Beim „Flickenteppich“ der Wasserentnahmeentgelte bringt die Ausschreibung eines Forschungsvorhabens des Bundesumweltministerium möglicherweise Bewegung in das Thema. Vielleicht löst es auch Widerstand aus. Jedenfalls wird nun eine Maßnahme der Nationalen Wasserstrategie umgesetzt, für die sich viele beteilige Fachexperten des Nationalen Wasserforums, dem auch ich angehören durfte, eingesetzt hatten.
16 Bundesländer – 13 verschiedene Entgeltgesetze, drei fehlen noch
Wasser darf ab einer bestimmten Menge nicht kostenlos aus der Natur entnommen werden. In 13 Bundesländern ist ein Wasserentnahmeentgelt, auch Wassercent genannt, zu zahlen. Zumindest gilt dies für die Wasserversorger und die Industrie, mancherorts auch für andere Nutzergruppen. Dabei variieren Entgeltsätze beträchtlich. Es reicht von 0,25 Cent pro Kubikmeter bei Grundwasserentnahmen für die Fischzucht in Sachsen-Anhalt bis hin zu 31 Cent je Kubikmeter für die Entnahme von Grundwasser in Berlin. Denn die Festlegung des Wasserentnahmeentgelts und dessen Erhebung ist Ländersache.
Gegenwärtig erheben 13 der 16 Bundesländer Entgelte für das Entnehmen, Fördern und Ableiten von Wasser sowie ähnliche Nutzungen. Bayern, Hessen und Thüringen haben derzeit noch keine derartigen Regelungen. In Hessen und Bayern wird jedoch über eine Einführung debattiert.
Einnahmen, die mehrere Ziele verfolgen
In fast allen Bundesländern gibt es eine Zweckbindung für die Einnahmen. In NRW freute sich bisher auch der Finanzminister, weil es eine Zweckbindung nicht gibt.
Bestimmt ist das Entgelt als Finanzierungsinstrument die Finanzierung wasserwirtschaftlicher Maßnahmen zum Beispiel im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenerichtlinie, um als Lenkungsinstrument Anreize zum sorgsamen Umgang mit Wasser aus der Natur zu geben und um die Umwelt- und Ressourcenkosten, die mit der Nutzung von Wasser verbunden sind, den Nutznießern bzw. Verursachern anzulasten. Eigentlich eine sehr nachvollziehbare Begründung. Darin sind sich fast alle Bundesländer einig – natürlich nur diejenigen, die ein solches Entgelt erheben. Mit dem Wasserentnahmeentgelt wird Standortpolitik gemacht. Länder, die es bei der Industrie erheben, haben damit einen Wettbewerbsnachteil für ihr Land geschaffen. „Die bestehende Heterogenität und mangelnde Systematik bei den Wasserentnahmeentgelten erschweren eine effiziente und gerechte Verteilung der grundsätzlich schon ungleich verteilten Wasserressourcen über Landesgrenzen hinaus und ermöglichen bzw. verstärken wasserwirtschaftlich nicht gerechtfertigte Standortvorteile“, heißt es in der Ausschreibung für das Forschungsprojekt.
Harmonisierung der Wasserentnahmeentgelte war in der Nationalen Wasserstrategie beschlossen worden
Und da kommt der Bund ins Spiel. Dieser hat eine Harmonisierung der Wasserentnahmeentgelte In der Nationalen Wasserstrategie von 2023 beschlossen. In deren „Aktionsprogramm Wasser“ soll die Maßnahme „Wasserentnahmeentgelte weiterentwickeln und bundesweit einführen“ mit dem Hinweis „Beginn kurzfristig“ umgesetzt werden. Demzufolge soll „eine Weiterentwicklung von Wasserentnahmeentgelten (Harmonisierung und ggf. Bundesregelung) geprüft werden, deren Einnahmen zur Finanzierung von wasserwirtschaftlichen Maßnahmen z. B. zur Zielerreichung der WRRL genutzt werden sollen (Zweckbindung). Durch das Entgelt kann zudem eine Lenkungswirkung hin zu einem bewussteren Umgang mit der Ressource Wasser erreicht werden.“ Dazu wurde Anfang Mai 2024 die Ausschreibung eines Forschungsvorhabens auf dem Online-Vergabeportal des Bundes bekanntgemacht. „Das Vorhaben soll“, so heißt es dort, „im Sinne des NWS-Aktionsprogramms Wassers – Aktion 11 kriteriengestützt und im Austausch mit relevanten Stakeholdern eine wissenschaftlich abgeleitete Systematik für ein bundesweit einheitliches WEE erstellen.“
Bund will auch Unzulänglichkeiten bestehender Landesgesetze beseitigen
Der Ausschreibung zufolge besteht ein zentrales Problem darin, „dass es an einer (bundes-)einheitlichen Systematik für Wasserentnahmeentgelte mangelt. Klare Regelungen zur Bemessungsgrundlage, zur Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten, eine Differenzierung nach Normal- und Dürresituationen sowie zur Anpassung an hydrologische Anforderungen (quantitative und qualitative Aspekte) fehlen.“ Wer sich mit dem Thema eingehender befasst, der weiß, dass diese Themen nur die Spitze des Eisberges darstellen. Es wird auch darum gehen müssen, die „Datendürre“ bei Wasserentnahmen zu beseitigen. Digitale Zähler müssen die Entnahmen erfassen. Das anachronistische analoge Meldeverfahren muss abgeschafft werden. Kontrollen müssen obligatorisch sein, das gelingt nur mit gesicherten Verfahren. Und bitte nicht wieder den Datenschutz vorschieben.
Dieses Forschungsprojekt dürfte zahlreiche Unzulänglichkeiten aufdecken, aber auch neue Probleme aufwerfen. Insbesondere Länder wie Berlin, die mit 31 Cent je Kubikmeter, oder Hamburg mit knapp 18 Cent hohe Abgabensätze erheben, dürften auf diese Einnahmen nicht verzichten können, zumal vor dem Hintergrund der massiven Investitionserfordernisse in den Gewässerschutz. Andere wiederum, die sehr geringe Sätze haben oder gänzlich darauf verzichten, dürften nicht an der Erhöhung oder Einführung interessiert sein. Ungeachtet dessen gibt es Bedarf für das bereits adressierte Thema der saisonalen oder auch dargebotsabhängigen Entgelte. Auch könnten Wasserentnahmeentgelte legitimiert durch ein Gesetz das richtige Instrument sein, um den Endnutzern die politisch gewünschten Anreize für einen sorgsamen Umgang mit Wasser zu geben. Dann wären es nicht länger die Wasserversorger, deren Wasserpreise künstlich verteuert werden, und die als Inkassostelle für die Landeskasse fungieren müssen.
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