Interview: Der Sommer 2018 und Wasserpreise aus der Perspektive eines Regionalversorgers

Der nächste Sommer kommt bestimmt! 2018 stand im Zeichen der Sommertrockenheit. Das brachte viele Wasserversorger an den Rand der Leistungsfähigkeit – technisch und wirtschaftlich. Ich wollte wissen, wie sich ein Regionalversorger auf die Herausforderungen einstellt und habe den Geschäftsführer der Wasserversorgung Rheinhessen-Pfalz GmbH, Ronald Roepke, befragt. Was die wvr und ihre Kunden 2018 erlebt haben und wie sich der Wasserversorger auf die Zukunft vorbereitet, erläutert Ronald Roepke, dessen Unternehmen 102 Ortschaften und fast 70.000 Hausanschlüsse in Rheinland-Pfalz, versorgt, in dem nachfolgenden Interview.

Zumindest für Wasserversorger war das frühe WM-Ausscheiden  der Fussball-Nationalmannschaft vorteilhaft

Gendries:2018 war das trockenste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Vielfach war in Deutschland erstmals seit Jahren von Wasserknappheit die Rede. Wie hat sich die Sommerhitze auf die Wasserversorgung bei der wvr und auf ihre Kunden ausgewirkt?

Roepke: Ja, der letzte Sommer war auch in den Wasserwerken der wvr spürbar. Unsere Kunden haben deutlich mehr Wasser benötigt; 6,6 % mehr als im Vorjahr. Allein im Juli waren es 30 % mehr als 2017. Dass es keine zusätzlichen spektakulären Verbrauchsspitzen gab, mag an der aus Sicht der Deutschen kurzen Fußball-WM gelegen haben. Spiel-Pausen werden für den Gang zum WC genutzt. Das Interesse der deutschen Zuschauer schien nach dem Ausscheiden unseres Nationalteams abgeebbt zu sein. Damit blieben uns die „Pausen-Spitzen“ erspart.

Sicherheit ist gefragt: Wasser-Bedarf und -Verbrauchsspitzen werden steigen.

Es gab vermehrt Kommunen und Versorger, die zum Wassersparen aufrufen mussten. Gab es auch im wvr-Gebiet Einschränkungen? Was wurde getan, damit Kunden sich nicht einschränken mussten?

Wir haben keine Einschränkungen aussprechen müssen. Hier haben sich unsere 95 Hochbehälter bezahlt gemacht. Auch das wvr-Personal hat Höchstleistungen bringen müssen. Es musste schnell reagiert werden, die Speicher immer befüllt sein. Manchmal wurde es eng, wir lagen am Rande der verfügbaren Kapazität. Für die Zukunft werden wir weiter vorsorgen müssen. Unsere Wasserbedarfsprognose zielt auf 2035 ab, bereits im mittleren Szenario waren wir aus demografischen Gründen von
steigendem Bedarf ausgegangen. Diese Werte haben wir schon 2018 erreicht. Das unterstreicht eindringlich, wir müssen bei der Kapazitätserweiterung weiter machen.

Ronald Roepke im Gespräch mit dem Wasserblogger (Foto: wvr)

Der nächste Sommer kommt bestimmt. Wetterexperten prognostizieren den Klimawandel mit Trockenheit und Starkregen-Ereignissen. Sehen Sie sich mit der wvr gerüstet?

Mit dem Bau des Hochbehälters Wintersheim, der im Frühsommer in Betrieb gehen soll, haben wir schon einen wichtigen Sicherheitsfaktor geschaffen. Mit einem Analyseprogramm haben wir abgeschätzt, wie unsere technischen Anlagen altern. Diese Asset-Simulation schaut bis ins Jahr 2065. Weil die Infrastruktur immer älter wird, müssen wir jedes Jahr die Erneuerungsinvestitionen in die Trinkwasseranlagen steigern. Unsere Hausaufgaben sind daher Modernisierung und Erweiterung.

Während die Kosten zweistellig steigen, wachsen die Wasserpreise moderat

Sie haben soeben die Wasserpreise angepasst, erklären Sie bitte, warum das unvermeidbar war.

Die wvr kann sich den allgemeinen Kostensteigerungen nicht entziehen. Auch wenn die Inflation zuletzt gering war, sind die Preise seit der letzten Wasserpreiserhöhung im Jahr 2013 insgesamt um mehr als fünf Prozent gestiegen. Wir brauchen qualifiziertes und engagiertes Personal. Die leistungsgerechten und fairen Löhne und Gehälter sind in den vergangenen fünf Jahren um knapp 15 % angestiegen. Noch drastischer ist der Anstieg der Tiefbaukosten. Mit rund 30 % ist die boomende Bauwirtschaft ein starker Kostentreiber für die wvr. Die Wasserpreisvergleiche im Landesbenchmarking zeigen dennoch, dass wir bei den Wasserpreisen nach wie vor im Mittelfeld liegen.

