Steckt Bayerns Regierungskoalition beim Wassercent jetzt in der Zwickmühle?

In Bayern wird seit Jahren über eine Einführung des Wassercents gestritten. Es mangelt nicht an Ankündigungen der Koalition, das Entgelt für die Entnahme von Wasser aus der Natur einzuführen. Im aktuellen Entwurf des bayerischen Landeshaushalts fehlen aber Einnahmen aus den Wasserentnahmeentgelten. Die GRÜNEN haben daher einen neuerlichen Gesetzesantrag gestellt und setzen damit die Koalition unter Druck. Nicht nur das: mit einem Wasser-Euro für die Entnahme von Tiefengrundwasser, das die bayerische Mineralwasserbranche verkauft, will sie ein Zeichen setzen.

Koalition hat Einführung des Wassercent mehrfach angekündigt

In anderen Bundesländern werden bis zu 31 Cent je Kubikmeter fällig, wenn Wasser aus der Natur entnommen wird. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte Anfang März erklärt: „Der Wassercent wird kommen. Er ist für mich ein zentraler Baustein für die Zukunftsaufgabe Wasserversorgung. Deshalb habe ich mich von Anfang an für einen Wassercent ausgesprochen„. Auch Ministerpräsident Markus Söder wird nicht müde, den Wassercent anzukündigen. Der Koalitionsvertrag lässt ebenfalls keinen Spielraum: „Ein besonders kostbares Gut ist das Trinkwasser. (…) Dabei lautet unser Grundsatz „Kommunal vor Kommerz“. Wir wenden uns gegen jede Form der Privatisierung. Um die Kostbarkeit unseres Trinkwassers zu unterstreichen und um dieses noch besser zu schützen, führen wir einen zweckgebundenen Wassercent ein. (…) Das Tiefengrundwasser steht unter besonderem Schutz, es ist unsere eiserne Reserve.

Das hatte sich vielversprechend an, deshalb habe ich in den mehr als 5.000 Seiten umfassenden Entwurf des Doppelhaushalts 2024/2025 des Freistaates Bayern geschaut, denn darin hätten ja eigentlich bereits Einnahmen aus der Erhebung des Wassercents geplant und ausgeführt sein müssen. Aber: Fehlanzeige!

GRÜNE beantragen Wasserentnahmeentgelt und bringen Koalition in Zugzwang

Aber da sind ja noch die GRÜNEN im bayerischen Landtag. Die haben das natürlich auch gemerkt. Mit einem Änderungsantrag zum Haushaltsgesetz beantragen sie daher „vorsorglich“ die „Einführung eines Bayerischen Wasserentnahmeentgeltgesetzes“. das tun sie übrigens nicht zum ersten Mal. Bisher hat dies die Landesregierung aber immer „abgewatscht“ Seit Jahren schlagen sie vor, mit dem Wassercent die Wassernutzer an den Kosten von Gewässerschutzmaßnahmen zu beteiligen und das wertvolle Naturgut Wasser nicht kostenlos auch für kommerzielle Zwecke zu überlassen. Schließlich wollen sie mit dem Wassercent auch einen Anreiz zum sorgsamen Umgang mit Wasser geben.

Geht es nach dem Vorschlag der GRÜNEN, dann beträgt das Wasserentnahmeentgelt künftig

  1. bei Entnahme von Grundwasser 8,0 Cent je Kubikmeter,
  2. bei Entnahme von Tiefengrundwasser 100 Cent je Kubikmeter,
  3. bei Entnahme von Wasser aus oberirdischen Gewässern 2,5 Cent je Kubikme-
    ter. (Art. 2, Zi. 2)

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Entgeltpflicht erst ab 3.000 Kubikmeter jährlich beginnen soll.

Während es in anderen Bundesländern wohlwollende Ausnahmen für die Landwirtschaft gibt, wenn diese Wasser aus der Natur für die Bewässerung ihrer Felder einsetzt, wollen die GRÜNEN keine Ausnahmen für die Landwirtschaft und diese an den Kosten beteiligen. Eigentlich nicht unverständlich, denn mindestens im Hinblick auf die Wiederherstellung der guten Wasserqualität, wie es die europäische Wasserrahmenrichtlinie fordert, sind die landwirtschaftlichen Einträge wie Nitrat und Pestizide zumindest nicht ganz unbeteiligt.

GRÜNE nehmen Koalition beim Wort: Tiefengrundwasser soll richtig teuer werden

Die bayerischen Mineralbrunnenbetriebe dürften beim Blick in die Entgeltsätze vermutlich Schnappatmung bekommen. Denn sollte dieses Gesetz die parlamentarischen Hürden nehmen, dann zahlen sie künftig einen Euro für einen Kubikmeter entnommenen Tiefengrundwassers. Das wäre ein Novum in Deutschland. Damit hätten die GRÜNEN die Staatsregierung beim Wort genommen. „Was wertvoll ist sollte nicht kostenlos sein, was dem Kommerz dient, muss bezahlt werden“, wäre eine mögliche Schlussfolgerung im Einklang mit dem Koalitionsvertrag. Die Umweltschützer, die gegen die Entnahmen der Abfüllbetriebe wie die Firma Altmühltaler Mineralbrunnen, Teil der Aldi-Nord-Gruppe, seit Jahren Sturm laufen und die wirtschaftliche „Ausbeutung“ der Reserven kritisieren, dürften sich kaum beruhigen lassen. Denn einen Anreiz, wegen es Wassercents künftig weniger Tiefengrundwasser in Flaschen abzufüllen, dürften die Mineralbrunnenbetriebe kaum verspüren. Denn bei einem Ladenpreis für Mineralwasser, der das 500- bis 1.000-fache des Wassercents beträgt, dürften die Zusatzkosten kaum ins Gewicht fallen.

Anders sieht es bei den bayerischen Wasserversorgern und den Kommunen aus. Nicht, dass sie die Entgelte aus eigener Tasche zahlen müssten, sie werden wie auch die Wasserversorger in den anderen Bundesländern zur „Inkasso-Station“ für die Wasserentnahmeentgelte verpflichtet, die letztendlich die Kunden mit ihrer Wasserrechnung bezahlen müssen. Aber anders als bei Industriebetrieben und Mineralbrunnen läge der Anteil der Wassercents an den Produktpreisen des Trinkwassers nicht im Promillebereich, sondern bei fast 5 Prozent (bezogen auf den durchschnittlichen Mengenpreis in Bayern in Höhe von 1,68 Euro/cbm). Das wird vielerorts in Bayern die Wassergebühren oder Wasserpreise stärker steigen lassen, als sich so mancher Bürgermeister traut. Das könnte ein Grund sein, weshalb sich die Koalition derart schwer tut, ihren Ankündigungen Taten folgen zu lassen.

Und wie wird es weiter gehen?

Jetzt darf man wirklich gespant sein, wie die Koalition auf diesen GRÜNEN-Vorstoß reagiert. Sie wird vermutlich die Landwirtschaft in eine Ausnahmeregelung einbeziehen, das Tiefengrundwasser nicht mit Entgelten belegen, vielleicht wird sie die Entgelte etwas anders gestalten – den Wassercent zu beerdigen wird ihr kaum gelingen. Oder doch? Immerhin sind in Kürze Europawahlen. Schon einmal hat Ministerpräsident Söder mit Blick auf bevorstehende Wahlen die Einführung des Wassercents abgelehnt.

Quellen / Weiterführendes

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