Die globale Zunahme der Rechenzentren bringt bedeutende Chancen, aber auch komplexe Herausforderungen für die Wasserressourcen mit sich. Welche Risiken damit verbunden sind und welche Lösungen sich abzeichnen, beschreibt dieser Beitrag. (Lesezeit 6 Minuten, Beitrag # 924)
Versicherer haben die Risiken der Rechenzentren im Fokus
Soeben hat Google angekündigt, 5,5 Milliarden Euro in Deutschland investieren zu wollen. Der Schwerpunktstandort Hessen dürfte die Wasserverteilungsfrage in dem nicht gerade von Wasserreichtum geprägten Bundesland weiter anheizen. In China wurde unlängst das erste kommerzielle Unterwasser-Rechenzentrum in Betrieb genommen. Es befindet sich vor der Küste von Shanghai und nutzt Windenergie sowie das Meerwasser zur Kühlung. Damit kann Deutschland nicht punkten. Der Gründer und CEO von Amazon, Jeff Bezos, sieht innerhalb der nächsten zehn bis 20 Jahre sogar erste Rechenzentren im Weltraum.
Auf die größten Herausforderungen und Risiken beim Bau und Betrieb von Rechenzentren weist die ALLIANZ COMMERCIAL in ihrer soeben erschienenen Analyse „Der Datacenter-Boom – Risikotrends im Kontext des weltweiten Ausbaus der Rechenzentrumsinfrastruktur“ hin. Darin enthalten ist verständlicherweise auch das Thema Wasser. Durch den hohen Kühlbedarf verbrauchen große Rechenzentren bis zu 20 Millionen Liter Wasser am Tag. Der weltweite Temperaturanstieg stellt ein Risiko für mehr als die Hälfte der weltweit führenden Rechenzentrumsstandorte dar. Allerdings halten die großen Betreiber ihre Wasserverbräuche als Betriebsgeheimnisse zurück.
Geheimniskrämerei beim Ressourcenverbrauch
In Europa lässt die Nachhaltigkeitsberichterstattung künftig eine „Wasser-Transparenz“ erwarten – es sei denn, US-Präsident Trump „verhandelt“ Ausnahmeregelungen für die US-Techs, allen voran den globalen Marktführern Meta, Microsoft, Google und Amazon.
Im Juli 2025 kündigte der Gründer und CEO von Meta, Mark Zuckerberg, an, dass sein Unternehmen „hunderte Milliarden von Dollar in den Aufbau von Recheninfrastruktur für die Entwicklung einer Superintelligenz“ investieren würde. Metas erstes Datacenter in Gigawatt-Größe (Prometheus) soll 2026 ans Netz gehen. „Wir bauen noch viele weitere Titan-Cluster“, schrieb Zuckerberg auf der Social-Media-Plattform Threads. „Schon eines davon würde fast die Fläche von Manhattan einnehmen.“

(Q: Zuckerberg)
Ausfälle drohen infolge extremer Hitze und Wasserknappheit
Rechenzentren erzeugen viel Wärme, und die Chipdichte nimmt zu. Das führt zu höheren Temperaturen, die eine stärkere Kühlung erfordern. Große Rechenzentren verbrauchen bis zu 19 Millionen Liter Wasser am Tag – so viel wie eine Stadt mit 10.000 bis 50.000 Einwohnern. Manche Studien kommen auf 25 Millionen Liter oder Äquivalenz-Größenordnungen von Großstädten. Zwar entwickelt sich die Kühltechnologie, aber die Herausforderung steigt in dem Maße, wie die Hitze in Folge des Klimawandels zunimmt. Hier sehen die Risikoexperten der ALLIANZ COMMERCIAL auch eine Achillesferse der Rechenzentren.
„Direct Liquid Cooling (DLC)-Technologien wie die immersive Kühlung mit dielektrischen Flüssigkeiten können eine Alternative zur Nutzung von Kühlwasser zur Temperatursteuerung darstellen“, sagt Don Cockrill, Senior Risk Consultant, Property, bei Allianz Risk Consulting. „Es ist eine relativ neue Technologie, bei der Server nicht mithilfe von Kühlwasser gekühlt werden, sondern in eine nicht leitende Flüssigkeit getaucht werden.“
Denn in Zeiten extremer Hitze können sich Betreiber von Rechenzentren gezwungen sehen, Server abzuschalten, um Schäden durch Überhitzung zu vermeiden. Dies könnte zu Leistungsabbrüchen und längeren Unterbrechungen führen. Während der Hitzewelle in Großbritannien im Juli 2022 sahen sich Google und Oracle gezwungen, ihre Rechenzentren offline zu nehmen. In den USA führten extreme Temperaturen im September 2022 zu einem schwerwiegenden Ausfall im Rechenzentrum von Twitter in Kalifornien.
