Die Energiewende und die zunehmenden Herausforderungen in der Wasserwirtschaft fordern auch ein Umdenken bei der Ausbildung von Fach- und Führungskräften der Energie- und Wasserwirtschaft. War es bisher ausreichend, ausgestattet mit einem allgemeinen Hochschulabschluss in der späteren beruflichen Praxis erste Erfahrungen zu sammeln, so lassen Komplexität und Dynamik in der Energie- und Wasserwirtschaft dafür immer weniger Zeit. Klar im Vorteil dürfte heute sein, wer Theorie und Praxis zum Berufsstart in der Tasche hat und damit keine lange Anlaufzeit mehr benötigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität Leipzig mit dem Titel „Fit für die Energie- und Wasserwirtschaft: Wissen und Können von kaufmännischen Fach- und Führungskräften“. Sie unterstreicht, dass Energie- und Wasserthemen in der heutigen Berufswelt nicht nur stärker aus dem Blickwinkel von öffentlichen Institutionen, Bürgern und Umweltverbänden betrachtet werden müssen, sondern hierfür auch Kenntnisse des Energie- und Wasserrechts sowie der regulatorischen Rahmenbedingungen zum Start in die Berufspraxis mitgebracht werden sollten. Und spätestens seit der von Kanzlerin Angela Merkel eingeleiteten Energiewende ist zudem ein technisches Grundverständnis über die Zusammenhänge der verschiedenen Wertschöpfungsstufen essentiell, um mit der rasanten Entwicklung in der Energiewirtschaft überhaupt Schritt halten zu können.
„Wer glaubt, dass eine praxisorientierte Ausrichtung der deutschen Hochschulen durch den Bologna-Prozess umgesetzt wurde und die dadurch erzielte stärkere Verschulung der Bachelor- und Masterstudiengänge eine flexible Anpassung auf sich ändernden Rahmenbedingungen ermöglicht hat, der irrt“, erläutert Professor Dr. Mark Oelmann von der Hochschule Ruhr-West den Stand der Hochschulentwicklung. Seine Einschätzung deckt sich auch mit den Erfahrungen vieler Personalverantwortlicher aus der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Realität, mit der sie konfrontiert sind, zeichnet nämlich ein anderes Bild. Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge fehlt häufig so dringend benötigtes branchenspezifisches Know-How der Energie- und Wasserwirtschaft. Hochschule und Praxis sind noch zu wenig aufeinander eingespielt. Gerade den „jungen“ Hochschulen fehlt nicht selten die Verzahnung. Daher müssen die Jobeinsteiger zunächst einen Großteil ihrer Arbeitszeit darauf verwenden, sich mit den Besonderheiten der beiden Netzsektoren vertraut zu machen. Dabei binden sie zusätzliche Ressourcen im Unternehmen – speziell konzipierte Seminare und Weiterbildungsprogramme sind ebenso zeit- und kostenintensiv wie die persönliche Einarbeitung durch „alte Hasen“.
Die Leipziger Autoren der Studie schlagen daher einen anderen Weg vor: Statt der Unternehmen sollten besser die Hochschulen Verantwortung übernehmen und ein Angebot schaffen, das gezielter auf die Bedürfnisse der beiden Branchen abgestimmt ist. Genau auf diesen Bedarf hat sich die staatliche Hochschule Ruhr West (HRW) in Mülheim an der Ruhr schon 2011 eingestellt. Der Studiengang „Energie- und Wassermanagement“ schafft genau dieses Angebot. Prof. Dr. Mark Oelmann konzipierte gemeinsam mit verschiedenen Praxispartnern, darunter A.T. Kearney, RWW und Convare Consulting, den Bachelor-Studiengang „Energie- und Wassermanagement“. Der Studiengang zeichnet sich durch Besonderheiten aus:
- Vollständige betriebswirtschaftliche Ausbildung, bei der die Lehrveranstaltungen die übliche Bandbreite an Themen abdecken: Von allgemeiner Steuerlehre über Personalmanagement bis hin zu Unternehmens-Controlling.
