Bumerang-Effekt von Altmedikamenten im Abwasser

In Deutschland werden jährlich rund 31.000 Tonnen Arzneimittel eingenommen. Sie sollen eigentlich heilen. Doch sie können auch schädlich sein und wirken, wo sie eigentlich nicht wirken sollten. Wenn Menschen Antibiotika, Hormone oder Schmerzmittel eingenommen haben, kann der Körper die Wirkstoffe nicht vollständig verwerten. Sie landen stattdessen im häuslichen Abwasser und kommen durch die Kanalisation in Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen und können letztendlich auch ins Trinkwasser gelangen. Dieses Problem will unter anderem ein soeben angekündigtes Forschungsprojekt am Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien (UFT) der Universität Bremen nun lösen. Mit 189.000 Euro fördert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) das Entwickeln eines neuartigen Biokohle- und Pflanzenfilters, der Arzneimittelreste in Kleinkläranlagen vernichtet, berichtet die DBU in einer Pressemitteilung.

Der Bedarf ist sicher gegeben. Über 3.000 verschiedene Medikamenten-Wirkstoffe sind in Deutschland zugelassen. Viele dieser Substanzen und Hormone sind so resistent, dass sie bislang kaum oder gar nicht aus dem Wasser gefiltert und über die Kläranlagen in den Wasserkreislauf geraten können, wenn sie ausgeschieden oder in der Toilette entsorgt werden. Daraus erwächst ein großes Problem für Umwelt, Mensch und Tier. Bakterien bzw. Krankheitserreger werden zunehmend resistent gegen Antibiotika, so dass die Medikamente ihre Wirksamkeit verlieren.

Wir Verbraucher müssen uns bewusst sein, dass derartige Aufbereitungsanlagen nur eine nachsorgende Beseitigung von Medikamentenrückständen sein können und das Problem nicht vollständig, nur zu hohen Kosten und schon gar nicht nachhaltig lösen können. „End-of-pipe“ nennen das die Experten und fordern eine Vermeidung an der Quelle. Denn es geht auch einfacher. Nicht alle Medikamente finden über die nahezu unvermeidbaren natürlichen Ausscheidungen ihren Weg in das häusliche Abwasser. Trotz intensiver Aufklärung nutzen immer noch viele Patienten die Toilette oder den Ausguss als Entsorgungspfad für die nicht mehr benötigten Tabletten, Salben oder Tropfen. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, dass trotz bester Technologie vermutlich immer ein unvermeidbarer Rest von Wirkstoffen im eigentlich geklärten Abwasser verbleiben und in die natürlichen Gewässer gelangen wird. Dieser Teil muss – wenn er mit vorhandenen Analysemethoden überhaupt entdeckt wird – zu hohen Kosten von den Wasserversorgungsunternehmen aus dem Rohwasser entfernt werden, um die Trinkwasserqualität zu wahren. Nicht jeder Wasserversorger verfügt über die geeignete Technologie oder kann sich die Nachrüstung leisten. Und wenn doch münden die Kosten letztendlich zudem noch in höheren Wasserpreisen und Medikamentenreste im Trinkwasser.

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