Einer Studie des Risikoanalyseunternehmens Verisk Maplecroft zufolge werden rund drei Viertel der weltweiten Rechenzentren jedes Jahr über längere Zeiträume einen erheblichen und steigenden Kühlbedarf decken müssen, was zu einem höheren Wasser- und Energieverbrauch führt. Derzeit sieht jedes zweite der global 100 führenden Rechenzentren ein „hohes“ oder „sehr hohes“ Risiko für eine stark ansteigende Anzahl an Tagen mit ausserordentlichem Kühlungsbedarf. Demzufolge werden diese 100 in den 50 Jahren von 2030 bis 2080 einen Anstieg der extremen Kühlungstage um der 80 Prozent verkraften müssen. Rechenzentren tragen zum Klimawandel bei und leiden letztendlich unter den von ihnen mitverursachten Folgen – eine gefährliche Spirale.
Wasserschäden und Unterbrechungen durch Leckagen
Wasserschäden in Rechenzentren können durch äußere Einflüsse oder Fehler in den Anlagen verursacht werden zum Beispiel durch eine Sprinkler- oder Kühlanlage oder durch Starkregenereignisse, bei denen die Fluten in die Anlagen eindringen. Rechenzentren werden zwar auf hundertjährliche Niederschlagsereignisse ausgerichtet und abgesichert, aber spätestens in Deutschland weiß man seit der Ahr-Katastrophe, was von derartigen Zeitrechnungen zu halten ist.
Im April 2023 gingen Google-Dienste in ganz Europa offline, als dessen Cloud-Zone europa-west9-a abgeschaltet wurde. Kunden, darunter das Mobilfunknetz Orange und der Videospielentwickler Ubisoft, waren Berichten zufolge von dem 24-Stunden-Ausfall betroffen. Der Ursprung des Problems war ein Brand, der durch ein Leck in einem Kühlsystem-Wasserleitung in einem von Google genutztem Rechenzentrum in Paris verursacht wurde.
Öffentliche Widerstände in den Standortregionen
Weltweit lehnen immer mehr Menschen in den betroffenen Regionen den weiteren Ausbau von Rechenzentren ab. Angesichts von Trockenheit und Nutzungskonkurrenzen erzeugt der hohe Wasserverbrauch neben der Belastung der Infrastruktur und die Umweltauswirkungen der ressourcenintensiven Anlagen für viel Widerstand. Dadurch sind auch schon Projekt gestoppt worden. Im globalen Maßstab sind dies aber Ausnahmen. Wer sich für die Städte und die dortigen Versuche, den Baus eines Rechenzentrums zu stoppen interessiert, wird in diesem früheren Blogbeitrag fündig: Rechenzentren und Wasser: Was Datennutzung mit Wasserkonflikten zu tun hat.
Selbst in dem von Trockenheit und hitzebedingten Waldbränden geplagten US-Bundesstaat Kalifornien, in dem dessen Gouverneur Gavin Newsom Mitte Oktober eine strengere Wasserregulierung gebilligt hat, wurden Rechenzentren von ihm mit Hinweis auf deren strategische Bedeutung von der Berichterstattungspflicht ausgenommen. Daher hat der Gouverneur sein Veto gegen einen Gesetzentwurf eingelegt, der Datenzentren im Bundesstaat verpflichtet hätte, ihren Wasserverbrauch offenzulegen.
Neue Kühltechnologien sind nicht risikolos – PFAS
Microsoft-Forscher haben in einer Studie nachgewiesen, dass eine spezielle Flüssigkeitskühlung, die sogenannte Two-Phase-Immersion-Cooling, die Umweltauswirkungen deutlich reduzieren kann. Die Studie ergab, dass innovative Kühltechnologien über ihren gesamten Lebenszyklus im Vergleich zur traditionellen Luftkühlung in Rechenzentren den Energieverbrauch um 15 bis 20 Prozent und den Wasserverbrauch um 31 bis 52 Prozent reduzieren können. Die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Lebenszyklusbewertung bewertete mehrere Parameter, darunter die Lieferkettenemissionen der Rechenzentrumsinfrastruktur und sogar deren eventuelle Entsorgung.
Die Forscher wiesen jedoch darauf hin, dass das Two-Phase-Immersion-Cooling derzeit auf flüssige per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) angewiesen sei, besser bekannt als „Ewigkeitschemikalie“, die in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten zunehmend unter regulatorischem Druck stehen. Der Einsatz dieser Technologie steht nicht nur im Widerspruch zu Microsofts Anstrengungen zur Reduzierung der Umwelteinflüsse, sondern könnte auch zukünftige Einschränkungen beim Betrieb der Anlagen mit der Technologie zur Folge haben.
