
Marokko kämpft seit Jahren mit einer zunehmenden Wasserknappheit. Sinkende Niederschläge, steigende Temperaturen und hohe Verdunstungsverluste reduzieren die Wasserreserven des nordafrikanischen Landes. Aber Marokko ist innovativ: schwimmende Solaranlagen auf Stauseen sollen Energie erzeugen und zugleich die Verdunstung reduzieren, um Wasserressourcen zu schützen. (Lesezeit ca. 4 Minuten / Beitrag # 917)
Weniger Verdunstung, mehr Energie
Am Stausee Oued Rmel nahe der nordmarokkanischen Stadt Tanger schwimmen bereits mehrere hundert Plattformen mit Solarpaneelen. Erst vor zwei Jahren war das Projekt ausgeschrieben worden. Jetzt zeichnet sich eine gleichzeitige Lösung für zwei Herausforderungen ab.
Laut marokkanischem Wasserministerium verliert der Stausee in Tanger täglich rund 3.000 Kubikmeter Wasser allein durch Verdunstung – im Sommer sogar doppelt so viel. Auf der Wasseroberfläche schwimmende Solarpaneele können diesen Verlust um etwa 30 Prozent senken. Zwar ist das im Verhältnis zur Gesamtmenge noch überschaubar, doch für ein Land mit immer knapper werdenden Wasserressourcen zählt jeder Liter.
Neben dem Wasserschutz liefern die Paneele auch Energie: Bis Ende des Projekts sollen 22.000 Module auf einer Fläche von etwa 10 Hektar installiert werden. Damit lässt sich eine Leistung von 13 Megawatt erzielen – genug, um den nahegelegenen Hafenkomplex Tanger Med zu versorgen.

Ein Pionierprojekt mit Signalwirkung
Marokko ist nicht das erste Land, das mit schwimmenden Solarfarmen experimentiert – ähnliche Projekte gibt es bereits in Frankreich, Indonesien, Thailand und in großem Maßstab in China. Doch für das nordafrikanische Königreich ist es ein Pionierschritt. Fachleute wie der marokkanische Klimawissenschaftler Mohammed-Said Karrouk loben den Ansatz, warnen aber auch: Die unregelmäßigen Oberflächen großer Stauseen lassen sich nicht vollständig abdecken, und schwankende Wasserstände können die Anlagen beschädigen.
Der größere Kontext: Wasserknappheit in Marokko
Die Herausforderungen sind gewaltig: Laut offiziellen Daten sind die von Regen gespeisten Wasserreserven des Landes in den letzten vier Jahrzehnten um fast 75 Prozent zurückgegangen – von durchschnittlich 18 Milliarden Kubikmetern pro Jahr in den 1980er Jahren auf nur noch rund 5 Milliarden heute.
Um gegenzusteuern, setzt Marokko bisher vor allem auf die Meerwasserentsalzung. Heute werden bereits etwa 320 Millionen Kubikmeter Trinkwasser jährlich auf diesem Weg gewonnen, bis 2030 soll die Kapazität auf 1,7 Milliarden Kubikmeter steigen. Ergänzend plant die Regierung, Wasser über Kanäle von wasserreicheren Regionen im Norden in die trockeneren Gebiete im Zentrum und Süden umzuleiten – eine Art „Wasser-Autobahn“. Bis 2030 muss der Notstand auch deshalb reduziert sein, weil dann die FIFA die Herren-Fussballweltmeisterschaft in dem nordafrikanischen Land ausrichten wird und Tausende Fans das Land bereisen werden.
Wasserqualität und Biodiversität bleiben nicht unberührt
Im Allgemeinen werden Floating Photovoltaik-Systeme auf künstlichen Gewässern installiert, um negative Auswirkungen auf die Landschaft und die Ökosysteme zu begrenzen. Da die Systeme die einfallende Strahlung begrenzen, können Wasserqualität und Ökologie je nach Deckungsgrad der Module auf der Wasseroberfläche beeinträchtigt werden.
In einem Projekt in Chile ist festgestellt worden, dass ein Deckungsgrad von weniger als 40 % nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf das Wachstum von Mikroalgen in einem Staudamm hat. Bei Bedeckungsgraden zwischen 40 % und 60 % werden Algenblüten vermieden, während eine vollständige Bedeckung der Wasseroberfläche das Algenwachstum vollständig auslöschen kann, was sich möglicherweise auf die Gesundheit des Ökosystems auswirkt.
Lösung gegen die Wasserkrise – nicht nur in Marokko
Die schwimmenden Solaranlagen am Oued Rmel-Stausee von Tanger sind ein spannender Versuch, zwei drängende Probleme gleichzeitig anzugehen: die wachsende Energie- und die Wasserkrise.
Ob sich die Technologie im großen Maßstab durchsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Doch das Pilotprojekt zeigt: Mit innovativen Ideen kann Marokko neue Wege im Umgang mit seiner Wasserknappheit beschreiten – und vielleicht sogar Vorbild für andere Länder werden.
Quellen & Weiterführendes
- TANGER MED LAUNCHES A FLOATING SOLAR PARK, TANGER Med Port, 2023
- Wasserspeicher, Überflutungsschutz und Photovoltaik – ganzheitliche Lösung in der Fläche? (Gastbeitrag), LebensraumWasser, 2022
- Welche Ursachen und Folgen die sintflutartigen Regenfälle in der Wüste von Marokko haben, LebensraumWasser, 2024
- Sebou: Effiziente Wasserversorgung für Nordafrika, WILO, 2024
- Floating photovoltaic in Chile: Potential for clean energy generation and water protection, Science Direct
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