Dürfen häusliche Trinkwasserinstallationen stiefmütterlich behandelt werden?

Alle zwei Jahre müssen wir mit unserem PKW zum TÜV. Regelmäßig fahren wir mit unserem Auto zur Inspektion. Klar doch, schliesslich geht es um Sicherheit und Werterhalt. Aber sollte es darum nicht auch bei Trinkwasser gehen – immerhin ein Lebensmittel? „Natürlich, aber dafür sorgt der Wasserversorger“, lautet die reflexartige Antwort. Stimmt, der Versorger liefert ein Trinkwasser, dessen Qualität und Transportwege gesetzlich geregelt sind. Aber dann, was passiert danach? Wer lässt seine Hausinstallation regelmäßig prüfen oder gar warten? Seit einigen Monaten frage ich danach Hausbesitzer und Installateure. Die Antwort darauf ist meist Achselzucken oder eine Gegenfrage „Wer macht denn so etwas?“ Das muss erstaunen. Geht es etwa nicht auch um Sicherheit und Werterhalt? Doch, und zwar noch wichtiger: es geht um unsere Gesundheit. „Trinkwasser ist ein Lebensmittel.“ Was kann daher wichtiger sein, als die Inspektion und Wartung der Hausinstallation?

Die Trinkwasserverordnung und einige andere wichtige Regelwerke bestimmen was getan werden muss, damit einwandfreies Trinkwasser aus der Leitung entnommen werden kann. Stimmt, aber was viele Hausbesitzer noch nicht zu wissen scheinen: Der Versorger sorgt für die Trinkwasserqualität bis zum Übergabepunkt, das ist in der Regel der Gebäudewasserzähler. Danach übernimmt der Hausbesitzer die Verantwortung für die Trinkwasserqualität. Alles nur Panikmache? Nein, denn dafür gibt es gibt Negativbeispiele.canstockphoto23727097

Sicherung der Trinkwasserqualität in Wohngebäuden 

Was sagt zu dem Thema der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs e.V., kurz DVGW. Der DVGW ist so etwas wie der „kleine Gesetzgeber“ für alle Fragen rund um das Trinkwasser. Er setzt die Standards und leistet vielseitige Unterstützung. Auf seiner Website „Der Wasserberater“ erklärt er: “Trinkwasserinstallationen müssen, wie alle technischen Einrichtungen, regelmäßig gewartet werden. Die Wasserqualität kann beeinträchtigt werden, wenn die Einrichtungen der Trinkwasserinstallation unzureichend oder nicht regelmäßig gewartet werden. Die ordnungsgemäße Funktion ist daher regelmäßig zu überprüfen und eine regelmäßige Wartung durchzuführen. Was bei der Wartung zu tun ist, wird in den Anweisungen der europäischen Normen ausführlich beschrieben. Für die bisher in Deutschland üblichen Produkte sind ausführliche Inspektions- und Wartungsanleitungen in DIN EN 806-5 beschrieben.“ Alles klar? Wohl kaum. Zwar sind auf der Website weitere Hilfestellungen zu finden, wie Stagnationen vermeiden, Leitungen regelmäßig spülen, Filter reinigen oder spülen, Verbindungen prüfen und ähnliches. Auch das „warum“ erklärt der DVGW: „Die Lebenserwartung für Trinkwasserleitungen wird in den technischen Regeln mit 50 Jahren beschrieben. Armaturen und Apparate unterliegen einem höheren Verschleiß und sollten spätestens alle 10-15 Jahre instand gesetzt werden.“ Aber hilft das? Werden in den Mietobjekten die Trinkwasserinstallationen wirklich regelmäßig geprüft und gewartet? Brauchen wir einen Hygiene-TÜV für Trinkwasser-Installationen?

Wie es um die Qualitätssicherung in Wohngebäuden bestellt zu sein scheint, beschreibt eine Antwort, die ich von Bernd Staats vom Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW auf meine Frage erhielt, welche Erfahrungen Installateure zu Wartung von Wasserfiltern in Wohngebäuden gemacht haben. Seine Auskunft sollte zu denken geben: „Unsere Mitgliedsbetriebe machen den Endkunden/Betreiber darauf aufmerksam, genau wie auf alle anderen wartungsbedürftigen Einbauteile in einer Trinkwasser-Installation.

