Jordanien gehen die Wasserreserven aus. Nun soll das größte Infrastrukturprojekt in der Geschichte des Landes, eine Meerwasserentsalzungsanlage am Roten Meer, neue Hoffnung bringen – und den sogenannten „Wasserfrieden“ sichern. (Lesezeit 5 Minuten)
Ein Land am Limit
Jordanien gehört zu den wasserärmsten Staaten der Welt. Das Land, ohnehin eines der trockensten der Welt, leidet unter Klimawandel, Bevölkerungswachstum und den Folgen zahlreicher Flüchtlingsströme. Der Alltag vieler Familien ist von Knappheit geprägt: In weiten Teilen des Landes fließt nur an zwei Tagen pro Woche Wasser aus der Leitung. Wer kann, füllt Tanks auf den Dächern, um sich zu versorgen. Hinzu kommen Leckagen – rund 20 Prozent des Trinkwassers gehen auf dem Weg durch marode Leitungen verloren.

Fanack after Altz-Stamm, 2012)
Brunnen versiegen und sinkende Grundwasserspiegel zwingen viele Haushalte, Wasser von Tanklastern zu beziehen. Diese prekäre Versorgung bedroht nicht nur die öffentliche Gesundheit, sondern auch Wirtschaft und soziale Stabilität. Schon 2021 habe ich in meinem Beitrag „Jordaniens Ausweg aus der Wasserkrise“ über die Ursachen und Folgen dieser Entwicklung berichtet.
Der Klimawandel verschärft die Lage in Jordanien, das seit 1948 ein Zufluchtsort für Kriegsflüchtlinge des gesamten Nahen Ostens geworden ist. Klima-Prognosen sagen bis zum Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg von 4 °C und einen Rückgang der Niederschläge um fast ein Viertel voraus. Die drohende Trockenheit wird die Wassernachfrage noch weiter erhöhen, während die natürlichen Wasservorräte weiter schrumpfen.
Die Landwirtschaft hat in Jordanien einen erheblichen Einfluss auf die Probleme der Wasserknappheit. Sie verbraucht mehr als 50 Prozent der verfügbaren Frischwasserressourcen des Landes und trägt damit maßgeblich zur Übernutzung der Grundwasserreserven bei. Diese Übernutzung führt dazu, dass die Grundwasserspiegel jährlich um mehrere Meter sinken, was langfristig die Wasserversorgungssicherheit gefährdet. Zudem gibt es – nicht weiter überraschend – Probleme mit illegalen Wasserentnahmen in der Landwirtschaft.

Hoffnung aus dem Meer
Um die Krise zu bewältigen, plant die Regierung mit internationaler Unterstützung den Bau einer riesigen Meerwasserentsalzungsanlage bei Aqaba am Roten Meer. Von dort soll das aus dem Meer gewonnene Trinkwasser über eine 438 Kilometer lange Pipeline bis in die Hauptstadt Amman gepumpt werden – wo 40 Prozent der Bevölkerung des Landes leben.

(Q: Fanack)
Das Mega-Projekt auf dem sich die Wasser-Hoffnung des Landes stützt, ist das Aqaba-Amman Water Desalination and Conveyance Project (AAWDCP). Mit dieser Anlage sollen jährlich rund 300 Millionen Kubikmeter Wasser gewonnen und bis 2030 etwa 40 Prozent des Wasserbedarfs in den angeschlossenen Städten gedeckt werden. Zehn Jahre später könnten es sogar fast 50 Prozent sein.
Die Anlage ist nicht nur technisch, sondern auch ökologisch anspruchsvoll. Um Meerestiere zu schützen, wird das Wasser in großer Tiefe und über eine weite Fläche verteilt entnommen. Eine integrierte Kläranlage verhindert, dass Chemikalien ins Meer gelangen. Mit Solarenergie sollen etwa 27 Prozent des gesamten Energiebedarfs des Projekts gedeckt und in den ersten 26 Betriebsjahren ein geschätztes Minimum von fast fünf Millionen Tonnen CO2 vermieden werden.
Fördermittel aus Europa für das größte jordanische Infrastrukturvorhaben aller Zeiten
Das Mega-Projekt ist das größte Infrastrukturvorhaben aller Zeiten in der Region und ist das Resultat der Zusammenarbeit zwischen dem jordanischen Staat, der Europäischen Investitionsbank und weiteren internationalen Akteuren.
Drei Milliarden Euro soll das Ganze kosten und 4 000 Jobs in der Bauphase schaffen. Das AAWDCP wird durch eine Kombination aus internationalen Finanzinstitutionen, Klimafonds und Partnern aus öffentlichem und privatem Sektor finanziert. Es bildet einen Eckpfeiler der jordanischen Wasserresilienzstrategie und wird ein Modell für die Klimaanpassung in wasserarmen Regionen liefern.
Wasser ist ein geopolitisches Machtinstrument mit großem Missbrauchspotenzial. Das musste auch Jordanien in seiner – auch jüngeren – Geschichte viel zu oft erleben. Dieses Projekt liefert dagegen ein gutes Beispiel dafür, dass internationale Zusammenarbeit einem von Flüchtlingsströmen und Klimawandelfolgen gestressten Land wieder Hoffnung für eine bessere Wasserzukunft bieten kann.



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