„Wasserpreise als Betriebskostenbremse“. Aber zu starkes Bremsen ist gefährlich

Während die politische Diskussion um die „Mietpreis-Bremse“ die Schlagzeilen bestimmt und die Mietentwicklung ein Dauerthema bleibt, steigen die Nebenkosten vielerorts fast unbemerkt an. Das wollen Immobilienwirtschaftliche Verbände und der Bund der Steuerzahler NRW ändern und fordern daher eine „Betriebskostenbremse“. Die Trinkwasserkosten können damit sicher nicht gemeint sein: sie entwickeln sich seit Jahren auf geringem Niveau. Von 2005 bis 2014 betrug ihr Anstieg mal gerade 10,4 Prozent. Da alle anderen Kosten stärker steigen, wirkt sich Trinkwasser sogar dämpfend auf die Gesamtnebenkosten aus. Anders bei Abwasser: der Anstieg war mit 20 Prozent in demselben Zeitraum nahezu doppelt so hoch. Trinkwasser bliebt auch unter der Entwicklung der Wohnungsmieten, deren Anstieg mit 12,5 Prozent leicht darüber lag (siehe Grafik unten).

Trotz dieser auf den ersten Blick bemerkenswerten Preisdisziplin bei Trinkwasser darf nicht übersehen werden, dass es in Ländern wie NRW noch viele Wasserversorger gibt, deren letztmalige Preisanpassung sieben Jahre und mehr zurückliegt. So kann es auch nicht überraschen, dass die durchschnittliche „Lebensdauer“ von Wasserpreisen in NRW über drei Jahre beträgt. Nur wenige Versorger passen ihre Wasserentgelte mit der Kosten- und Nachfrageentwicklung jährlich oder mindestens alle zwei Jahre an. Während die Kommunalabgabengesetze der Länder für die Gebührenanpassungen Vorgaben machen, können Versorger, die Preise erheben, hier ihren preispolitischen Spielraum nutzen. Nicht überall ist dies volkswirtschaftlich und unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu begrüssen. So angenehm das auf den ersten Blick für die Kunden scheint, erklären lassen sich diese Entwicklungen nur selten. Die Kostenanstiege bei Personal und Material dürften Nullrunden bei den Preisen kaum zulassen. Der Anpassungsdruck muss angesichts der weit verbreiteten Nachfragerückgänge bei hohen Mengenpreisanteilen sogar noch steigen. Wer manche Verlautbarungen von Versorgern zu deren Wasserpreisstabilität liest, muss feststellen, dass hier die Politik eingreift. Erstaunlicherweise in die genau gegengesetzte Richtung. Statt die Preise anzupassen und das notwendige finanzielle Investitions- und Instandhaltungsvolumen zu schaffen, werden Preise zuweilen künstlich niedrig gehalten. Die Furcht vor aufgebrachten Bürgern und vor kritischen Kartellämtern wirken hier als Wasserpreisbremse.

Wenden wir uns aber den Mietnebenkosten zu. Haus & Grund Rheinland hat vom Bochumer Forschungsinstitut InWIS einen Wohnkostenbericht 2014 erstellen lassen. Das Papier befasst sich mit den Auswirkungen politischer Entscheidungen auf die Höhe der Miete und der Nebenkosten. Demnach seien Bund, Land und Kommunen für 70 Prozent der Miet-Nebenkosten verantwortlich. Angesichts der öffentlichen Diskussion über die Mietpreisbremse stellt Haus und Grund Rheinland fest, das die nicht minder bedeutende Entwicklung der Mietnebenkosten kaum wahrgenommen werde. In einigen Regionen haben die Wohnnebenkosten, d.h. die kalten und die warmen Betriebskosten, eine Größenordnung wie die Nettokaltmiete erreicht und stellen eine „zweite Miete“ dar. Verständlicherweise sind viele Mieter und Hauseigentümer über den Anstieg der Wohnnebenkosten verärgert. Viele Mieter machen auch den Vermieter als einen Verantwortlichen für die Höhe der Betriebskosten aus. Dabei können Vermieter rund 70 Prozent der Betriebskosten gar nicht beeinflussen. Dieser größte Teil der kalten sowie die warmen Betriebskosten sind entweder abhängig vom Verbrauch der Mieter oder werden von den Kommunen bzw. von kommunalen Zweckverbänden per Gebührensatzung festgelegt. Hierzu zählen Grundsteuer oder auch Abwassergebühren. Gerade diese von der öffentlichen Hand vorgegebenen Entgelte seien in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen, erklärt Haus & Grund.

