Am 8. Juni ist der World Oceans Day, der Internationale Tag des Meeres. Das ist der Tag im Jahr, an dem die Vereinten Nationen und mit ihr alle UnterstützerInnen darauf aufmerksam machen, dass die Ozeane bedeutend für die Ernährung, Gesundheit, das Weiterbestehen allen Lebens und für das Klima sind. Wir alle müssen sie gemeinsam schützen und den Lebensraum erhalten.
Mit LebensraumWasser unterstütze ich gemeinsam mit 78 anderen Institutionen in Deutschland die UN-Ozeandekade. Wir setzen uns aktiv für die Erforschung, die nachhaltige Nutzung und den Schutz des Meeres ein. Damit tragen wir zur Erreichung des Ziele der Vereinten Nationen bei.
Bei meinen Recherchen zum Lebensraum Ozean war ich auf ein Buch gestossen, das ich meiner Leserschaft an Herz legen möchte: „Outlaw Ocean – Die gesetzlose See“ ist ein auf Recherchen des Investigativ-Journalisten Ian Urbina basierender „packender Augenzeugen- und Erlebnisbericht und zugleich ein kenntnisreiches Porträt unerschrockener Idealisten, skrupelloser Kapitäne und brutaler Geschäftemacher auf den Weltmeeren“. Auf 600 Seiten beschreibt und beklagt Urbina seine eigenen Erfahrungen in 15 Geschichten mit den unterschiedlichsten Facetten des Lebens im und auf dem Meer und das Versagen der Weltgemeinschaft beim Schutz des Lebensraumes Ozean.
„Zu einer Zeit, in der wir immer mehr über die Welt um uns herum wissen und so vieles ständig zur Hand haben oder es nur einen Klick entfernt ist, sind unsere Erkenntnisse über das Meer erstaunlich gering. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in maximal 160 Kilometern Entfernung zum Meer, und Frachtschiffe transportieren etwa 90 Prozent aller auf der Welt verkauften Waren. Über 56 Millionen Menschen weltweit arbeiten auf Fischerbooten und weitere 1,6 Millionen auf Frachtern, Tankern und anderen Handelsschiffen. Trotz allem wird nur sehr selten über diese Welt berichtet, abgesehen von gelegentlichen Artikeln über somalische Piraten oder gewaltige Ölkatastrophen. Für die meisten von uns ist das Meer nur eine Fläche, über die wir mit dem Flugzeug fliegen, eine gewaltige Leinwand aus hellen und dunklen Blautönen. Obwohl es gewaltig und allmächtig wirkt, ist es doch anfällig und verletzlich, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass Gefahren für die Umwelt weitreichend sind und sich nicht an die willkürlichen Grenzen halten, die Kartografen im Laufe der Jahrhunderte auf den Meeren gezogen haben“, berichtet der Journalist und Pulitzerpreisträger.
Die Ozeane sind die wildesten, gefährlichsten Gegenden unseres Planeten, unwirtlich und unkontrollierbar. Ian Urbina hat auf jahrelangen Recherchereisen Piraten, Söldner, Wilderer, Schmuggler und Sklaven aufgespürt, Umweltschützer und -verschmutzer in Aktion erlebt und seine Erfahrungen in diesem Buch dokumentiert. Urbina deckt auf, wie kriminelle Banden auf der Hochsee mit illegalem Fischfang Milliarden verdienen, ihre Mannschaft ausbeuten und sich immer wieder den Behörden entziehen. Er beschreibt, wie der Lebensraum Meer von den Menschen wegen seiner schier unerschöpflich erscheinenden Ressourcen ausgeschöpft – vielmehr ausgebeutet – wird, ohne dass Gesetze dem Einhalt gebieten. Und wenn sie es könnten, gibt es keine Verfolgungsbehörden, die dem illegalen Treiben Einhalt gebieten können – vielmehr wollen. Die Meere sind „Outlaw Ocean“. Mit den nachfolgenden Auszügen aus dem Buch möchte ich für die Lektüre werben.
