Deutsche Hauswasserleitungen werden jetzt restlos bleifrei

Trinkwasserzapfstelle - Foto Gendries

Millionen US-Bürger könnten derzeit Gefahr laufen, Blei durch ihr Trinkwasser zu aufzunehmen. Neun Millionen bleihaltige Wasserleitungen soll es geben. In Deutschland gibt es laut Umweltbundesamt bundesweit noch ca. 15.000 Hausanschlussleitungen aus Blei. Deutlich unsicherer sei eine Schätzung über Bleileitungen in Gebäuden. In ca. 38.000 Gebäuden sollen noch Bleileitungen in der häuslichen Trinkwasserinstallation vorhanden – noch. Nicht viel angesichts von rund 19 Millionen Wohngebäuden, aber immer noch Zuviel. Denn Blei kann die Gesundheit beeinträchtigen.

Neue Grenzwerte für Blei im Trinkwasser

Die soeben veröffentlichte Studie des UBA liefert Daten für die neue Trinkwasserverordnung (TrinkwV), die vom Bundesrat schon vor Wochen beschlossen worden war und noch immer nicht veröffentlicht worden ist. Die TrinkwV folgt der EU-Trinkwasserrichtlinie. Danach soll der Grenzwert für Blei gesenkt werden. Sie halbiert den Grenzwert für Blei im Trinkwasser von 10 µg/l auf 5 µg/l – mit einer Übergangsfrist. Hier wird noch jede Menge Arbeit auf Installateure, Gesundheitsämter sowie Sachverständige zukommen. Auf die Betreiber und Eigentümer leider auch nicht unerhebliche Kosten, wobei nach Erkenntnissen des UBA die meisten betroffenen Gebäude eine ohnehin schon überalterte Trinkwasser-Installation aufweisen und daher auch diesem Gesichtspunkt her dringend sanierungsbedürftig sind. Am stärksten seien Thüringen, Hamburg und Berlin betroffen. In den restlichen Bundesländern läge der Anteil – je nach Aktivität der zuständigen Gesundheitsämter (!) deutlich niedriger. Baden-Württemberg und Bayern seien – historisch begründet – als „bleifrei“ anzusehen.

Restlos „Bleifrei“ für 100 Millionen Euro

Nach der letzten Grenzwertsenkung von Blei in Trinkwasser auf 10 μg/l wurden von vielen Wasserversorgern spezielle Austauschprogramme zu Hausanschlussleitungen aus Blei durchgeführt. (Info: Bei einer Hausanschlussleitung handelt es sich um die Verbindung zwischen der in der Straße verlegten öffentlichen Trinkwasserleitung und dem Haus bzw. dem darin verbauten Wasserzähler.) Damals waren ca. 44.500 Hausanschlussleitungen getauscht worden. Der aktuelle Restbestand von 15.000 Hausanschlussleitungen entspricht nur noch einem geringen Anteil verglichen mit den Daten von vor acht Jahren, stellt das UBA fest. Die Schätzung dieses Restbestands wird vom UBA als sehr sicher angesehen. Diesen im Zuge eines möglichen Verbotes von Bleileitungen in der Trinkwasserversorgung zu beseitigen, würde für alle Beteiligten jedoch mit höherem Aufwand verbunden sein. Betrugen die Kosten 2013 pro ausgetauschter Hausanschlussleitungen 1.900 €, so werden die Kosten nun auf 3.500 € geschätzt; da die Datenerhebung schon etwas länger zurückliegt dürften die Kosten deutlich höher liegen. Somit entstehen Gesamtkosten von etwa 50 Millionen Euro.

Bei der Schätzung der Bleileitungen in den häuslichen Trinkwasserinstallationen, also vom Wasserzähler bis zum Wasserhahn, wird von 38.000 Gebäuden ausgegangenen. Hier räumt das Umweltbundesamt allerdings einen höhere Datenunsicherheit ein.

Die anfallenden Kosten für den Austausch oder die Stilllegung aller Bleileitungen in den Trinkwasserinstallationen der Gebäude wird auf 20 bis 60 Millionen Euro geschätzt. Allerdings dürften die Gesamtkosten deutlich höher sein, da viele Gebäude im Zuge des Ausbaus der Leitungen einer Teilrenovierung unterzogen werden dürften. Die Frage, ob es Installateure geben wird, die die Heizungsaufträge zugunsten einer Trinkwasserleitungssanierung – die vom Kunden ja auch nicht wirklich immer gewollt ist – zurückstellen werden, steht auf einem anderen Blatt.

Umweltbundesamt 2023

Bleileitungen erkennen

Um festzustellen, ob sich noch Bleileitungen im Haus befinden, sind folgende Maßnahmen hilfreich:

  • Kontrollieren Sie sichtbare Leitungen (z. B. im Keller vor und hinter dem Wasserzähler). Bleileitungen sind im Gegensatz zu Kupfer- oder Stahlleitungen weicher. Sie lassen sich mit einem Messer leicht einritzen oder abschaben und erscheinen silbergrau.
  • Fragen Sie bei Ihrem Vermieter, Hausverwalter oder Hauseigentümer nach, wann die Wasserleitungen installiert wurden und aus welchem Material sie sind.
  • Im Zweifelsfall kann eine fachgerechte Labormessung Aufschluss über die Bleibelastung des Trinkwassers geben. Solche Messungen sind jedoch kostenpflichtig. Lassen Sie vor der Probenentnahme das Wasser mindestens vier Stunden in der Leitung stehen. Die reinen Laborkosten betragen circa 15 Euro, bei Probenentnahme durch eine anerkannte Untersuchungsstelle fallen circa 50 bis 100 Euro an. Ihr örtliches Gesundheitsamt berät Sie zur der Probenentnahme.

