EU-Ministerrat beschließt Kompromiss: einwandfreies und sauberes Trinkwasser

Leitungswasser soll in allen Staaten der EU bedenkenlos getrunken werden können. Der EU-Umweltministerrat hat dazu heute (5.3.2019) unter Beteiligung der Bundesumweltministerin Svenja Schulze seinen Standpunkt zum Vorschlag für eine Überarbeitung der Trinkwasserrichtlinie festgelegt. Mit den vorgeschlagenen neuen Regeln werden die Qualitätsstandards für Trinkwasser auf den neuesten Stand gebracht und ein kosteneffektiver, risikobasierter Ansatz bei der Überwachung der Wasserqualität eingeführt.

Ziele des Vorschlags zur Neufassung der Trinkwasserrichtlinie sind die Aktualisierung der Wasserqualitätsnormen, die Einführung eines risikobasierten Ansatzes zur Überwachung der Wasserqualität, die Verbesserung der Informationen über Wasserqualität und -dienstleistungen für die Verbraucher, die Harmonisierung der Normen für Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, und die Verbesserung des Zugangs zu Wasser. Die Überarbeitung geht direkt auf die erste erfolgreiche europäische Bürgerinitiative „Right2Water“ zurück.

Sauberes Trinkwasser überall und kostenlos

Trinkwasser soll von allen Europäern nicht nur bedenkenlos, sondern in der Gastronomie auch kostenlos getrunken werden. Damit will die EU das Plastikproblem bewältigen. Wasserflaschen aus Kunststoff werden zu Mikroplastik, was wiederum die Gewässer belastet.

„Ich weiß, dass sauberes Trinkwasser uns allen wichtig ist – das hat die europäische Bürgerinitiative „Right2Water“ gezeigt. Daher freue ich mich sehr, dass wir heute eine Einigung über den Standpunkt des Rates zur Trinkwasserrichtlinie erzielt haben. Das sendet eine klare Botschaft: Egal, wo man sich in Europa befindet, man kann das Wasser trinken und muss sich dabei keine Sorgen um seine Gesundheit machen“, erklärt Ioan Deneș, rumänischer Minister für Gewässer und Wälder.

Mit der vorgeschlagenen Neufassung sollen die derzeit geltenden Qualitätsstandards für Wasser, die vor mehr als 20 Jahren festgelegt wurden, aktualisiert werden. Der Vorschlag umfasst einen neuen risikobasierten Ansatz bei der Überwachung der Wasserqualität. Dieser Ansatz sollte auf lange Sicht die Überwachungskosten senken und gleichzeitig eine äußerst hohe Qualität des Trinkwassers garantieren.

Darüber hinaus werden mit der vorgeschlagenen überarbeiteten Richtlinie neue Verpflichtungen zur Verbesserung des Zugangs zu Wasser eingeführt. Die Mitgliedstaaten werden außerdem sicherstellen müssen, dass die Verbraucher sich über die Eigenschaften ihres Trinkwassers sowie über weitere nützliche Fakten informieren können.

Ob in allen Staaten der EU jetzt schon so bedenkenlos das Leitungswasser getrunken werden kann, wie es die EU-Kommission in dem Video glaubhaft machen möchte, können die Menschen in Rumänien oder in Bulgarien sicher besser beurteilen (Video klick hier).

Letztlich schlägt der Rat ein neues Verfahren zur Festlegung von Hygienevorschriften für Materialien vor, die mit Wasser für den menschlichen Gebrauch in Berührung kommen. Dadurch soll die Qualität solcher Materialien verbessert werden, um sicherzustellen, dass die menschliche Gesundheit geschützt wird und es zu keinen Verunreinigungen kommt. Bei organischen Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, kann dem Kompromiss zufolge auf bereits geltende Vorschriften für Materialien, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen (Positivliste), zurückgegriffen werden.

Image-Video der EU zur Qualität des Trinkwassers in Europa (Screenshot)

Umweltministerin Schulze befürchtet Privatisierung in Folge der Verbraucherinformation

Für Umweltministerin Schulze ging der ursprüngliche Ansatz, weitreichendere Informationen zur Verfügung zu stellen, zu weit. „Die vorgesehenen Verbraucherinformation geht über den Geltungsbereich der Richtlinie hinaus, das kann man ja so machen, wir befürchten aber bei der Art wie man es hier macht, einen Druck zur Privatisierung gibt. Aber das wollen wir nicht.“ Zunächst war vorgesehen, dass Wasserversorger umfangreiche wirtschaftliche Informationen den Kunden zur Verfügung stellen. Dagegen war insbesondere aus Deutschland eingewandt worden, dass dies dem eigentlichen Qualitätssicherungszweck der Trinkwasserrichtlinie zuwider liefe. Insgesamt begrüßte Schulze den vorliegenden Kompromissvorschlag, hatte aber noch in einigen weiteren Punkten Vorbehalte. So wünschte sie sich verbindlichere Regelungen beim Blei und forderte die Beseitigung der Rechtsunsicherheiten bei den Pestiziden. Auch sah sie bei der Biozid-Verordnung Änderungsbedarf, weil dadurch „Millionen Betreiber von privaten Brunnen vor ungeeigneten Desinfektionsmitteln zu schützen seien.“ Schliesslich begrüßt Schulze die Flexibilisierung bei den Überwachungsanforderungen für kleine Wasserversorgungsunternehmen. Hier war insbesondere aus Deutschland und Österreich Kritik an dem bisherigen engmaschigen und kleinteiligen Qualitätsüberwachungen geäußert worden.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (Screenshot)

Hintergrund und nächste Schritte

Die Kommission nahm am 1. Februar 2018 ihren Vorschlag für eine Neufassung der Trinkwasserrichtlinie an. Der Rat „Umwelt“ führte am 25. Juni 2018 eine Orientierungsaussprache über den Vorschlag. Unter österreichischem und rumänischem Vorsitz wurden die inhaltlichen Beratungen auf Sachverständigenebene fortgesetzt.

Das Europäische Parlament schlug am 23. Oktober 2018 im Plenum Änderungen am Kommissionsvorschlag vor. Die inter-institutionellen Verhandlungen werden wahrscheinlich unter finnischem Vorsitz stattfinden. Somit dürfte die Trinkwasserrichtlinie erst im zweiten Halbjahr 2019 beschlossen werden.

Mehr dazu

  • Interinstitutionelles Dossier mit Kompromissvorschlag des Generalsekretariats des Rates zur Sitzung am 5.3.2019
  • VideoCast der Sitzung des Rates vom 5.3.2019 (Umweltministerin Schulze bei 15:15 Min.)

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