Warum will Deutsche Bahn keine Trinkwasserbrunnen auf Bahnhöfen?

Je unerträglicher die Hitze, desto mehr müssen Reisende trinken. Fahrgäste der Deutschen Bahn würden sich über erfrischendes Leitungswasser aus Trinkbrunnen ganz sicher freuen. Das ist leider Fehlanzeige! Anders die europäischen Nachbarn. Die Niederländische Staatsbahn und die National Rail in England haben auf ihren Bahnsteigen Trinkbrunnen installiert bzw. weiten ihr Angebot aus. Die Deutsche Bahn will nichts tun. Anderseits kündigt sie an, sich für die Hitze rüsten zu wollen (s Foto).

Soester Anzeiger (25.6.2019)

Bundesumweltministerin Svenja Schulze propagiert das Trinken von Leitungswasser. Sie will unbedingt Plastikflaschen vermeiden. Gleichzeitig ruft sie deutsche Gebietskörperschaften zum Errichten von Trinkbrunnen auf öffentlichen Plätzen auf. Beim Staatsbetrieb Deutsche Bahn kommt die Botschaft offensichtlich nicht an, dort bewegen sich nur die Züge. Erfrischendes Trinkwasser aus der Leitung auf den Bahnsteigen? Gibt es nicht!

Ähnlich wie die Züge meist mit Verspätung ankommen, wollen die Verantwortlichen bei der Deutschen Bahn erst einmal abwarten, welche Erfahrungen die Niederländer sammeln. Auf meine Anfrage erklärte mir ein Bahnsprecher telefonisch am 22.6.2019: „Wir werden die Entwicklung in den Niederlanden weiter beobachten, jetzt aber nichts machen.“ Meine Frage, ob man zunächst mit einem Pilotprojekt zum Beispiel in Berlin oder Hamburg starten könnte, wurde verneint. Schon im vergangenen Jahr hatte die Bahn meine gleiche Frage verneint. Reisende müssen daher auf deutschen Bahnhöfen ihre Wasserflaschen am Kiosk kaufen oder können sie in den – kostenpflichtigen – Bahnhofs-WCs am Wasserhahn auffüllen.

Niederländische Staatsbahn baut Brunnen-Angebot aus

Wie machen es die Niederländer? Im Oktober vergangenen Jahres kündigte die niederländische Staatsbahn NS an, dass es für Zugreisende demnächst kostenlos Trinkwasser auf den Bahnsteigen geben solle.

Der staatliche Eisenbahnbetreiber NS (Nederlandse Spoorwegen N.V.) begann an 200 Stationen in den Niederlanden mit dem Bau von Trinkwasserzapfstellen. Bis Ende 2019 sollen neunzig Prozent aller Zugpassagiere in den Niederlanden versorgt sein. Dazu investiert der niederländische Bahnbetreiber mehr als drei Millionen Euro, um die Wasserzapfstellen zu errichten und für die nächsten 10 Jahre instand zu erhalten. Auf meine Anfrage erläuterte eine Sprecherin der Nederlandse Spoorwegen den Zwischenstand „In den Provinzen Noord-Holland, Limburg und Groningen hat NS inzwischen 51 Wasserhähne installiert. Insgesamt will NS in diesem Jahr 200 Wasserhähne an Stationen installieren.

Trinkbrunnen der niederländischen Staatsbahn in Hofdoorp (Q: NS)

In England sollen auf Bahnhöfen 2 Millionen Plastikflaschen vermieden werden

England ist bei kostenlosem Leitungswasser Vorreiter in Restaurants, Flughäfen und jetzt auch in Bahnhöfen. Im letzten Jahr wurden 19 Bahnhofs-Stationen mit Trinkbrunnen ausgestattet. Die Kampagne ist ein Erfolg.

Mitte Juni 2019 berichtet National Rail, dass die im vergangenen Jahr eingeführten kostenlosen Trinkwasserbrunnen von Network Rail haben dazu beigetragen, dass in den Bahnhöfen monatlich mehr als 100.000 Wasserflaschen nicht als Abfall enden. Mit der Kampagne will National Rail erreichen, dass bis 2020 zwei Millionen Plastikflaschen nicht im Müll landen.

Kampagne der National Rail (Screenshot)

Warum abwarten, liebe Deutsche Bahn?

Auch auf deutschen Bahnhöfen können Plastikflaschen vermieden werden können. Es gibt gute Beispiele und die Forderung der Umweltministerin dazu. Jetzt fragt man sich als aufmerksamer Beobachter und Bahnfahrer, was die Bahn als Betreiber der Bahnhöfe daran hindert. Dass die notwendige Infrastruktur in den Bahnhöfen nicht vorhanden sein soll, kann niemand glauben. Kioske, Cafés und andere Betriebe ebenso wie WCs nutzen das Leitungswasser, daher ist es auch immer frisch. Die Antwort hat etwas mit Ökonomie statt mit Ökologie zu tun: Kioske und Ladengeschäfte in den Bahnhöfen profitieren vom Verkauf von Flaschenwasser. Würde die Bahn dies kostenlos anbieten, ginge das zu deren Lasten.

Nachlese:

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