Die Gefahren bei Blei im Trinkwasser

Das Trinkwasser in älteren Häusern mit Wasserrohren aus Blei kann erhöhte Bleigehalte aufweisen und dadurch gesundheitsgefährdend sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn das Wasser längere Zeit in Bleirohren gestanden hat (z. B. über Nacht). Gesundheitlich bedeutend ist vor allem die schleichende Belastung durch regelmäßige Aufnahme kleiner Bleimengen. Sie beeinträchtigt die Blutbildung und Intelligenzentwicklung bei Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern. Besonders empfindlich auf Blei reagiert das sich entwickelnde kindliche Nervensystem. Beim Erwachsenen wird Blei ausgeschieden oder in den Knochen eingelagert. Es kann von dort aber wieder ins Blut gelangen (z. B. während der Schwangerschaft).

Wichtig für Mieter: der Vermieter und Hauseigentümer ist verpflichtet, das Wasser in einem genusstauglichen und nicht gesundheitlich beeinträchtigenden Zustand bereit zu stellen. Das Wasser muss die gesetzlichen Normen einhalten. Im Zweifel sollte das Gesundheitsamt benachrichtigt werden.

Beispiel für die Bleibekämpfung in Trinkwasserleitungen

Wie kann das Blei in den Trinkwasserleitungen bekämpft werden? Ein Beispiel ist das „Frankfurter Bleiprojekt“. Aber auch WVU untersuchen teils auf eigene Kosten das Trinkwasser an den Entnahmestellen ihrer Kunden, um besonders vulnerablen Personen (Schwangere, Kleinkinder) zu schützen, so zum Beispiel die Berliner Wasserbetriebe.

Das „Frankfurter Bleiprojekt“ wurde 1997 gestartet, indem pro-aktiv alle Gebäudeeigentümer in Frankfurt angefragt wurden, ob es bei ihnen noch Bleileitungen in der Trinkwasser-Installation gibt. Bereits beim geringsten Zweifel wurde daraufhin eine Probennahme auf Kosten des Gebäudeeigentümers veranlasst. Ziel war es, binnen 10 Jahren alle Bleileitungen auszutauschen. Das Nicht-Nachkommen der Aufforderung, identifizierte Bleileitungen auszutauschen, wurde als Straftatbestand gewertet. Mit den Senkungen des Bleigrenzwertes 2003 und 2013 wiederholte das örtliche Gesundheitsamt dieses Vorgehen und konstatierte bereits 2010, alle Bleileitungen ausgetauscht zu haben.

In den USA ist Blei im Trinkwasser ein Thema für Präsident Biden

Die USA haben eine desolate und in Teilen völlig veraltete Infrastruktur im Wassersektor. Da kann es nicht überraschen, dass es auch noch im erheblichen Maße Bleileitungen gibt. Die Biden-Regierung hatte die US-amerikanische Umweltbehörde EPA beauftragt, ähnlich wie das UBA in Deutschland, eine Bestandsaufnahme zu bleihaltigen Trinkwasserleitungen durchzuführen. Die Umfrage und Bewertung des Trinkwasserinfrastrukturbedarfs der EPA richtete sich an 3.600 Betreiber von öffentlichen Trinkwasserversorgern. Dabei muss man wissen, dass es in den USA ingesamt über 50.000 Versorgungssysteme in öffentlicher und privater Hand gibt. Viele davon befinden sich selbst in einem wirtschaftlich kritischen Zustand und haben die Instandhaltung ihrer Anlagen stark vernachlässigt. Auch deshalb hat Vereinigung der Ingenieure die Trinkwasserversorgung in den USA auf stark sanierungsbedürftig eingestuft. 

Vizepräsidentin Kamala Harris erklärte zum Zeitpunkt der Ankündigung, dass „es keinen Grund gibt“, warum Millionen von Menschen immer noch Bleibelastungen durch Trinkwasserleitungen ausgesetzt sein sollten. Nach Angaben des Weißen Hauses erhalten bis zu 10 Millionen Haushalte ihr Trinkwasser über Bleileitungen. Zudem sind in den USA über 400.000 Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sind den Daten zufolge ebenfalls von Blei bedroht. Die Biden-Administration hatte bereits 2021 angekündigt, 15 Milliarden Dollar aus dem Infrastrukturgesetz verwenden, um alle Bleiwasserleitungen im Land innerhalb des Jahrzehnts zu ersetzen. In Deutschland tragen die Kosten die Wasserversorger und Gebäudebesitzer – zumindest war nichts Gegenteiliges zu erfahren

Quellen Weiterführendes

Beitragsfoto: Gendries

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