Wie Hessens Kommunen gegen Wassernotstand kämpfen

Beim „Wassersparen“ gibt es nicht nur ein Hotspot-Bundesland, aber Hessen gehört ganz sicher mit an die Spitze der Wasser-Stressregionen. Das Grundwasser wird dort knapp und knapper. 95 Prozent des Wassers stammen in Hessen aus dem Untergrund. Weil die Niederschläge ausgeblieben sind, fehlt der Nachschub für die wichtige Ressource. Eine wachsende Metropolregion Frankfurt/M. und die anhaltende Trockenheit steigern den Wasserdurst und die Konflikte um das Wasser. Den Haushalten, Unternehmen und Landwirten wird nichts anderes übrig bleiben, als mit weniger Wasser auszukommen. Dieses Thema hatte Hessische Rundfunk gestern aufgegriffen und hat mich als „bloggenden Wasserexperten“ für die TV-Sendung „Hessenschau“ (hs) gefragt, was geschehen sollte, um die Wasserknappheit in den Griff zu bekommen und was die Gründe für das Dilemma in Hessen sind. Nachfolgend der hs-Fernsehbeitrag (auf YouTube) und die Quellen zu den darin enthaltenen Statements von mir.

„Wasserampeln“ bevor der Wassernotstand droht

Ohne “Wassersparen“ wird es in Hessen nicht gehen – und sei es nur temporär und lokal. Solange die Ressourcen knapper werden, wird die Reduzierung des Gesamtwasserverbrauchs alternativlos sein. Wasserspartipps häufen sich aktuell. Ganz oben auf der Agenda: die Gartenbewässerung. Die Messung der Bodenfeuchte und der Blick auf den Regenradar helfen, den Bedarf richtig einzuschätzen. Regenwassernutzung und Tröpchenbewässerung sind Wege, um die Ressourcen zu schonen. Damit die Verbraucher wissen, dass etwas getan werden muss, bedarf es aber einer transparenten und glaubwürdigen Information. Grundwasser ist unsichtbar, anders als bei Flüssen und Talsperren, sieht man die Vorräte nicht und ihre Auffüllung benötigt deutlich mehr Zeit – wenn überhaupt genug Niederschläge fallen, um die Reservoirs im Untergrund wieder zu füllen.

In zahlreichen hessischen Kommunen informieren die Kommunen in mehreren Schritten. Städte und Wasserversorger wie Kronberg, Taunusstein, Oberursel oder die OVAG haben seit einiger Zeit eine “Wasserampel“ im Einsatz, um ihre Bürgerschaft über die Anspannung der Wasservorräte zu informieren. Bei gelb und rot sollen bestimmte Nutzungen insbesondere im Garten oder bei der Befüllung von Platsch- und Schwimmbecken unterlassen werden. Wenn das nicht reicht, wird der “Wassernotstand“ ausgerufen. Dann wird nicht empfohlen, sondern verboten. „Die Gefahrenabwehrverordnung verbietet dann, bis auf wenige Ausnahmen, zusätzlich zu den oben beschriebenen Einspargeboten im Prinzip jegliche Entnahme von Trinkwasser, die nicht der Körperpflege oder Zubereitung von Mahlzeiten dient“, heißt es beispielsweise in Kronberg. „Ordnungswidrigkeiten können dann mit einer Geldbuße bis 5.000,- Euro geahndet werden. Zusätzlich kann der Magistrat Sperrzeiten für die Trinkwasserbereitstellung festlegen.“ Von den Kommunen, die die Wasserampel einsetzen, war auf Anfrage zu erfahren, dass die Bürger erkennbar auf die Hinweise reagieren. Die Sensibilisierung für das Wasser ist demzufolge insgesamt angestiegen. Nachweisbar wie die Nachfragen nach Sondernutzungen bzw. die Verbrauchsdaten belegen. Wasserampeln werden auch in anderen Regionen gerade als Mittel der Wasserkommunikation geprüft. Ich begleite gegenwärtig ein solches Projekt im Rahmen meiner Kommunikationsberatung. Mehr dazu in einem folgenden Beitrag.

„Wassersparen“ in Hessen aktuell besonders gefragt

Ein Blick auf Google Trends zeigt, dass das Thema Wassersparen gerade jetzt „trended“. In den vergangenen fünf Jahren gab es zu keinem Zeitpunkt mehr Suchklicks auf “Wassersparen“ als in diesen Tagen. Die Suchklicks belegen das dringende Informationsinteresse der Internetnutzer an dem Thema. Das dürfte auch in den kommenden Wochen so anhalten, denn die Medien haben das Thema Wasser in seiner ganzen Breite erfasst und berichten über die Gründe für den regionalen Wasserstress. Das ist wichtig, denn nur so gelingt die Sensibilisierung der Wassernutzer. Zwar hatten wir 2018 einen ähnlich heißen Sommer, allerdings waren damals die Grundwasserreservoirs noch weitgehend gut gefüllt.

