überflusssituationen mit hohen Grundwasserständen sensibilisieren. Zwar basieren zahlreiche Grundwassermessstände noch auf Modellierungsergebnissen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und beziehen sich die Prognosen nur auf eine kleine Auswahl von Referenzmessstellen, aber im Hinblick auf die zunehmende Unsicherheit in Deutschland bei den Grundwasserständen und den steigenden Entscheidungsdruck bei der Verteilung der Wasserressourcen werden so wertvolle Daten und eine weitestmögliche Transparenz geboten.
Bundeseinheitliches Niedrigwasser-Informationssystem NIWIS startet 2025
Deutlich undurchsichtiger stellt sich die Lage bei den Fließgewässern dar. Eine bundeseinheitliche Darstellung, die über die Bundeswasserstraßen hinaus geht, gibt es noch nicht. In den Bundesländern liegt aktuell der Fokus in erster Linie auf die Warnung vor Hochwassergefahren. Die Informationen zu etwaigen Niedrigwasserständen muss man sich aufwendig aus den Informationsportalen der Bundesländer heraussuchen.
Ein Blick auf die aktuellen Wasserstände in Fließgewässern, die als Bundeswasserstraßen genutzt werden, läßt aktuell keine Niedrigwasserlagen erkennen (Abb. 5), wenngleich diese in einigen Regionen in Gewässern, die nicht von diesem Portal erfasst werden, schon aufgetreten sind oder vermutlich nicht auftreten werden. Für allgemeine Niedrigwasserstandsinformationen für Fließgewässer wird es ab kommendem Jahr das Niedrigwasser-Informationssystem NIWIS geben. NIWIS bietet auf der Datenbasis von 400 Messstellen an Oberflächengewässern und ca. 250 Messstellen im Grundwasserbereich einheitliche überregionale Informationen zum Thema Niedrigwasser. Der räumliche Überblick und die zeitliche Einordnung von Niedrigwasserereignissen basierend auf Messdaten ermöglicht eine fundierte Bewertung der aktuellen Situation.
Beide Portale dürften auf positive Resonanz stossen. Die Kontextinformationen stiften einen zusätzlichen Mehrwert. Beide Informationssysteme, GRUVO und NIWIS, sind ein Resultat der Nationalen Wasserstrategie (NWS) aus dem Jahr 2023. Die Umweltbeamten erläutern den Zusammenhang: „Die NWS adressiert das Thema Datenverfügbarkeit in der Wasserwirtschaft mit der „Aktion 1: Prognosefähigkeit der Wasserhaushaltsanalysen verbessern“. Dieser Aktion lag die Erkenntnis zugrunde, dass man messen muss, was man steuern will. Es liegen zwar, wie oben dargestellt, auf den verschiedenen Ebenen und bei verschiedenen Stakeholdern eine Vielzahl von wasserwirtschaftlich relevanten Daten vor, diese müssen jedoch für ein integriertes Wassermanagement noch transparenter zugänglich gemacht, teilweise ergänzt und teilweise zusammengeführt werden. Ziel der Aktion 1 ist es, eine umfassende, flächendeckende prognostische wasserwirtschaftliche Bilanzierung aufzubauen, die sowohl regionale wie überregionale Analysen und die Ableitung geeigneter übergeordneter Maßnahmen zur Gewährleistung eines möglichst naturnahen, regionalen Wasserhaushalts – unter Einbeziehung des Wasserbedarfs des Ökosystems – ermöglicht und Grundlagen für die Bewertung von Einzelvorhaben bereitstellt. In dem Aktionsplan mit den aktuellen Priorisierungen der NWS steht die Maßnahme „Einrichtung eines Niedrigwasser-Informationssystems (NIWIS) in Zusammenarbeit mit den Ländern“ ganz oben auf der Liste.
Aber damit nicht genug: Das Umweltbundesamt hat Anfang Juni 2024 die Suchmaschine umwelt.info für Umwelt- & Naturschutz-Wissen gestartet. Dort findet sich eine Übersicht und Kartenanwendung wo in Deutschland überall Grundwasserdaten erhoben werden (Grundwassermessstellen in Deutschland | umwelt.info).
Quellen und Weiterführendes
- GRUVO Grundwasserstände und Vorhersagen, BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
- NIWIS-Niedrigwasserinformationssystem, BFG Bundesanstalt für Gewässerkunde
- Under the Surface – The Hidden Crisis of Europe’s Groundwater
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