Dank der Kundenorientierung ist die wvr ein TOP-Lokalversorger

Die wvr hat keinen einheitlichen Wasserpreis für das gesamte Versorgungsgebiet. Warum ist das eigentlich so?

Die wvr hat vier unterschiedliche Tarif- gebiete. Dies liegt an den unterschiedlich hohen Konzessionsabgaben, die die Kommunen für die Nutzung der öffentlichen Flächen verlangen. Diese Abgabe wird mit dem Wasserpreis eingenommen, sie verteuert diesen auch. Sie bleibt aber nicht im Unternehmen, sondern muss an die Kommunen weitergereicht werden.

Wenn wir die Wasserpreise in der Region vergleichen, dann dürfte positiv auffallen, dass beispielsweise in unserem Tarifgebiet Mainz-Ebers- heim/Mainz-Laubenheim trotz des Preisanstiegs die wvr-Kunden deutlich weniger zahlen, als vergleichbare Kunden der Mainzer Stadtwerke.

Ronald Roepke und Siegfried Gendries (Foto: wvr)

Sie orientieren sich bei den Wasserpreisen an den Nachbarn? Wie sinnvoll ist ein solcher Vergleich?

Wir schauen bei den Wasserpreisen auch auf unsere Nachbarn. Bei den Verbandsgemeindewerken Wöllstein wurden die Wasserpreise beispielsweise deutlich gesenkt. Das ist auch unser Verdienst. Wir sind dort Dienstleister für die technische und kaufmännische Betriebsführung. Zudem sind in Wöllstein Großkunden angesiedelt. Diese tragen mit ihrer Wasserabnahme ganz wesentlich zur Kostendeckung bei. Wir sind dagegen bei der wvr sehr kleinteilig aufgestellt und bedienen mit 102 Ortsgemeinden ein flächenmäßig großes und über 2.500 Kilometer langes Leitungsnetz. Das bedeutet eine geringe Anschlussdichte und höhere spezifische Kosten. Und trotzdem sind wir günstiger als die Mainzer Stadtwerke mit ihrem Vorteil einer städtisch verdichteten Struktur. Das zeigt, dass jeder Versorger seine eigenen Rahmenbedingungen hat, die die Preise begründen. Wir schauen am Ende auf unser System und müssen dies für unsere wvr-Kunden zukunftssicher gestalten. Dazu ziehen Gesellschafter, Belegschaft und Management an demselben Strang.

Steigende Investitionen bei stabilen Wasserpreisen sind kaum machbar

Wie geht es weiter mit den Wasserpreisen? Warum greifen Sie nicht stärker zu Krediten? Die Zinsen sind doch extrem niedrig.

Wenn wir weiter investieren, brauchen wir auch finanzielle Mittel. Wir nehmen zwar Investitionskredite auf, zumal die Bedingungen günstig sind, aber das allein reicht nicht. Wir brauchen auch den Finanzierungbeitrag Wasserpreise: Wir haben das bisher ausgewogen gemacht und sind solide finanziert. Das haben uns die Banken bestätigt. Damit das so bleibt, werden die Wasserpreise auch in Zukunft moderat steigen müssen.

Der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) forderte kürzlich die Politik auf, Wasserversorger finanziell zu unterstützen. Schließen Sie sich dieser Forderung an? Was wünschen Sie sich für die wvr-Kunden von der Politik?

So wie Gesellschafter, Belegschaft und Management ihren Beitrag geleistet haben, wünschen wir uns auch einen Beitrag durch das Land für den Erhalt der Infrastruktur. So sollten Teile des Wasserentnahmeentgelts – wir sprechen von 6 Cent je Kubikmeter, die an das Land abzugeben sind – auch für investive Zwecke in den Unternehmen eingesetzt werden können. In Rheinland-Pfalz gibt es zwar sogenannte „Zuwendungen für wassserwirtschaftliche Maßnahmen“, aber wir arbeiten zu erfolgreich, um in den Genuss der Fördermittel zu gelangen. Wir müssten erst in Schieflage geraten, was wir natürlich vermeiden wollen. Bei der wvr muss derzeit alles über die Wasserpreise, die die Kunden zahlen, gedeckt werden. Da wünschen wir uns mehr Verteilungsgerechtigkeit.

Herr Roepke, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Hier geht es zur Website der wvr

Beitragsfoto: Rheinufer in Bodenheim, nahe des Wasserwerks der wvr (Gendries)

Daten und Fakten der wvr




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