Gadolinium: „Seltene Erden“ erzeugen viele Sorgen

Gadolinium, ein Stoff der „Seltenen Erden“ der dank eines Ökotest-Artikels plötzliche Berühmtheit erlangt, könnte zum Helden des vorsorgenden Gewässerschutzes werden. Als Kontrastmittel bei der Magnetresonanztomographie wandert Gadolinium aus dem menschlichen Körper über Abwässer in die Kläranlage – zusammen mit Arzneimitteln, Kosmetika und anderen Stoffen. Diese Anlage kann viele Substanzen aus den Abwässern entfernen, aber nicht alle. Und damit beginnt die Reise von Gadolinium durch die Gewässer, die dann über das Trinkwasser im menschlichen Körper endet. Analysen zeigen Gadolinium im Trinkwasser auf. Betroffen sind eine ganze Reihe von Städten, vermutlich mehr als Ökotest und andere Medien wie Wirtschaftswoche aufzeigen, dazu zählen Rhein-Anliegerstädte wie Düsseldorf, Köln, Rüsselsheim, Koblenz, Bonn, Leverkusen und Kleve sowie Ruhr-Städte wie Essen, Duisburg, Mülheim und andere. Aber auch in Berlin wird der Stoff gefunden.

Das Element Gadolinium (Gd) tritt in der Natur im Wasser nur in sehr niedrigen Konzentrationen auf. Es wird in der medizinischen Diagnostik als gesundheitlich unbedenkliches Kontrastmittel in die Blutbahn gespritzt. Weil es toxisch ist und daher nicht im Körper verbleiben darf, ist es in diesen Kontrastmitteln in eine ungiftige chemische Verbindung eingebunden, die innerhalb weniger Stunden über die Nieren wieder ausgeschieden wird. Dieses anthropogene Form gelangt dann mit dem Abwasser in Klärwerke, wo es sich genauso wie im Körper verhält: es geht k
eine chemischen Reaktionen ein und bleibt deshalb im Wasser. Dabei werden dem Patienten pro Kilogramm Körpergewicht ca. 15 Milligramm Gadolinium verabreicht. Das heißt, eine Person mit 70 Kilogramm Körpergewicht, wie sie für die Berechnung von Trinkwassergrenzwerten herangezogen wird, nimmt bei einer Untersuchung etwa 1 Gramm Gadolinium auf (Quelle: Bayer AG). Dies ist eine Menge, die um bis zu 100.000.000 mal höher ist, als die Menge, die üblicherweise im Trinkwasser gefunden wird. Hier ist der bekannte „Würfelzucker-Bodensee“-Vergleich angebracht. Zu den 40 Nanogramm pro Liter die im Mülheimer Trinkwasser festgestellt worden waren, haben die zuständigen Gesundheitsbehörden jedenfalls eine eindeutige Meinung: Es bestehe aber keine Gesundheitsgefahr, weil die Menge viel zu gering sei, klärte das Mülheimer Gesundheitsamt im Lokalrundfunk auf.

Aufschlussreich sind die Untersuchungen des IWW Zentrums Wasser, die zeigen, dass eine gesundheitliche bzw. toxikologische Relevanz der nachgewiesenen Konzentrationen nicht gegeben ist. Da die Trinkwasser-Verordnung keinen Grenzwert für Gadolinium nennt, gilt die sogenannte General-Forderung des Paragraph 4 , „… dass Trinkwasser so beschaffen sein muss, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss rein und genusstauglich sein.“ Zur Bewertung wird daher ein Gesundheitlicher Orientierungswert (GOW) in Höhe von 0,1 Mikrogramm je Liter herangezogen. Vom Umweltbundesamt (UBA) werden Stoffe ohne vollständige toxikologische Bewertung auf Basis der aktuell vorhandenen Daten unter dem Gesichtspunkt einer hohen gesundheitlichen Vorsorge bewertet und es werden GOW abgeleitet. Der GOW wird so niedrig angesetzt, dass auch bei lebenslanger Aufnahme der betreffenden Substanz kein Anlass zur gesundheitlichen Besorgnis besteht, klärt das IWW auf.

Bei aller Aufregung können Verbraucher und Naturschützer gemeinsam den Erkenntnissen und Diskussionen eigentlich dankbar sein. Nicht nur Ökotest verweist auf den in Folge des festgestellten Gadoliniums und anderer Rückstände dringenden Handlungsbedarf bei der Verhinderung des Eintrages derartiger Stoffe. Arzneimittel, Röntgenkontrastmittel (RKM), Nitrate und ähnliche Schadstoffe müssen in unser aller Interesse daran gehindert werden, in die Gewässer und anschliessend ins Trinkwasser zu gelangen. Die Verbraucher müssen ihre eigene Betroffenheit und die der Natur erkennen. Lösungen sind bekannt, es mangelt an dem Willen zur Umsetzung und Bereitschaft, die dafür notwendigen Kosten zu tragen. Technisch-organisatorische Maßnahmen wie Urin-Auffangbehälter,  Arzneimittel-Entsorgungssysteme oder dezentrale Krankenhaus-Kläranlagen können dazu beitragen, dass der Lebensraum Wasser durch Schadstoffe nicht in dem Maße wie heute in Mitleidenschaft gezogen wird. Da in vielen Regionen die Nutzung des Oberflächenwassers für die Trinkwasserversorgung alternativlos ist, müssten die Wasserwerke immer weiter aufgerüstet werden, um Trinkwasser in Lebensmittelqualität liefern zu können. Zahlen müssen letztlich die Verbraucher sowieso, entweder für die Vermeidung der Schadstoffe an der Quelle oder für deren Beseitigung in der Natur und im Trinkwasser. In dem Maße aber wie bei der Beseitigung in den Wasserwerken die Erfolgsaussichten sinken, steigen aber die Kosten – für alle.

Siehe auch: LebensraumWasser „Aufklärung kann Umwelt und Wasserqualität vor Arzneimittelrückständen schützen“

 

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