Bei der Löschwasserversorgung sollte vor zwei Jahren mit der Novellierung des Landeswassergesetzes NRW Klarheit geschaffen werden. Der wirtschaftliche Schwebezustand sollte bereinigt werden. Viele Versorger erbringen wie selbstverständlich die Löschvorhaltung für die Kommunen, deren Aufgabe dies eigentlich wäre, nur bezahlt wurden die wenigsten dafür. Mit der Novelle des NRW-Landeswassergesetzes (LWG) vom 16.07.2016 waren die Kosten für Anlagen, die eine nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Löschwasserversorgung sicherstellen, bei den Wassergebühren ansatzfähig. Dafür sorgte der § 38 Abs. 1 S.1 Landeswassergesetz (LWG) i.V.m. § 39 LWG. Was aber machen die Unternehmen, die Preise erheben? Viele Fachautoren und die Verbände hatten dazu eine gleichermaßen klare wie auf den ersten Blick plausible Meinung: Die Preise dürfen auch die Löschwasserkosten beinhalten, und damit genauso behandelt werden wie die Gebühren.
Dieser Sichtweise wollte man sich in Düsseldorf nicht so ohne weiteres anschliessen. Der NRW-Landtag sah sich durch eine Zuständigkeitsfrage ausgebremst, denn das Vertragsverhältnis bei Wasserpreisen regelt die AVBWasserV, so etwas wie die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Wasserversorgung, und die liegt in der Regelungskompetenz des Bundes. Der Bund hat aber hat das Problem nicht im Blick, weil ausser NRW und Rheinland-Pfalz alle anderen Bundesländern diese Pflichtenübertragung bei Löschwasser gar nicht kennen – noch nicht, vielleicht. Aber es bestand bei allen Experten weitgehend Einvernehmen dahin, dass unterschiedliche Kostenregelungen für die Erhebung von Benutzungsgebühren und privatrechtlichen Entgelten nicht sachgerecht seien. Also musste gehandelt werden.
Landeskartellbehörde NRW läßt Gebühren-Preis-Analogie und Pauschalkostenansatz grundsätzlich zu
In einer konzertierten Aktion haben der VKU, der BDEW und der Städte- und Gemeindebund NRW, nach einer Lösung gesucht, die auch eine Einbeziehung von Vorhaltekosten für Löschwasseranlagen in privatrechtliche Trinkwasserentgelte erlaubt. Das Ergebnis liegt jetzt vor. Die Verbände und die Landeskartellbehörde haben eine gemeinsame Klarstellung für die Versorger erarbeitet. Darin führt die Landeskartellbehörde aus: „Die Berücksichtigung der Kosten von leitungsgebundenen Anlagen zur Sicherstellung einer den örtlichen Verhältnissen angemessenen Löschwasserversorgung in der Wasserpreiskalkulation eines Wasserversorgers kann grundsätzlich als kartellrechtlich zulässig angesehen werden, soweit diese Aufgabe dem Wasserversorger von der Kommune im Wasserkonzessionsvertrag übertragen worden ist. Dafür wird folgende Formulierung vorgeschlagen: „Die Stadt XY überträgt der Stadtwerke XY GmbH im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung nach § 38 Abs. 1 S. 1 des Landeswassergesetzes NRW in der jeweils geltenden Fassung die Einrichtung und Unterhaltung von leitungsgebundenen Anlagen zur Sicherstellung einer den örtlichen Verhältnissen angemessenen Löschwasserversorgung. Die Kosten trägt die Stadtwerke XY GmbH. Die Anlagenkosten, die über die angemessenen Kosten i.S. des Satzes 1 hinausgehen, trägt die Stadt XY.“ Die Kartellbehörde NRW hält einen Anteil von ca. 3% der Gesamtkosten des Wasserversorgers für vertretbar. Mehrkosten sind grundsätzlich im Einzelfall nachzuweisen. Soweit der Ansatz von 3% an den Gesamtkosten der Kartellbehörde NRW nicht plausibel erscheint, sind die Kosten der Kartellbehörde NRW ebenfalls im Einzelnen nachzuweisen.
