BUND fordert mehr Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Wasserwirtschaft

Die Beregnung landwirtschaftlicher Flächen ist in vielen Regionen noch die Ausnahme, aber sie wird immer mehr zur Regel. Damit steigt angesichts einer vielerorts verringerten Grundwasserneubildung und sich abzeichnenden Trockenheit die Sorge, eine ineffiziente landwirtschaftliche Beregnung könnte das Grundwasserdargebot weiter verringern. Der BUND Bund für Umwelt- und Naturschutz e.V. ist daher mit seinem Standpunkt „Bewässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen“ quasi präventiv an die Öffentlichkeit getreten und fordert eine klimaangepasste Landwirtschaft und einen nachhaltigen Wassereinsatz. Auch wir, die Verbraucherinnen und Verbraucher, sind bei der Lösung gefordert.

Viele Probleme seien “hausgemacht“

Aufgrund des Temperaturanstiegs habe sich die Vegetationsperiode bereits um etwa fünfzehn Tage verlängert, leitet der BUND seinen „Standpunkt“ ein. Dadurch erhöhe sich der Wasserverbrauch der Pflanzen. Die gestiegenen Temperaturen und die höhere Verdunstung führten dazu, dass nur noch ein geringerer Anteil des Niederschlags für Versickerung und Grundwasserneubildung zur Verfügung stehe. Daran, so der BUND, trüge die landwirtschaftliche Praxis ein hohes Maß an Mitverantwortung. Über Jahrhunderte seien landwirtschaftliche Nutzflächen großräumig entwässert und Grundwasserstände abgesenkt worden. Der natürliche Schutz vor erhöhter Verdunstung durch starke Windexposition sei dem Ertrag zum Opfer gefallen. Auch hätten die Böden deutlich an Speicherfähigkeit verloren. Der Wald – eigentlich ein stabilisierender Faktor beim Grundwasser – verlöre angesichts seiner massiven Schwächung seine Schutzfunktion für den Wasserhaushalt. Begradigungen von Gewässern und Versiegelung von Flächen verhindern die lokale Versickerung. Einem geschädigten Wasserhaushalt zum Zwecke der landwirtschaftlichen Bewässerung die Ressourcen zu entziehen, sollte nicht vorbehaltlos möglich sein, so der BUND.

Umbau der landwirtschaftlichen Wasserwirtschaft

Die Landwirtschaft müsse sich zum Schutze der Umwelt an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen. Einem “weiter so“ erteilen die Umweltschützer eine Absage. Bei der Anpassung setzt der BUND Kernziele, bei deren Einhaltung Umwelt und Landwirtschaft gemeinsam profitieren dürften:

  • „Die Bewässerung darf sich nicht an Maximalerträgen auch bei besonders wasserbedürftigen Kulturpflanzen orientieren.
  • Sie ist am Wasserdargebot und den Standortverhältnissen unter Berücksichtigung der Anforderungen von wasserabhängigen Lebensräumen auszurichten.
  • Bei der Wahl der Kulturen ist darauf zu achten, dass sie Trockenheit und nasse Verhältnisse tolerieren. Die örtlichen Standortverhältnisse sind zu beachten.
  • Die Züchtung von Kulturpflanzen muss darauf ausgerichtet werden, dass sie zu besseren Toleranzen von Trockenheit und Überflutung führen. Dies ist aufgrund der komplexen genetischen Ausprägung von Stresstoleranz nur mit herkömmlicher klassischer Züchtung möglich.“

Einhaltung der Wasserrechte konsequenter überwachen

Der BUND macht sich dabei die Herausforderungen der Landwirtschaft zueigen, zeigt Lösungen auf und fordert eine Flankierung von den Behörden ein. Die Landwirtschaft benötige Planungssicherheit bei der Bewässerung ihrer Flächen und des Wasserbedarfs. Das bedeute auch, dass die Behörden mehr Klarheit über die nutzbare Grundwasserneubildung schaffen müssten. Daher müsse das Monitoring der Grundwasserstände durch die Behörden deutlich intensiviert werden.