Das ist aktuell anders: Ende Juni bewegten sich die Grundwasserstände in Hessen nur an 42 % der Messstellen auf einem durchschnittlichen Niveau. Rund 22 % der Messstellen wiesen unterdurchschnittliche Grundwasserstände auf. Sehr niedrige Grundwasserstände wurden an 29 % der Messstellen beobachtet. Überdurchschnittliche oder sehr hohe Grundwasserstände wurden an 2 % bzw. 1 % der Messstellen registriert. An 4 % der Messstellen lagen keine aktuellen Daten vor. Im Vergleich zum Vorjahr lagen die Grundwasserstände Ende Juni an 57 % der Messstellen auf einem niedrigeren Niveau als vor einem Jahr, an 33 % der Messstellen wurden höhere Grundwasserstände als vor einem Jahr beobachtet. Und der Trend ist weiter rückläufig, wie das Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) erklärt.

Behörden erwarten kaum Entspannung bei Grundwasservorräten in Hessen

Die Gewässerexperten vom HLNUG rechnen im weiteren Verlauf des Sommerhalbjahres (Mai bis Oktober) mit jahreszeitlich bedingt weiter rückläufigen Grundwasserverhältnissen. Entscheidend sind die hitzebedingt hohe Verdunstung und der Wasserbedarf der Pflanzen, womit kaum etwas vom Niederschlag im Grundwasser ankommt. Daher hält das HLNUG es kommenden Wochen für unwahrscheinlich, dass Niederschläge überhaupt zur Grundwasserneubildung führen können. Hierfür wären länger andauernde und ergiebige Niederschläge in Form von Landregen notwendig. Sollte die trockene und warme Witterung sich in den nächsten Wochen fortsetzen, wird sich die Niedrigwasserlage ausweiten. Zwischenfazit: Es bleibt weiterhin angespannt. Eine nachhaltige Erholung der Grundwasserspeicher in Hessen ist vermutlich erst wieder im kommenden hydrologischen Winterhalbjahr möglich. Um die bestehenden Defizite im Grundwasser auszugleichen, reichen nicht die Niederschläge einiger Wochen, sondern es wären vermutlich zwei neubildungsreiche Nassjahre in Folge erforderlich.

Zukunftsplan Hessen beschlossen. Kommunale Wasserversorgungskonzepte sind gefragt

Die Hessische Landesregierung hat mit Blick auf die Klimakrise am 12.7.2022 den Zukunftsplan Wasser beschlossen und veröffentlicht. Damit wurde, so die Landesregierung, ein Meilenstein erreicht, um die Wasserversorgung und die Wasserressourcen in Hessen langfristig zu sichern. Zu den im Zukunftsplan benannten Maßnahmen zählen unter anderem die Förderung der Grundwasserneubildung durch Retention und Versickerung im Sinne einer Schwammstadt, der Schutz des Grundwassers vor Schadstoffeinträgen, um Knappheit durch Verschmutzung zu verhindern oder der Ausbau von kommunenübergreifenden Verbundsystemen, die zur Sicherstellung der Wasserversorgung in Trockenperioden beitragen. Auch die Mobilisierung von Einspar- und Ersatzmöglichkeiten von Trinkwasser, wie beispielsweise die vermehrte Nutzung von Betriebswasser, sind thematisiert.Bis Ende diesen Jahres erhalten hessische Kommunen vom Land Fördermittel für die Erstellung von kommunalen Wasserversorgungskonzepten. Damit sollen sie ihre Daseinsvorsorge klimaresilienter machen. Mit dazu gehören werden sicherlich auch investive Maßnahmen wie Verbundsysteme und Speicher. Allein darauf zu setzen, den Trinkwassernotstand auszurufen, dürfte etwas kurz gesprungen sein. Denn es gibt Juristen, die berechtigt erscheinende Zweifel daran haben, dass die Kommunalverantwortlichen nur zu Verboten greifen müssen, um die Lage in den Griff zu bekommen. Der Wasserrechtsexperte Prof. Michael Reinhardt, Leiter des Instituts für Wasserrecht der Universität Trier, kommt in einer Befassung mit dem Thema zu dem Schluss, “Verfassungsrechtlich problematisch könnte im Einzelfall beispielsweise eine Verordnung zum Schutz der Trinkwasserressourcen sein, bei der der Eingriff in die Grundrechte der Bürger nur deswegen erforderlich ist, weil die zuständige Gemeinde ihrem Versorgungskonzept eine nicht zureichende Bedarfsplanung auch für den absehbaren Ausnahmefall zu Grunde gelegt hat.”  Insoweit werden die Kommunen ggf. den Nachweis erbringen müssen, dass sie ausreichend Vorsorge getroffen haben, um eine derartige Handlungsoption auszuschließen.

Quellen

Grundwassersituation im Juni 2022, Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) (Abruf 21.7.2022)

Wasserampel Kronberg (Abruf 12.7.2022)

Zukunftsplan Wasser, Hessen (Abruf 12.7.2022)

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