Für Verträge, die neu zur Freistellung vorgelegt werden, empfiehlt die Landeskartellbehörde eine entsprechende Ergänzung des Wasserkonzessionsvertrages. Soweit laufende Wasserkonzessionsverträge eine solche Vereinbarung nicht enthalten, bleibt dies seitens der Landeskartellbehörde unbeanstandet. Diesbezügliche Änderungen und/oder Ergänzungen des laufenden Wasserkonzessionsvertrages sind gebührenfrei. Eine Regelung in einer separaten Vereinbarung über die Löschwasserversorgung und die Anlagenkosten ist aus kartellrechtlicher Sicht ebenfalls nicht zu beanstanden, insbesondere wenn sie ausdrücklich Bestandteil des Wasserkonzessionsvertrages ist.“
Die Verbände führen in einem Mitgliederrundschreiben vom 27. Februar 2018 dazu aus: „Wir freuen uns, dass hiermit nunmehr der Weg zu einer sachgerechten Lösung in den Fällen einer Entgelterhebung in Form von Preisen eröffnet ist. Da es zu dieser Thematik bisher keine Rechtsprechung gibt, lässt sich – wie regelmäßig in diesen Fällen – allerdings zumindest nicht ausschließen, dass ein Gericht zu einem anderen Ergebnis käme. In den Fällen, in denen es bisher keine Regelung zur Löschwasserversorgung gibt, empfehlen wir, zumindest einen den Konzessionsvertrag ergänzenden Löschwasservertrag mit der Kommune abzuschließen.“ Soweit das Verbände-Rundschreiben.
Was geschieht mit den Sonderleistungen für einzelne Objekte? Mehr Transparenz ist gefordert.
Mit dieser Regelung wird auch eine andere Thematik, die bislang im Verborgenen schlummerte, ihren verdienten Stellenwert erlangen. Doch der Reihe nach: Kosten, die über „angemessene Anlagenvorhaltung“ hinausgehen, trägt gemäß Landeskartellbehörde die Kommune. Das ist konsequent, da damit die Kommune als Aufgabenträgerin der Löschwasserversorgung jene Mehrkosten trägt, die das Wasserversorgungsunternehmen nicht über den Wasserpreis an die Kunden weitergeben kann. Offen ist, was unter „angemessener“ Anlagenvorhaltung verstanden werden soll. Wir bewegen uns auf eine Grauzone zu. „Inwieweit die Landeskartellbehörde bereit sein wird, (planerische) Ermessensspielräume der Wasserversorgungsunternehmen zu berücksichtigen, bleibt abzuwarten“, erklärt denn auch Beate Kramer von Becker Büttner Held (bbh) etwas skeptisch. Soviel ist allerdings sicher: Nicht Teil der angemessenen Anlagenvorhaltung dürfte beispielsweise die Löschwasserbereitstellung an Einzelkunden (z.B. zur Erfüllung von objektbezogenen Brandschutzauflagen) sein. Hierfür hat der jeweilige Kunde, der Nutznießer ist, die Kosten zu tragen. Immerhin erspart er sich eine eigene Absicherung z.B. durch Speicherbehälter. Warum sollen diese Kosten die anderen Kunden tragen? Nur wenige Wasserversorgungsunternehmen machen von einem Zusatzentgelt i.S.e. Leistungspreises gegenwärtig Gebrauch und geben diese Mehrkosten weiter. Hier gibt es zwar vereinzelt Entgelte für „Zusatz- und Reservewasser“, in der Praxis ist dies aber (noch) die Ausnahme. Ein Umdenken in Richtung höhere Verursachungsgerechtigkeit ist überfällig. Übrigens wird dies auch für solche Vorhalteleistungen gelten, die andere atypische Systemnutzungen absichern (z.B. Eigenversorgung, Kreislaufsysteme, „autarke“ Systeme etc.). Aus dieser Richtung wird demnächst mehr Nachfrage kommen, daher ist auch zu klären, wer die Kosten dafür trägt.
Die hiermit angestossene Frage um die Angemessenheit von Löschwasserleistungen wird in naher Zukunft um einige weitere Aspekte ergänzt werden. Das fordert auch eine andere Kommunikation der Wasserpreise. Viele Versorger werden sich noch daran gewöhnen müssen, dass die Kunden sich für die Bestandteile der Kosten interessieren. Das ist aber auch eigentlich gut so, lassen sich damit auch die Leistungen der Wasserversorgung darstellen. Die neue Transparenzinitiative, das Bündnis „NRW blickt durch“, lässt mit ihrer jüngsten Kritik an der Wasserpreiskommunikation einiger Versorger schon erkennen, wohin die Reise geht..
Weiterführende Informationen:
Beate Kramer bbh in Lebensraumwasser „Löschwasserversorgung und Wasserpreise! Alles klar?“ vom 7.2.2017
RA Susanne Rachel Wellmann, „Kosten der Löschwasserversorgung und privatrechtliche Preise der Wasserversorgungsunternehmen in NRW“, WLB
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