Expertenrunde zu Spurenstoffen im Wasser gestartet

Die Bundesregierung bereitet erste Maßnahmen vor, um Flüsse und Seen in Deutschland besser vor sogenannten Spurenstoffen zu schützen. Am 6.12. fand im Bundesumweltministerium (BMU) die erste Sitzung eines neuen ExpertInnengremiums statt. Diese Gruppe wird künftig regelmäßig begutachten, wie gefährlich einzelne Spurenstoffe sind. Außerdem sollen Hersteller und gesellschaftliche Gruppen bei mehreren Runden Tischen zusammenkommen. In einer einjährigen Pilotphase sollen dort erste Maßnahmen entwickelt und testweise umgesetzt werden. Gestartet wird mit den Röntgenkontrastmitteln. Diese Mittel erschweren unter anderem die Trinkwassergewinnung und nehmen mengenmäßig in Folge der medizinischen Entwicklung und gleichzeitigen Alterung unserer Gesellschaft kontinuierlich zu.

Spurenstoffe sind in vielen Bereichen des täglichen Lebens

Spurenstoffe sind Chemikalien, die zum Beispiel beim Einsatz von Arznei- oder Pflanzenschutzmitteln sowie Wasch- und Pflegemitteln entstehen. Diese Chemikalien lassen sich in herkömmlichen Kläranlagen kaum zurückhalten, weshalb sie häufig in die Umwelt gelangen. Schon in geringen Mengen können sie sich schädlich auf die Tier- und Pflanzenwelt in Gewässern auswirken. Da wo sie vorkommen, erschweren sie die Gewinnung von Trinkwasser.

Vor diesem Hintergrund hatte das BMU einen Stakeholder-Dialog zur Erarbeitung einer Spurenstoff-Strategie gestartet. Die dabei beteiligten Verbände haben sich auf einen breiten Maßnahmenkatalog geeinigt, um die Umweltbelastung mit Spurenstoffen zu verringern. Dazu gehört auch die Einrichtung eines unabhängigen ExpertInnengremiums zur Bewertung von Spurenstoffen. Diese erfolgt anhand der im Stakeholder-Dialog erarbeiteten Bewertungskriterien. Dem Gremium gehören 15 Experten und Expertinnen aus Bundesbehörden, Bundesländern, Industrie, Umwelt- und Wasserverbänden an, sie trafen sich am 6.12.2019 zu ihrer Auftaktsitzung, um auf Grundlage von Vorarbeiten des Umweltbundesamtes erste Spurenstoffe auf ihre Relevanz für die Gewässer zu bewerten.

Bei der Vorsorge müssen die Hersteller mitmachen

Für ausgewählte, als relevant bewertete Spurenstoffe werden jetzt Minderungsmaßnahmen erarbeitet, die an den jeweiligen Quellen ansetzen. Dies passiert an Runden Tischen, die die Hersteller der Produkte verantworten, welche die Spurenstoffe verursachen. Als Erstes wird es um die Gruppe der Röntgenkontrastmittel gehen. Hierzu startet am 16.12. 2019 ein erster Runder Tisch in Bonn. Teilnehmen werden Industrievertreter, Vertreter aus dem Gesundheitssektor, der Wasserwirtschaft, der Umweltverbände und der Länder. Es ist vorgesehen, dass die Organisation und Moderation des Runden Tisches von den beteiligten Akteuren im Wechsel durchgeführt wird, so dass ein ausgewogener Prozess gewährleistet werden kann.

Röntgenkontrastmittel nehmen zu und überfordern die Kläranlagen

Röntgenkontrastmittel können durch den menschlichen Körper nicht aufgenommen werden und werden daher unverändert ausgeschieden. Kläranlagen können diese Substanzgruppe allerdings kaum zurückhalten. Dadurch gelangen diese Mittel auch in die Gewässer, wo sie lange verbleiben und häufig nachgewiesen werden. Die Gewinnung von Trinkwasser wird dadurch aufwendiger. Ziel ist es, durch Maßnahmen bei der Produktwahl, bei der Herstellung, der Anwendung sowie durch Maßnahmen nach der Anwendung, den Eintrag von Röntgenkontrastmitteln ins Abwasser zu reduzieren, damit diese nicht über aufwendige und kostenintensive Technologien nachträglich entfernt werden müssen.

Konsumenten und Patienten spielen eine wichtige Rolle

Auch Arzneimittelwirkstoffe stehen im Fokus der Spurenstoffstrategie, da sie durch die gängigen Kläranlagen nur unzureichend zurückgehalten werden. Die Wirkstoffe gelangen entweder im Zuge der normalen Anwendung über menschliche Ausscheidungen durch das Abwassersystem in unsere Gewässer oder durch die falsche Entsorgung über Toilette und Spüle.

Konsens ist alternativlos

Wir dürfen gespannt sein, ob die Hersteller und die Wasserwirtschaft in diesem Gremium zu übereinstimmenden Bewertungen und abgestimmten Maßnahmen gelangen werden. Die strenge Auslegung des Vorsorgeprinzips macht den Konsens als Ergebnis alternativlos. Zweifellos tragen auch die Verbraucher eine große Verantwortung. Arglos oder im guten Glauben über die Toilette entsorgte Arzneimittel spielen im Spurenstoffaufkommen eine wichtige Rolle. Hier scheint es immer noch viel Aufklärungsbedarf zu geben. Wenn das alles nicht gelingt, wird es teuer. Die Nachrüstung der Kläranlagen wird Milliarden verschlingen. Investive Mittel die knapp sind und die in anderen Bereichen unserer Infrastruktur sinnvoller eingesetzt wären.

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Beitragsfoto: Canstock