Die wasserrechtliche Regulierungen sollen, so der BUND, umfassender werden. Für alle Wasserentnahmen – nicht nur zum Zweck der landwirtschaftlichen Bewässerung und zur Tränkung von Tieren mit Ausnahme von Weidebrunnen – seien Wasserrechte zu erteilen. Jede Neuerrichtung oder Veränderung von Brunnen sei als Gewässerbenutzung wasserrechtlich zu behandeln. Auch Entnahmen aus Oberflächengewässern sollen einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfen. Sie dürfen im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht zu einer Verschlechterung des ökologischen Zustands führen. Erlaubt werden sollen nur noch solche landwirtschaftlichen Wasserentnahmen, für die der Bedarf nachgewiesen ist, ein ausreichendes Dargebot besteht und die Pflicht zur Verbesserung der Gewässer gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie erfüllen

Nicht nur der BUND kritisiert die unzureichende Überwachung der Einhaltung erteilter Wasserentnahmenrechte durch die zuständigen Behörden. Daher fordert der BUND eine intensivere Überwachung nicht nur der Mengen, sondern auch die Brunnentiefen. So greifen manche Landwirte zum Brunnenbohrer, um bei rückläufigen Grundwasserstände in tieferen Schichten das Wasser zu ziehen. Eine Missachtung der Vorgaben, soll nicht ohne Konsequenzen bleiben: Illegale bzw. nicht genehmigungskonforme Wasserentnahmen seien daher zu unterbinden und zu sanktionieren.

Dass landwirtschaftliche Flächen bewässert werden, erkennt man als Laie zumeist daran, dass die Großregner mit weithin sichtbaren Fontänen ihre Arbeit tun. Sie haben aber nicht nur den größten Wasser- und Energiebedarf, sie weisen gleichzeitig hohe Verdunstungsverluste auf, zumal sie nicht immer auch zur richtigen Tageszeit betrieben werden. Der BUND fordert, diese Verfahren durch wassersparende Bewässerungsmethoden zu ersetzen. Nicht überall und bei allen Früchten lassen sich die wassersparenden Tröpfchenbewässerungen einsetzen, aber dennoch gibt es neben den technischen und organisatorischen Anpassungen auch noch andere Lösungen, um die natürlichen Ressourcen zu schonen und dennoch ausreichend zu bewässern.

Es muss nicht immer Grundwasser oder Oberflächenwasser sein. Der BUND regt an zu prüfen, ob der Wasserbedarf für die landwirtschaftliche Bewässerung unter Beachtung der hygienischen und chemischen Qualitätsanforderungen mit gereinigtem und aufbereitetem Abwasser gedeckt werden kann. Dieses unter dem Stichwort “WaterReuse“ oder Wasserwiederverwendung laufende Vorgehen, ist in Israel und bei den europäischen Nachbarn wie Spanien, Italien, Griechenland, Zypern, Frankreich und Portugal essentiell. Sie nutzen aufbereitetes Abwasser bereits seit vielen Jahre zur Bewässerung. In Deutschland wird dem Verfahren angesichts der zunehmenden Konkurrenzen um die regional knapper werdende Ressource Wasser große Bedeutung beigemessen.

Ökonomische Anreizsysteme für eine nachhaltige Wassernutzung

Der BUND erneuert in diesem Papier auch seine Forderung, die Landwirtschaft in die Zahlungspflicht des Wasserentnahmeentgelts oder Wassercent einzubeziehen. Die Landwirte sollen, so versteht es der Verband, über den ökonomischen Anreiz des Entgelts und über die dafür erforderliche Erfassung der tatsächlich verbrauchten Wassermenge zum Wassersparen motiviert werden. Es gibt bekanntlich eine ganze Reihe an Bundesländern, in denen landwirtschaftliche Betriebe von der Zahlungspflicht des geltenden Wasserentnahmeentgelts ausgenommen sind. Der BUND fordert seit Jahren eine bundesweite Vereinheitlichung der Wasserentnahmeentgelte, die auf Landesebene erhoben werden, somit auch die Einbeziehung der Landwirtschaft in die Entgeltpflicht (siehe „Die Wasserentnahmeentgelte der Länder“ – BUND-Kurzgutachten, 2019, hier).

Fördermittel für die Klimaresilienz bereitstellen

In der finanziellen Förderung sieht auch der BUND Handlungsmöglichkeiten. So schlägt er eine Förderung aus Agrarmitteln vor, um den Wasserbedarf landwirtschaftlicher Kulturen zu reduzieren, den Einsatz wassersparender Bewässerungssysteme deutlich zu erhöhen und die Beschaffung und Bereitstellung von Bewässerungswasser zu erleichtern. Folgende Maßnahme sieht er im Förderkatalog:

  1. die Entwicklung klimaresilienter Pflanzen
  2. die (Wieder)herstellung von Landschaftselementen wie Hecken, mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Acker- und Gewässerrandstreifen und Teichen
  3. der Rückbau von Dränagen
  4. die Entwicklung bester verfügbarer Bewässerungspraktiken
  5. Beschaffung wassersparender Bewässerungssysteme
  6. die Einrichtung von Wasserbeschaffungs- und Bewässerungsverbänden (sofern sie die Zielsetzungen dieses Standpunktes unterstützen)
  7. Aufbereitungsanlagen für Brauch- und Abwasser
  8. die Anlage von naturnahen Speicher- und Grünbecken
    zum Rückhalt von Niederschlagswasser.

