Wissenschaftler der Hochschule Ruhr West helfen Wasserwirtschaftlern bei der Digitalisierung

„Digitalisierung“ ist zu einem permanenten Begleiter geworden. Auch die Wasserwirtschaft sucht mit gebotener Vorsicht die Chancen. Trotz vielfältiger neuer Möglichkeiten, die die rasante digitale Entwicklung eröffnet, die Verunsicherungen sind unübersehbar. Angesichts der Flut an vermeintlichen Optimierungsmöglichkeiten und dem Druck zur Neuausrichtung bisheriger Geschäftsmodelle erscheint diese Sorge nachvollziehbar. Auch davon ist die Wasserwirtschaft betroffen. Oftmals scheint sie hin- und hergerissen zu sein zwischen dem eigenen Selbstverständnis als Garant einer verlässlichen Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung und dem Wunsch nach Offenheit gegenüber neuen (Digitalisierungs-) Entwicklungen und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Digitalisierung in der Wasserwirtschaft hat sich auf den Weg gemacht. Das „wohin“ und „wie“ bleibt häufig unbeantwortet. Jetzt soll ein Digitalisierungsindex für die Wasserwirtschaft Hilfestellung bei der Suche nach neuen Möglichkeiten bieten und die Unsicherheiten beseitigen. Damit das Angebot passt, soll es in enger Zusammenarbeit mit den Betroffenen entwickelt werden. Die Hochschule Ruhr West sucht jetzt Experten für Interviews.

Unternehmen sollen Hilfestellung bei der Digitalisierung erhalten

Modernisierung und Versorgungssicherheit gleichermaßen im Blick hat sich die Wasserwirtschaft auf den Weg gemacht und möchte die Chancen der Digitalisierung ausloten. Der Weg zum Ziel ist unübersichtlich und mit Stolpersteinen gesät. Es fehlen die Erfahrungen. Digitalisierung ist weit mehr als eine bloße Technologie-Einführung, die Unternehmensorganisation und die -kultur sind davon ebenso betroffen. Derzeit ist nicht absehbar, wohin die digitale Reise geht. Verständlich, dass Unternehmen deshalb nach Orientierung und Erfahrungsaustausch suchen.

Vor diesem Hintergrund entwickelt die Hochschule Ruhr West in Mülheim an der Ruhr mit Unterstützung des IWW Zentrum Wasser einen Digitalisierungsindex für die Wasserwirtschaft. Dadurch wollen die Initiatoren den Handlungsbedarf aufzeigen und gleichzeitig die Unternehmen dazu ermutigen, Digitalisierung als das zu begreifen, was sie ist: Die Chance zur Weiterentwicklung der Wasserwirtschaft und zur Lösung vielfältiger Herausforderungen im Sinne der Mitarbeiter, der Verbraucher, der Umwelt und der Gesellschaft. Damit dies gelingt, benötigen Unternehmen Unterstützung bei der strukturierten Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Thema und die Gelegenheit, mit anderen in Erfahrungsaustausche zu treten – genau an dieser Stelle setzt der Digitalisierungsindex an.

„Smart Water“-Forschungsprojekt (Abbildung HRW)

Anforderungsgerechter Digitalisierungsindex soll Branchenziele unterstützen

Der Digitalisierungsindex soll nicht nur die einzelnen Unternehmen, sondern auch die Branchenziele unterstützen. Einerseits soll er der Wasserwirtschaft als Orientierungsmaßstab für die digitale Entwicklung dienen und andererseits als „Schaufenster nach Außen“ fungieren. Damit sollen etwaige Vorwürfe in Bezug auf mangelndes Digitalisierungsengagement der Branche substantiell widerlegt werden können. Politischen Entscheidungsträgern, Aufsichtsorganen, Verbänden und Behörden soll das wichtige Signal übermittelt werden, dass die Wasserwirtschaft das Potential der Digitalisierung nutzt, um aktuelle Herausforderungen effizient zu bewältigen.

Zwar existieren bereits verschiedene Digitalisierungsindizes, bei denen auch die Wasserwirtschaft Berücksichtigung findet (darunter z. B. „Wirtschaftsindex DIGITAL“ des BMWi oder „Die Top500 vor der digitalen Herausforderung“ von accenture) – es wird jedoch deutlich, dass die Entwicklung eines eigenen wasserwirtschaftlichen Digitalisierungsindex im Sinne der Branche ist:

  • Bisherige Digitalisierungsindizes fassen die Energie- und Wasserwirtschaft als „Versorgungswirtschaft“ zusammen, was weder der einen noch der anderen Branche gerecht wird.
  • Die zugrunde liegenden Befragungen (z. B. durch Infratest dimap) vernachlässigen die hochgradig heterogene und kleinteilige Struktur der Wasserwirtschaft und sind daher nicht repräsentativ.
  • Der Vergleich mit anderen Wirtschaftszweigen wie der Automobil-, Logistik- oder Maschinenbaubranche ist aufgrund der Spezifika der Wasserwirtschaft (u. a. leitungsgebundene Ver- und Entsorgung) und besonderer (umweltpolitischer) Herausforderungen nicht zielführend.
  • Der betriebswirtschaftliche Erfolg steht für die Wasserwirtschaft nicht im zentralen Vordergrund, liegt bestehenden Digitalisierungsindizes jedoch oft als zentrales Bewertungskriterium zugrunde.

