Jetzt sind die Wasserkunden gefragt! EU startet Konsultation zu Qualität und Preisen

Das war schnell! Die am 16. Juni von der EU-Kommission angekündigte Befragung der Bürger zu Trinkwasserqualität und Wasserpreisen in Europa wurde nur eine Woche später gestartet. Bis zum 23. September 2014 können nun die Verbraucher IN IHRER JEWEILIGEN MUTTERSPRACHE die Fragen beantworten. Das ist schon mal ein Erfolg, fanden die öffentlichen Konsultationen in der Vergangenheit doch überwiegend in englischer Sprache statt!

Was soll nun mit der Befragung der EU-Bürger zu Trinkwasser erreicht werden? Die EU-Kommission erwägt, die seit 1998 geltenden EU-Trinkwasserrichtlinie anzupassen. Mit diesem Regelwerk soll die Qualität des Trinkwassers europaweit verbessert werden. Sie beinhaltet die notwendigen Maßnahmen, um Wasser als unbedenkliches, sauberes und sicheres Lebensmittel zugänglich zu machen. Zudem reagiert die Kommission auf die Bürgerinitiative right2water, die mit Unterstützung von 1,8 Millionen Unterschriften mehr Mitwirkungsrechte bei der europäischen Trinkwasserpolitik und besseren Zugang zum Wasser zu angemesseneren Preisen gefordert hatte. Mit der Befragung geht die EU-Kommission nun in die Offensive und will alle Europäer nach ihrer Meinung fragen und Anregungen einholen.

In dem online gestellten Fragenpaket geht es um die Erwartungen, Sorgen und Wünsche der Wasserkunden in allen EU-Mitgliedsstaaten. Konkret um den Zugang zu Trinkwasser, seine Gefährdung, die Qualitätsstandards, ob diese ausreichend sind, was besser werden muss und wie die Zufriedenheit mit der Qualitätsüberwachung ist. Die angebotenen Antwortoptionen betreffen auch die Zufriedenheit mit den Verbraucherinformationen zur Trinkwasserqualität. Wertvoll auch, dass die Verbraucher ihre Sorgen über die Bedrohungen der Trinkwasserqualität äußern können. Daraus könnten weitere regulatorische Maßnahmen für die Qualitätssicherung abgeleitet werden. Aber auch die Wasserpreise werden hinsichtlich ihrer „Erschwinglichkeit“ erfragt, übrigens ein Synonym für „Bezahlbarkeit“. Dabei sollen die Verbraucher sich auch zu dem Preis-Leistungsverhältnis ihrer Wasserversorgung äußern. Aber nicht nur das, sie können auch eine Meinung abgeben, ob das Wasser in der EU insgesamt erschwinglich ist. Schwer vorstellbar, wie hier eine halbwegs objektive Einschätzung von Kunden abgegeben werden soll, die sich zumeist nur wenig für ihre eigenen Wasserpreise interessieren.

Wer mehr Qualitätssicherung will, muss auch bereit sein mehr zu bezahlen. Darauf zielen die Fragen nach der Zahlungsbereitschaft für die Qualitätsüberwachung ab. Nicht nur diese Fragen müssen leider vergleichsweise allgemein bleiben, da den Befragten nicht zu viel Hintergrundwissen unterstellt werden darf. Eine Frage, die politisch vermutlich nicht anders möglich, methodisch sicher fragwürdig ist. Aber es ist ja erst einmal ein Auftakt.

Auszug Befragung
Auszug Befragung

Zwar räumt die Kommission ein, dass für die Antworten ab Frage 4 die Kenntnis der Trinkwasserrichtlinie vorausgesetzt wird, aber dies wird viele Antwortwillige nicht davon abhalten, auf die nachfolgend sehr allgemein gehaltenen Fragen trotzdem zu antworten. Ein Beispiel ist die Antwortoption zu den Reaktionen auf Qualitätsmängel wie folgt: „Sobald Mängel festgestellt werden, sollte keine Wasserlieferung mehr erfolgen, und die Menschen sollten kostenlos Trinkwasser in Flaschen und anderen Behältnissen oder aus Tankfahrzeugen erhalten.“ Über die Umsetzung für den Fall, dass diese Vorgehensweise gewünscht wird, dürften sich vermutlich nicht nur in den Wasserversorgungsunternehmen die Experten die Köpfe zerbrechen. Man mag sich mal für eine Metropole wie Madrid vorstellen, wie Wasser dann über Flaschen oder Tankfahrzeuge verteilt werden müsste. Eine schier unglaubliche logistische Herausforderung. Allenfalls der spanischen Flaschenwasserindustrie könnte dies auf den allerersten Blick gefallen.

Erfreulich und erwähnenswert ist sicher die Tatsache, dass die Befragung in allen Sprachen verfügbar ist und somit alle Verbraucher teilnehmen können. Die Befragung dürfte für alle Wassernutzer und -anbieter gleichermaßen als Chance verstanden werden. Denn die Verbraucher können sich auch im Sinne von right2water aktiv in den Umsetzungsprozess zur Wasserpolitik einbringen und die Versorger haben die Möglichkeit, aus einem von der EU-Kommission angekündigten Qualitätsbezogenen Benchmarkingprozess sinnvolle Schlüsse zu ziehen, um ihre Trinkwasserqualität auf dem geforderten Niveau einzustellen bzw. das schon erreichte Niveau darzustellen. Wasserversorger werden daher gut daran tun, ihre Kunden auf die Befragung hinzuweisen. Daher dürften alle an einer aktiven Beteiligung interessiert sein.

Die Wasserversorger und die politisch Verantwortlichen in Europa werden sehr gespannt sein, zu welchen Ergebnissen diese in solchem Umfang sicher einmalige Befragung der Wasserverbraucher in Europa kommen wird. Die Kommission wird sich hoffentlich der Tatsache bewusst sein, dass den Ergebnissen auch Taten folgen müssen. Wie sie das bei Wasserpreisen realisieren will, dürfte dabei spannend sein, denn bekanntlich gibt es auch hier viele Unterschiede in Europa. Wichtiger noch dürften die Vollzugsdefizite bei der Qualitätssicherung in Teilen Europas sein. Davon kann jeder Urlauber nach der Rückkehr nach Deutschland berichten, wenn er sich vor Ort mit Flaschen- statt mit Leitungswasser versorgen musste.

Auch dem sich in Kürze neu konstituierenden EU-Parlament darf der Wunsch angetragen werden, sich in die Gestaltung der wasserpolitischen Leitlinien und Maßnahmen sehr aktiv einzubringen. Letztenendes haben die gewählten Parlamentarier hierfür den politischen Auftrag ihrer Wähler bekommen und werden sich daran messen lassen müssen.

Die Befragung ist im Internet nicht mehr verfügbar, wohl aber hier in meinem Blog hier: DWSurvey_09_09_2014_DE
Hier zu weiteren Informationen: Klick hier!
Die Trinkwasserrichtlinie befindet sich: Klick hier! 

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