Sogar in der vermeintlich unberührten Schweizer Bergwelt findet man PFAS – in den Bergseen. Überraschend vielleicht ist, welche – vermeidbare – Quelle dafür ursächlich ist: Skiwachs beim Wintersport. Dabei gibt es bereits Verbote aber auch umweltfreundliche Alternativen. Nur gibt es Gründe, weshalb letztere noch wenig zum Einsatz kommen. (Lesezeit 5 Minuten)
Die Mär von der „unberührten Bergwelt“
Ich war eigentlich vorbereitet, denn immer wieder lese ich bei meiner Schweizer Blogger-Kollegin von „Heidis Mist“ von der beklagenswert schlechten Wasserqualität und den sinkenden Wasserständen in der Schweiz. Und dennoch hat mich überrascht, was Forschende des EMPA, dem interdisziplinären Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologieweisen der ETH-Zürich, beim Engadiner Skimarathon im März 2025 festgestellt haben. In Schneeproben befanden sich erhöhte Konzentrationen von PFAS, besser bekannt als „Ewigkeitschemikalie“. Sie fanden auch einen Grund dafür: Skiwachs.
Die höchsten Werte fanden die Forschenden im Startbereich des beim Engadiner Skimarathons. Dort hatten die frisch gewachsten Ski erstmals Kontakt mit dem Schnee. Nach wenigen Kilometern nahmen die Konzentrationen ab, blieben jedoch erhöht. Besonders kritisch ist der direkte Abfluss in den Silsersee, da die Stoffe über die Schneeschmelze in das Gewässer gelangen können.
Skiwachs enthält Fluorwachse, um die Gleitfähigkeit der Ski zu verbessern. Das ermöglicht eine extreme Wasser-, Schmutz- und Fettabweisung, was zu höheren Geschwindigkeiten führt, besonders bei feuchtem oder matschigem Schnee. Fatal ist, dass die Wachsbeschichtung durch Abrieb in die Umwelt gelangt und so zur Belastung der Gewässer wird – trotz Verboten und fluorfreien Alternativen.
PFAS wurden auch in deutschen Skigebieten nachgewiesen
Auch eine Studie und eine Untersuchung einer Loipe der deutschen Bundesanstalt für Materialforschung und -Prüfung aus dem Jahr 2024 kamen zu solchen Ergebnissen. Die Forschenden analysierten verschiedene Skiwachse aus den 2020er Jahren sowie Skiwachse aus den 1980er Jahren mit Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie auf PFAS-Einzelverbindungen sowie mit verschiedenen Methoden auf PFAS-Summenparameter. Dabei zeigte sich, dass moderne Hochleistungswachse bis zu 6 Prozent Fluor enthalten. Zudem stellten die BAM-Forschenden in Schneeproben von der Langlaufloipe „Kammloipe“ im Erzgebirge einen PFAS-Eintrag aus Skiwachsen an mehreren Entnahmestellen fest.

Verbot an Rennen, aber Nutzung durch Freizeitsport weiterhin hoch
PFAS, «per- und polyfluorierte Alkylverbindungen», gehören zu den besonders stabilen Schadstoffen, die sich kaum abbauen und sich in Organismen anreichern können. Trotz zunehmender Regulierungen gelangen sie weiterhin in die Umwelt.
Im Wintersport-Bereich wurde Einklang mit den Vorschriften der Europäischen Union der Handel mit Produkten, die C8-Fluorkohlenwasserstoffe/Perfluorcarbonsäure enthalten, und die Handhabung bei allen Veranstaltungen der Internationalen Biathlon Union (IBU) bereits in der Wintersaison 2021/2022 verboten. Fluorwachse mit hohem Kohlenstoffgehalt fielen unter dieses Verbot, während kurzkettige Fluorprodukte (C6) bei IBU-Veranstaltungen weiterhin verwendet werden durften. Schließlich verbot der Internationale Ski- und Snowboardverband (FIS) mit Beginn der Wintersaison 2023/2024 alle Fluorwachse, um die Umweltverschmutzung und das Risiko für die menschliche Gesundheit zu verringern..
Fehlende Sensibilisierung bei Hobby-Langläufern
Trotz des Verbots und der Umstellung vieler Hersteller auf fluorfreie Alternativen zeigen die Untersuchungen, dass Freizeitsportler weiterhin auf PFAS-haltige Skiwachse zurückgreifen. Dabei ist das gar nicht nötig, denn die EMPA-Forschenden haben auch festgestellt, dass die Sieger des Wettbewerbs ohne PFAS unterwegs waren. «Die Skis der zehn schnellsten Profiläufer am Engadiner Skimarathon wurden alle getestet, und es wurden keine PFAS gefunden», erklärt Empa-Forscher Stefan Reimann in einer Mitteilung des Instituts. «Offenbar kann man also auch ohne Fluor schnell sein.»
Die Forschenden gehen davon aus, dass Hobby-Sportler die wichtigsten PFAS-Quellen darstellen. Alte Wachse, die oft über Jahre genutzt werden, enthalten weiterhin fluorhaltige Bestandteile. «Ein Wachsblock kann für mehrere Jahre reichen», erläutert der Schweizer Forschungsleiter Zennegg. «Und praktisch alle älteren Skiwachse enthalten PFAS.» Er empfiehlt, Altbestände konsequent durch fluorfreie Varianten zu ersetzen. «Es macht einfach keinen Sinn, dermassen stabile Stoffe für ein paar Minuten Vorsprung in die Umwelt gelangen zu lassen», ergänzt sein Kollege Reimann. Dabei sind PFAS-freie Alternativen verfügbar.
Angebot an PFAS-Alternativen nimmt zu
Die STIFTUNG WARENTEST hat im November 2024 die Ergebnisse des Schweizer Verbraucherinstituts SALDO zu PFAS-freie Skiwachse veröffentlicht. Demzufolge waren folgende Produkte zu empfehlen:
- Colltex Express Universal Wax
- Holmenkol Natural Skiwax Bar All Conditions
- Swix F4 All Temperature Universal Glide Wax
- Toko All In One Universal, 120 Gramm
- Toko Express 2.0 Universal Wax Rub On
Folgende fluorfreie Flüssigwachse aus dem Schadstoff-Test von Saldo sind hierzulande erhältlich.
- Holmenkol Betamix Red Liquid
- Vauhti Pure Race LDR Liquid Glide
Weiterführendes
- Per- and polyfluoroalkyl substances (PFAS) in Ski waxes and snow from cross-country skiing in Germany – Comparative study of sum parameter and target analysis, Christian Vogel, Philipp Roesch, Philipp Wittwer, Thomas Sommerfeld, Maren Riedel, Peter Leube, Ute Kalbe, Ute Schoknecht, Franz-Georg Simon, Journal of Hazardous Materials Advances, Volume 16, 2024 (kostenlos zugänglich)
- Skiwachse als Eintragsweg für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in die Umwelt, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) Berlin
- PFAS: stabil und überall, auch im Skiwachs und Wasser, HEIDIS MIST-Blog, 2021 (lesenswerter Blog über die Schweizer Wasser-Realitäten und darüberhinaus)
- PFAS: Neues aus der Wissenschaft gegen die „Ewigkeitschemikalie“, LebensraumWasser, 13.8.2025
- Bayern soll PFAS-Hotspots systematisch überwachen, LebensraumWasser, 23.10.2025
Beitragsfoto: Daniela Elena Tentis / Pixabay


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