Foto SHK NRW
Hausfilter in der Trinkwasserinstallation        Foto: SHK NRW

Vielfach wird bei Übergabe der Anlage ein diesbezüglicher Wartungsvertrag mit angeboten. Wir gehen allerdings davon aus, dass das Thema Wartung von Trinkwasserfiltern aus Betreibersicht eher stiefmütterlich behandelt wird, da die Funktion und die Aufgabe dieser Filter zum Teil nicht bekannt sind oder als nicht relevant eingestuft wird, solange das Trinkwasser am Wasserhahn noch klar fließt.“ Ein Blick auf bestehende, nicht gewartete Filter lässt dann die Relevanz auf für den Laien erkennen (siehe Beispielbild aus einer Restauration).

Wie sieht es rechtlich aus?

Wer sich als Laie versucht, durch die Trinkwasserverordnung und viele andere Regelwerke durchzuarbeiten, wird sich glücklich schätzen, einen Installateur seines Vertrauens oder seinen Trinkwasserversorger fragen zu können. Die müssen das nämlich alles wissen. Ich wollte auf Nummer Sicher gehen und habe einen Juristen gefragt. Der Bochumer Rechtsanwalt Hartmut Hardt VDI, Dozent und Berater für Betreiberverantwortung im Facility Management, stellte mir freundlicherweise eine kurze Ausarbeitung zu dem Thema „Betreiberpflichten“ zur Verfügung: „Die Trinkwasserverordnung verpflichtet den Unternehmer oder sonstigen Inhaber dazu, dass das abgegebene Wasser kontinuierlich – also an jedem Tag – genusstauglich und rein, sowie frei von krankheitserregenden Keimen sein muss,“ erklärt Hardt die Ausgangslage für die Hauseigentümer. Wer sich noch gelassen zurücklehnt, sollte als Vermieter spätestens jetzt aufmerksam werden: „Bei schuldhaften Verstößen gegen die in der Trinkwasserverordnung festgelegten Pflichten drohen dem Vermieter ordnungsrechtliche Bußgelder bzw. Strafverfahren. Der Vermieter hat daneben in einem Schadenfall möglicherweise Schadenersatz und unter Umständen Schmerzensgeld zu zahlen, wenn er seine Verkehrssicherungspflichten nicht beachtet und sich hieraus Schadenfälle, also zum Beispiel Erkrankungen in Folge des Verzehrs von Trinkwasser, entwickeln. Eine fahrlässige Körperverletzung ist strafbewährt und wird mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet. Natürlich“, so Hardt, „braucht der Vermieter nicht allen denkbaren Gefahren vorzubeugen, sondern hat den Schutz vor den Gefahren zu erbringen, die über das übliche Risiko bei der Benutzung der Mietsache hinausgehen und für den Mieter nicht vorhersehbar oder ohne weiteres erkennbar sind. Diese Anforderungen werden mit der Umsetzung der technischen Regelwerke erfüllt. Nicht jeder Vermieter wird als Betreiber einer Trinkwasseranlage wissen, was zu tun ist. Er sollte es aber, denn er haftet!

Sind Wartungsverträge für die Trinkwasserinstallation eine Lösung?

Viele Hauseigentümer sind sich ihrer Verantwortung womöglich gar nicht bewusst. Weniger noch wissen sie, was sie tun müssen, um im dennoch eintretenden Schadenfall nicht haften müssen. Also sollten sie sich fachkundiger Unterstützung bedienen. Zwar erhalten sie von ihrem Planer oder Installateur eine Einweisung, wie mit der Trinkwasseranlage umzugehen ist, aber wer kann sich Jahre später noch daran erinnern oder erhält diese Informationen beim Erwerb eines alten Hauses.