Die Forscher der Hochschule Ruhr West und ihr Partner IWW wollen mit dem Digitalisierungsindex eine Lücke schließen. Damit dieser auf die Anforderungen und Erfahrungen der Wasserwirtschaft zugeschnitten werden kann, sollen Experten aus der Branche befragt werden .

Konzept des Digitalisierungsindex (HRW)

Hochschule Ruhr West sucht Wasserver- und Abwasserentsorger als Telefoninterviewpartner

Die Hochschule Ruhr West sucht Wasserver- und Abwasserentsorger, die an einem ca. 30-minütigen Telefoninterview teilnehmen. Die Antworten fließen (vollständig anonymisiert) in die Erstellung des Digitalisierungsindex ein.

Über diesen Link können ein Telefon-Termin gebucht und vorab kurze Fragen zur statistischen Einordnung beantwortet werden.

Für Rückfragen steht Jens Kley-Holsteg (E-Mail: jens.kley-holsteg@hs-ruhrwest.de, Telefon: 02 08 / 88 254 -746) Interessierten als Ansprechpartner zur Verfügung.

Individueller Mehrwert für teilnehmende Unternehmen

Die Erstellung eines branchenweiten Digitalisierungsindex ist nicht nur aus Sicht der gesamten Branche förderlich, sondern bietet auch den teilnehmenden Unternehmen große Chancen:

  • Bereits die Teilnahme an den Telefoninterviews unterstützt ein Unternehmen bei der strukturierten Befassung mit dem eigenen Status quo der Digitalisierung.
  • Das Lesen der Studie kann einen wichtigen internen Austausch über Digitalisierung anregen – insbesondere über Abteilungs- bzw. Bereichsgrenzen hinweg.
  • Ein anschließender Vergleich zwischen den eigenen Antworten und den Branchenergebnissen kann dabei unterstützen, Digitalisierungspotentiale für das eigene Unternehmen ausfindig zu machen.

Fazit

Die Digitalisierung wird auch vor der Wasserwirtschaft nicht Halt machen. Dabei bestehen Risiken, die nicht verschwiegen werden dürfen – gleichzeitig existieren aber auch erhebliche Chancen zur ökonomischen, technischen und ökologischen Weiterentwicklung der Branche. Durch einen Digitalisierungsindex soll die Wasserwirtschaft dabei unterstützt werden, das Steuerrad in der Hand zu behalten und die richtigen Signale an die verschiedenen Stakeholder zu senden.

Autor

Hochschule Ruhr West | Wirtschaftsinstitut
Prof. Dr. Mark Oelmann (Professor für Wasser- und Energieökonomik)
Duisburger Straße 100
45479 Mülheim an der Ruhr
mark.oelmann@hs-ruhrwest.de

1 Kommentar

  1. Wasser 4.0 – die Lösung?
    Der Klimawandel wirkt sich immer sichtbarer auf die Trinkwasserversorgung aus. Selbst große und als verlässlich eingestufte Quellen können betroffen sein. Gründe dafür sind schneeärmere Winter und ausbleibender Dauerregen im Sommer. Nicht nur die Schüttung, auch die Wasserqualität leidet. So können durch Trockenrisse Wurzeln eindringen und Bakterien in die Fassungen gelangen. Ein weiteres Problem stellen auch sinkende Grundwasserspiegel in den Tälern dar. Alternde Wasserinfrastrukturen, die Bevölkerungsentwicklung, die Urbanisierung sowie Änderungen im Verbrauchsverhalten erhöhen den Druck auf die Betreiber von Wasserversorgung, Abwassernetzen und Klärwerken zusätzlich.
    Als Lösung der Zukunft wird immer öfter das digitale Wassermanagement angepriesen– denn für höchste Wasserqualität sowie effiziente Prozesse und erfolgreiches Kostenmanagement seien für die Wasserwirtschaft IT-gestützte vernetzte Systeme unerlässlich.
    Industrie 4.0 – dieses Stichwort positioniert sich auch in der Entwicklung der Wasserwirtschaft. Begriffe wie Wasser 4.0 oder Smart Water haben sich zwischenzeitlich zumindest bei den Großversorgern bereits in Deutschland etabliert. Es geht um Qualitätssicherung, Energieeffizienz, Schadens-Früherkennung sowie -verhinderung und damit um die Erhöhung der Verfügbarkeit der Infrastruktur, die Minimierung von Wasserverlusten. Wassermanagement soll „smart“ werden.
    Hört sich alles recht bodenständig an, aber ob der damit verbundene Aufwand (man denke nur z.B. an IT-Sicherheit) das Ergebnis einer einfachen, soliden, mit so wenig anfälliger Technik wie möglich betriebenen Infrastruktur toppen kann?
    Manchmal denke ich, vielleicht wäre es besser, sich erst einmal auf „Wasser 1.0“ zu konzentrieren – stabile Systeme, clever gewartet von qualifiziertem Fachpersonal mit dem Ziel der nächsten Generation eine unter den Aspekten der Nachhaltigkeit (ökologisch, ökonomisch und sozial) betriebene Infrastruktur zur Daseinsvorsorge zu übergeben.

    Thomas Junger, TrinkwasserConsult

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