„Der Meeresgrund ist nicht nur der am wenigsten überwachte Bereich unseres Planeten, sondern auch eine Welt, bei der Wissenschaftler, Naturschützer, Industrie und Regierungen regelmäßig um Zugang und Kontrolle kämpfen. Und doch haben wir den Nachthimmel genauer auf Karten verzeichnet als die Tiefen des Ozeans. Die Rechtlosigkeit mag bereits auf hoher See weit verbreitet sein, doch in den Tiefen des Meeres gibt es noch gewaltigere Lücken – sowohl im herkömmlichen Sinne des Wortes als auch in seiner gesetzlichen Bedeutung.“
„Seit Jahrhunderten gilt den Menschen der Ozean als eine Metapher für die Unendlichkeit. Man nahm an – und viele tun das immer noch –, dass das ungeheure Ausmaß des Meeres mit der grenzenlosen Fähigkeit einhergehe, alles aufzunehmen und abzubauen. Diese unermessliche Weite verleiht dem Ozean gottähnliche Möglichkeiten. Und von ebendieser Weite leiteten wir über Jahre die Lizenz dafür ab, praktisch alles vor den Küsten zu entsorgen. Öl, Abwasser, Leichen, Chemikalien, Müll, Militärgeschütze und sogar auf hoher See errichtete Aufbauten wie Bohrinseln verschwanden im Meer, als würden sie von einem schwarzen Loch verschluckt und danach nie wieder auftauchen.“ Ian Urbina berichtet in seinem Buch davon, dass Schiffe illegal jährlich mehr als 300 Millionen Liter öliges Bilgewasser und Motorschlamm ins Meer ableiten.“ Nicht nur obskure Seelenverkäufer, schrottreife Rostlauben der Meere, zählen zu den von Urbina entlarvten Tätern, sondern auch Kreuzfahrtschiffe, deren Reedereien dank des anhaltenden Tourismus-Hypes vom vermeintlichen Luxusurlaub auf dem Meer Milliarden verdienen, aber um Kosten zu sparen, die Rückstände jeglicher Art in die Meeren verklappen.
„Einer von fünf Fischen auf unseren Tellern aus illegaler Fischerei, und der weltweite Schwarzmarkt für Meeresfrüchte hat einen Wert von über 20 Milliarden US-Dollar“, lese ich im „Outlaw Ocean“ und weiter: „Ein Großteil der weltweiten Fischbestände ist aufgrund von Überfischung gefährdet. Einige Studien sagen voraus, dass es bis 2050 mehr Plastikabfälle im Meer geben wird als Fische, wenn man nach dem Gewicht geht. Die Meere werden geplündert und leer gefischt, weil die meisten Regierungen weder die Absicht noch die Ressourcen haben, um sie zu schützen.“
Als wären die Tragödien um den illegalen Fischfang nicht schon dramatisch, die damit verbundene Sklaverei übertrifft sie noch. „Die Fischerboote auf dem Südchinesischen Meer, insbesondere jene der thailändischen Flotte, waren seit Jahren dafür berüchtigt, sogenannte Seesklaven zu beschäftigen, bei denen es sich vor allem um Migranten handelte, die durch Schulden oder Druckausübung auf die Schiffe gezwungen worden waren. Die schlimmsten Schiffe waren die langen Schlepper, die oft Hunderte von Kilometern von der Küste entfernt auf Fischfang gingen und manchmal länger als ein Jahr auf dem Meer blieben, während Mutterschiffe Proviant lieferten und den Fang an die Küste brachten.“ Es gibt noch viele derartige Berichte, denen ich nur dank dieses Buches auf die Spur kam. Sie haben mich nicht nur nachdenklich gemacht, sondern auch das Bedürfnis geweckt, darüber zu berichten und mit den mir als Blogger zur Verfügung stehenden Mitteln einen kleinen Beitrag dagegen zu leisten.
Statt zu einer Online-Buchhandlung verlinke ich hier zum Outlaw Ocean Project. Dies ist eine gemeinnützige Journalismus-Organisation mit Sitz in Washington D.C., die investigative Geschichten über Menschenrechte, Arbeit und Umweltbelange auf den Weltmeeren produziert.
Hier geht es zur Website der UN-Ozeandekade
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