Die Idee klingt eigentlich nach einem idealen Geschäftsmodell für Installateure. Sie bauen die Hausinstallation, wissen also wie es um sie bestellt ist, und bieten dann einen Wartungsvertrag an. Wie es bundesweit um die Nachfrage nach solchen Wartungsangeboten bestellt ist und ob es sie überhaupt gibt, kann ich noch nicht beurteilen, aber bisher habe ich nur wenige positive Beispiele gefunden. Die Bergische Energie- und Wasser, ein Regionalwasserversorger in NRW, hatte 2014 gemeinsam mit dem Installateurhandwerk ein kostenloses Angebot für einen Trinkwasser-Check ins Bildschirmfoto 2016-01-17 um 17.16.52Leben gerufen. Die Resonanz, so erfuhr ich von teilnehmenden Installateurbetrieben, war mehr als enttäuschend. Vielleicht brauchen wir in Deutschland einfach nur mehr Informationen über die Bedeutung einer einwandfreien Trinkwasserinstallation. Möglicherweise müssen wir die Verbraucher auch nicht nur über die Trinkwasserqualität der Versorger informieren, sondern sie auch für die Qualität der Hausinstallation und die Fragen der Hygiene sensibilisieren. Das betrifft natürlich nicht nur Wohngebäude, sondern gilt noch mehr für Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser. Ich möchte mich mit LebensraumWasser gerne an diesem Informationsangebot beteiligen.

LebensraumWasser möchte sensibilisieren und informieren 

Das Thema scheint tatsächlich noch stiefmütterlich behandelt zu werden. Auch die Hausinstallation zählt zum LebensraumWasser. Immer wieder erreichen mich Mails und Anfragen von besorgten Eltern oder Betroffenen, wenn es um die Hausinstallation geht. Zwar bin ich kein Fachmann für Trinkwasserhygiene, dennoch möchte ich unterstützen.

Zunächst geht es daher an die Recherche. Ich möchte die Leser von LebensraumWasser aufrufen, diese zu unterstützen. Mich würde daher interessieren, wer Erfahrungen mit der Prüfung und Wartung von Trinkwasser-Hausinstallationen gemacht hat. In welchem Zustand befanden sich die Anlagen? Wer hat als Mieter gute oder schlechte Erfahrungen gemacht. Wer als Vermieter oder Installateur? Wer hat Wartungsverträge für die Trinkwasserinstallation in Gebäuden abgeschlossen oder bietet sie als Installateur oder Fachbetrieb an. Gerne würde ich über solche Beispiele in diesem Blog berichten. Soweit gewünscht, werde ich die Informationen natürlich vertraulich behandeln. In Kürze wird eine Onlinebefragung von Installateuren und Hauseigentümern durchgeführt. Das Thema Hygiene und Trinkwasserqualität in der Hausinstallation wird jedenfalls ein Schwerpunkt dieses Blogs.

Wer unterstützen möchte oder Fragen hat, wende sich bitte per Mail an siegfried@gendries.de

Weiterführende Quellen:
Umweltbundesamt Rund um das Trinkwasser 
Wartung von Trinkwasseranlagen in Wohngebäuden
, Jörg Scheele, Witten
SBZ Online Wartung
Rechtsanwalt Hardt

 

2 Kommentare

  1. Ein sehr interessanter Eintrag, der viel Wahres beinhaltet und auf ein wirkliches Problem hinweist, welches schnellstmöglich angegangen werden sollte! Es geht um unser Trinkwasser, die Qualität des Trinkwassers! Und diese Qualität des Trinkwassers muss gesichert werden, und da muss einiges getan werden, damit eine bestimmte Qualität garantiert werden kann. Ich, als besorgter Bürger, versuche selbst aktiv zu werden, und filtere mein Wasser selber nochmal zusätzlich. Dafür habe ich mir einen Wasserfilter installieren lassen! Es immerhin um unser Trinkwasser, ich glaube nicht, dass die Wichtigkeit und Bedeutsamkeit von gesundem Trinkwasser erklären muss. Dies wurde im Beitrag gut dar gestellt.

    „Doch, und zwar noch wichtiger: es geht um unsere Gesundheit. „Trinkwasser ist ein Lebensmittel.“ “

    Vielen Dan für diesen Artikel und viele Grüße!

    • Hmm, ein Wasserfilter? Installiert?
      Da wäre erstens wichtig, welche Porengröße dieser Filter hat, denn danach richtet sich die Sicherungseinrichtung, die zwingend vorgeschrieben ist.
      Denn was passiert bei einem Filter? Er filtert je nach Porengröße Keime, Bakterien, Viren, etc. aus und somit zählt das Wasser zur Gefahrenklasse 5 was eine Sicherungseinrichtung AB erfordert.
      Diese ist in etwa so groß wie ein Kühlschrank und kostet das Vielfache eines Kühlschrankes.
      Aus dem Grund sind Filter fest verbaut in die Trinkwasserinstallation nicht zulässig.

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