Studie beendet bei Wasserpreisen in Europa den „Äpfel mit Birnen-Vergleich“

Kaum jemand wird bei Vergleich von „Äpfel mit Birnen“ in der EU an Wasserpreise denken. Aber genau darum geht es in der VEWA-Studie. Anlass sind die nicht verstummenden Vorhaltungen, Deutschland habe mit die höchsten Wasserpreise in Europa. Daher hat der BDEW (Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft) die so genannte VEWA-Studie ins Leben gerufen. VEWA ist die Kurzform für den “Vergleich Europäischer Wasser- und Abwasserpreise“. Dieser geht weit über den einfachen Preisvergleich in Europa hinaus. Die Ende April in Brüssel vorgestellte aktuelle Studie vergleicht in den Ländern Deutschland, England/Wales, Frankreich, den Niederlanden, Österreich und Polen auch die Strukturen der jeweiligen Wasserwirtschaft, deren Infrastruktur, Investitionen, Preise, Zuschüsse, Steuern und Abgaben sowie Leistungs- und Qualitätsstandards. Damit soll festgestellt werden, in welchem Umfang Preise überhaupt kostendeckend sind und welche Leistungs- und Qualitätsniveaus in den Ländern damit finanziert werden. Denn dort vor die Kosten gedeckt werden, sind die Wasserpreise tendenziell höher als dort wo Kostenunterdeckung besteht. Dort wo hohe Wasserverluste zu verzeichnen sind, spricht vieles dafür, dass die Investitionen und Instandhaltungen eigentlich zu gering sind. Wenn die Leistungen unterschiedlich sind und Kostendeckungen nicht oder nur durch Zuschüsse erreicht werden, sind die Preise nicht vergleichbar – also „Äpfel mit Birnen“.

Der Weg zu den vergleichbaren Wasserpreisen

Eine bloße Gegenüberstellung der Preise je Kubikmeter stellt die tatsächliche Belastung der Bürger nicht ausreichend dar. Erst eine Kombination mit dem täglichen Wassergebrauch zu Ausgaben pro Kopf und Jahr ergibt ein umfassenderes Bild. Dann werden Stufe für Stufe Anpassungsschritte vorgenommen. Das dreistufige Modell hat der BDEW gemeinsam mit seinen Mitgliedsunternehmen von dem Berliner Beratungsunternehmen civity Management Consultants entwickeln und berechnen lassen.

Den Weg zu den vergleichbaren Wasserpreisen in Europa muss man sich wie eine Treppe vorstellen. Mit jedem Schritt steigen die Preise an.

  • Stufe I vergleicht die landesspezifischen Durchschnittspreise. Berücksichtigt werden dabei fixe Grundpreise und variable Mengenpreise, jedoch keine einmaligen Anschlussbeiträge.
  • In Stufe II gilt den Zuschüssen. Hier wird die erste Verzerrung beseitigt. Hier wird ermittelt, wie hoch die kostendeckenden Wasser- und Abwasserpreise in den verschiedenen Ländern sein müssten, wenn die öffentlichen Zuschüsse in die Preise der Wasserver- und Abwasserentsorgung eingerechnet würden (was sie natürlich nicht sind).
  • In Stufe III gilt den Leistungsniveaus. Hier werden die Preise der untersuchten Länder unter der Annahme eines einheitlichen Leistungsstandards verglichen. Bei den Preisen der Stufe III handelt es sich um hypothetische Preise. Sie werden unter Einrechnung von wesentlichen Faktoren ermittelt werden. Dabei werden in der Wasserversorgung die entgangene Erlöse für Wasserverluste sowie die Ausstattung aller Haushalte mit Wasserzählern eingerechnet.

Bildschirmfoto 2015-05-03 um 22.40.47Die Ergebnisse

  • Stufe I zeigt die Ausgangssituation, also die Belastung in Euro pro Kopf und Jahr. Hier liegt Frankreich mit 104 Euro an der Spitze. Deutschland liegt mit 87 Euro im oberen Mittelfeld.
  • Der Vergleich auf Stufe II (Zuschüsse) zeigt, dass die Preise bzw. Ausgaben unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Zuschüsse 1995-2012 in vielen Ländern steigen. Bei den Ausgaben pro Kopf und Jahr liegt Frankreich auch auf Stufe II mit 110 € an der Spitze der Vergleichsländer, gefolgt von Österreich mit 94 €. Die niedrigsten Ausgaben pro Kopf und Jahr ergeben sich mit 71 € in den Niederlanden.
Q.: VEWA (BDEW)
Q.: VEWA (BDEW)
  • Auf Stufe III – Annahme eines einheitlichen Leistungsniveaus – erhöhen sich die Ausgaben weiter. Die Pro-Kopf-Belastung in England/Wales und Frankreich steigt auf über 105 bzw. 118 € pro Jahr. Einen Sonderfall stellt Polen dar, das aufgrund des hohen Nachholbedarfs stark steigende Preise verzeichnet, denen zudem die europäischen Zuschüsse zugerechnet werden. In Deutschland, den Niederlanden und Österreich verändert sich die Belastung hingegen nur unmerklich.

Fazit

Vergleicht man nun die Ergebnisse, die sich nach mehrstufiger Harmonisierung (was die Brüsseler ja eigentlich lieben) ergeben, lässt sich eine weitgehend gleich gebliebene jährliche Pro-Kopf-Belastung der Trinkwasserkunden in Deutschland feststellen (statt 87 Euro in der Stufe I auf 88 Euro in Stufe III). Überrundet wird Deutschland aber durch die Anpassungsschritte in der VEWA-Studie von England/Wales und Österreich. Wenn Polen nicht einen so geringen Ausgangszustand hätte, würden auch die polnischen Haushaltsausgaben dank des anpassungsbedingten Ansteigens um 16 Euro deutlich höher liegen. Die Niederländer behalten im Ergebnis die günstigsten Wasserpreise in dieser kleinen „Euro-Water-Vision.“ Aber wichtig für die Preisdiskussion: Die deutschen Wasserpreise liegen im Mittelfeld.

Hier geht es zur Kurzfassung der VEWA-Studie klick hier

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