Landwirtschaftliche Wasserwirtschaft mit künstlicher Intelligenz unterstützen

Gestern postete ich auf diesem Blog einen Gastbeitrag über das Projekt zur smarten Bewässerung beim Beregnungsverband Vorderpfalz. Dort spielen fernauslesbare Zähler eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Wassereffizienz. Darin sieht auch der BUND eine Lösung, in dem er fordert, „zur Erfassung des Wasserverbrauchs geeignete Zähler mit der Möglichkeit zur Fernübertragung einzusetzen.“ Dass die Digitalisierung in der Landwirtschaft bereits fest etabliert ist, läßt sich unschwer an den technisch hochgerüsteten Landmaschinen erkennen. „Die Landwirtschaft wird zu einer datengesteuerten Unternehmung“ – Satellitendaten, Sensoren, künstliche Intelligenz, computer added farming bestimmen die Landwirtschaft der Zukunft. Eine Aussage und Schlagworte, die nicht aus dem Silicon Valley, sondern aus in einer westfälischen Landgemeinde bei einem Gespräch mit einem benachbarten Landwirt stammen. Da ist es doch nur konsequent, dass bei der Ressource Wasser innovative Technologien und Systeme zum Einsatz kommen, die die Landwirte dabei unterstützen, den Verbrauch zu reduzieren. So können die Behörden bei der Überwachung, die Beregnungsverbände bei der Abrechnung der Wasserkosten und -entgelte ebenso wie bei der Steuerung der zeitlichen Verteilung der Wassernutzung mit Hilfe von Daten fernauslesbarer Zähler unterstützt werden. Damit könnte der Blindflug bei den Wasser-Nutzungsdaten auch in der Landwirtschaft ein Ende finden.

In der Verteilungskonkurrenz um die regional knapper werdende Ressource Wasser werden vermutlich jene Anspruchsteller am Ende den Zuschlag bekommen, die ihren Wassereinsatz effizienter gestalten und den Vorwurf einer Verschwendung entkräften können. Dieser Herausforderung werden sich auch die Landwirte stellen müssen. Viele von ihnen haben sie bereits angenommen und haben gute Erfahrungen sammeln können. Andere aber kämpfen mit dem „Rücken an der Wand“. Wer als Landwirt oder Gemüsebauer plötzlich bewässern muss, dafür Trinkwasser benötigt und 35.000 Euro Wasserkosten zusätzlich zu tragen hat, wie ein benachbarter Bauer der mir seine Erfahrungen schilderte, der wird sich intensiv mit den Einsparungsmöglichkeiten befassen. Andere aber warten noch ab. Diese brauchen Unterstützung. Wir brauchen die regionale Landwirtschaft und die Versorgung vor Ort. In vielen landwirtschaftlichen Anbauregionen im Ausland steht die Frage der Wasser-Nachhaltigkeit gar nicht erst auf der Agenda – obwohl die Wasserknappheit und die Trockenheit dort um ein Vielfaches größer sind. Hierzulande sollte die Umstellung und wasserwirtschaftliche Anpassung der Landwirtschaft als gesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Auch wir VerbraucherInnen sollten uns mehr für den Wassereinsatz in der Nahrungsmittelproduktion und in der Landwirtschaft interessieren. Viele Landwirte, Obst- und Gemüseanbauer, so meine Erfahrung in der Soester Börde, sind dankbar dafür, wenn wir ihnen zuhören, uns mit ihren Probleme auseinandersetzen – und regional kaufen.

Wer sich für die vielen weiteren guten Vorschläge des BUND interessiert, wird im Standpunkt „Bewässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen“ hier fündig.

Bei der Einschätzung des „Wasserverbrauchs im Einkaufswagen“ hilft die Dokumentation des BR, Unser großer Wasser-Fußabdruck Virtuelles Wasser fließt in Warenströmen

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