- Einblick in die Hintergründe der technischen, juristischen und regulierungsökonomischen Zusammenhänge der Energie- und Wasserwirtschaft.
- Ergänzung des Vorlesungsbetriebes durch Projekt- und Gruppenarbeiten, Gastvorträge, Seminarreihen sowie Workshops mit Praxispartnern.
- Eine Besonderheit ist die jährlich stattfindende Ringvorlesung mit mehr als 20 hochkarätigen Referenten aus der Branchenpraxis.
- Über allem steht dabei das Lernziel, den Studierenden eine zentrale Kernkompetenz für Ihr späteres Berufsleben mit auf den Weg zu geben: sich sehr schnell in unbekannte Themengebiete einzudenken und Wesentliches in vorgegebenem Umfang herauszuarbeiten.
Das Curriculum des Bachelor-Studiengangs „Energie- und Wassermanagement“ sieht vor, dass das gelernte Wissen unmittelbar in der Praxis zur Anwendung kommt: Neben einem verpflichtenden 20-wöchigen Praxissemester werden Studierende dabei unterstützt, in ihren Semesterferien im Rahmen von zusätzlichen Praktika Einblicke in die Berufswelt zu erhalten. Zudem werden die Abschluss-Arbeiten regelmäßig in Kooperation mit Unternehmen der Energie- und Wasserwirtschaft angefertigt.
Das Studium kann in den Varianten Vollzeit, ausbildungs- oder praxisintegriert aufgenommen werden. Bei den beiden letztgenannten Alternativen wird der Studieninhalt mit paralleler Berufsausbildung inkl. IHK-Abschluss bzw. paralleler Tätigkeit in einem Unternehmen verknüpft. Dadurch wird ein fließender Übergang von der Hochschule in die Arbeitswelt gewährleistet.
Insgesamt kann sicher festgestellt werden, dass der Aufbau des Studienganges eine Besonderheit in der deutschen Hochschullandschaft darstellt. Er füllt die Ausbildungs-Lücke der Unternehmen in der Energie- und Wasserwirtschaft und gibt zukünftigen Fach- und Führungskräften mit einem breiten ökonomischen, technischen und juristischen Verständnis das notwendige Rüstzeug an die Hand. Damit können sie sich in vergleichsweise kurzer Zeit in den Unternehmen zurecht finden und haben gegenüber den klassisch ausgerichteten Hochschulabsolventen in den Bereichen Energie- und Wasserwirtschaft wichtige Kompetenzvorteile. Nachwuchskräfte und Unternehmen profitieren somit gleichermaßen von diesem Ansatz.
LebensraumWasser meint:
Ich kann diesen Studiengang und die Einbindung von Studenten nur empfehlen, da ich in meiner beruflichen Praxis die Vorzüge praxisorientierter Studenten aus diesem Studiengang der HRW zu schätzen gelernt habe. Damit handeln wir sicher nicht übereilt. Schließlich ist nicht zu übersehen, dass in Zukunft auch in der Wasserwirtschaft in Deutschland eine verstärkte Ökonomisierung Einzug halten wird. Der demographische Wandel wird an dieser Branche nicht vorbeigehen, zugleich steigen die Anforderungen. Die Parallelen zur Energiewirtschaft sind schon jetzt erkennbar. Noch ist die Regulierung in der Wasserwirtschaft nur ein Szenario. Wie schnell dieses Realität wird, ist kaum absehbar. Dann beginnt der „run“ auf qualifizierte Kräfte. Derartige Studiengänge bieten frühzeitig die Möglichkeit, Praxis und Wissenschaft schrittweise aneinander heranzuführen – mit Vorteilen für beide Seiten. Die Risiken sind kaum spürbar, die Chancen dagegen enorm.
Gibt es andernorts ähnliche Studienangebote?
Hier geht es zur Webseite des Studienganges: klick hier!
Hinterlasse jetzt einen Kommentar