PFAS als Problemstoff in Rechenzentren wird den Betreibern schon jetzt von Umweltschützern entgegengehalten. Die EU hat auch schon darauf reagiert. So zielt eine seit 2024 geltende EU-Verordnung darauf ab, die Verwendung von fluorierten Kältemitteln (F-Gase) wegen ihrer hohen Treibhauswirksamkeit und möglichen PFAS-Belastungen erheblich zu reduzieren.
Umgang mit Wasserrisiken in der Rechenzentrumsbranche
Die Rechenzentrumsbranche steht vor einer doppelten Herausforderung: Gewährleistung eines zuverlässigen Betriebs durch eine zuverlässige Kühlung bei gleichzeitiger Verringerung der Auswirkungen auf die lokalen Wasserressourcen. Die Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert einen ausgewogenen Ansatz, der verantwortungsvolle Ressourcennutzung, Engagement in der Gemeinschaft und fortschrittliche Technologie miteinander verbindet. Wie die auf Wassernachhaltigkeit spezialisierte US-Plattform WATERPLAN erklärt, orientieren sich führende Rechenzentrumsunternehmen bereites zunehmend an einer Reihe von Best Practices, wie nachfolgend beschrieben:
- Wassereffizienz: Rechenzentren müssen die Kühlung optimieren und gleichzeitig die Wasserbelastung minimieren. Strategien wie die Lufteinsparung und die Flüssigkeitskühlung im geschlossenen Kreislauf reduzieren den Frischwasserverbrauch. Bei ausgewogenen Verzicht auf den Wassereinsatz kommt die Hybridkühlung zum Einsatz, so dass die meiste Zeit des Jahres mit kühler Aussenluft und nur während der Hitzeperioden Wasser verwendet wird. Ein Ansatz insbesondere in wasserknappen Regionen.
- Zuverlässige Daten für Wasserrisikobewertungen: Zuverlässige Daten sind entscheidend für das interne Management von Wasserrisiken. Betreiber verwenden Instrumente zur Bewertung des Wasserrisikos, um die Bedingungen des Standorts zu bewerten, Bereiche mit hoher Belastung zu identifizieren und Strategien zur Standortauswahl und -minderung zu leiten.
- Wasserrecycling-, Wiederverwendungssysteme und alternative Wasserquellen: Rechenzentren verwenden Filtrations- und Reinigungstechnologien, um Kühlwasser in Kreislaufsystemen mehrmals wiederzuverwenden und so die Abwassermengen zu reduzieren und die Frischwasserressourcen zu schonen. Die Diversifizierung der Wasserversorgung mit redundanten Kühlsystemen, mehreren Zuleitungen, Brunnen vor Ort und Lagertanks verringert die Abhängigkeit von Wasser der kommunalen Versorger.
- Fortschrittliche Kühltechnologien: Innovationen wie Trockenkühlung und Flüssigkeitskühlung reduzieren oder eliminieren den Wasserverbraucher erheblich. Während einige Systeme den Energieverbrauch erhöhen, optimieren intelligente Steuerungen sowohl die Strom- als auch die Wassereffizienz. Das macht innovative Kühlungen zur Schlüsselstrategie, um die Abhängigkeit von der lokalen Wasserversorgung zu verringern.
- Kooperation mit lokalen Wasserinitiativen (NGOs): Führende Rechenzentren unterstützen lokale Wassereinzugsgebiete durch die Zusammenarbeit mit NGOs, Versorgungsunternehmen und Gemeinden bei Naturschutz- und Grundwasseranreicherungsprojekten (Replenishment). Microsoft verweist auf 49 Projekte weltweit mit über 61 Millionen Kubikmeter Grundwasseranreicherung im Rahmen des Water Stewardship. Dies soll den Verbrauch ausgleichen, die lokale Wassersicherheit verbessern und zur langfristigen regionalen Nachhaltigkeit beitragen.
- Engagement der Gemeinschaft: Offene Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen, Versorgungsunternehmen und Gemeinden schafft Vertrauen und sorgt für eine nachhaltige Wassernutzung. Rechenzentren fördern die öffentliche Transparenz, indem sie Nutzungsdaten teilen, sich Stewardship-Initiativen anschließen und regionale Wasserprojekte finanzieren. Die proaktive Auseinandersetzung mit den Anliegen der Gemeinschaft – wie z. B. Investitionen in die lokale Wasserinfrastruktur oder die Steigerung des Recyclings – hilft, eine „soziale Lizenz“ für den Betrieb und die Aufrechterhaltung des öffentlichen Vertrauens zu erhalten sowie zur Akzeptanz beizutragen.
Der letzte Punkt, die Datentransparenz, ist leider eine Herausforderung, für die es bislang nur wenige Best-Practices gibt.



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