In dasselbe Horn stösst auch der Bund der Steuerzahler NRW in seinem jährlichen Gebührenbericht. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse des Kalkulationsgebahrens des Landes und der Kommunen hält es der Steuerzahlerbund nicht für akzeptabel, wenn die Politik das Wohnen geradezu vorsätzlich teurer macht als nötig. Denn einerseits schöpfen die Kommunen ihre Ermessensspielräume negativ aus und andererseits unternimmt das Land nichts dagegen , diese Spielräume einzuengen. Deshalb fordert der Bund der Steuerzahler NRW:

  1. das Land NRW auf, das Kommunalabgabengesetz so zu ändern, dass das Anlagevermögen (bei der Abwassergebührenkalkulation – Anm. d. Verf.) nur noch vom Anschaffungs- und Herstellungswert abgeschrieben werden darf. Die Eigenkapitalverzinsung sollte ganz verboten werden. (Hier langen einige Kommunen mit sogar 7 Prozent mächtig zu. Anm. d. Verf.) Darüber hinaus sollten die mancherorts üblichen Kapitalentnahmen aus den eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und Anstalten des öffentlichen Rechts der Abwasserentsorgung an den kommunalen Haushalt ebenfalls per Gesetz verboten werden. (Einige Kommunen erklären sogar, dass sie Quersubventionierung betreiben. Anm. d. Verf.)
  2. das Land NRW auf, eine „Nebenkostenbremse“ einzuführen, indem im KAG die oben beschriebenen Änderungen vorgenommen werden und im Grundsteuergesetz der Grundsteuer B-Hebesatz gedeckelt wird. (Diese Forderung eint die Steuer- und Immobilienexperten. Anm. d. Verf.)
  3. das Land NRW auf, das Landeswassergesetz so zu ändern, dass auch im Innenbereich einer Kommune Grundstücke über Kleinkläranlagen entwässert werden können. Dies entspräche auch dem Petitum der EU, dass wirtschaftlicheren Lösungen der Vorzug zu geben ist.
  4. die Kommunen auf, auch die Straßenbaulastträger Bund, Land NRW und Kreise an der Refinanzierung der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung adäquat zu beteiligen.

LebensraumWasser meint dazu
Haus & Grund und der Bund der Steuerzahler sollten mit ihren Stellungnahmen und Vorschlägen für mehr Disziplin der Kommunen und des Landes NRW eigentlich mehr Gehör finden. Vielleicht ist so viel Vernunft aber auch gar nicht gefragt. Das Stichwort „Nebenkostenbremse“ hat in den vergangenen Monaten zwar in den Medien Einzug gehalten, in der politischen Diskussion vermisst man ihn aber ebenso, wie im politischen Handeln.  Aber auch dort wo vermeintlich positives zu vermelden ist, scheint eine kritische Würdigung angebracht:  „Politische Wasserpreis-Kosmetik“ erhält in einigen Regionen spürbaren Vorrang vor „wirtschaftlicher Vernunft„. Auch das kann auf Dauer nicht gut sein, denn wer zu stark bremst, gerät ins Schleudern…

Q: IT-NRW, Haus & Grund Rheinland
Q: IT-NRW, Haus & Grund Rheinland

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