Brasiliens Umwelt- und Wasserkrisen

Die Fußball-Weltmeisterschaft steht vor der Tür und in Brasilien drohen Stromausfälle und Wasserknappheit. Eine verheerende Dürre beeinträchtigt die Infrastruktur des WM-Ausrichters. Wegen des seit Monaten ausbleibenden Regens gibt es immer weniger Wasser in den brasilianischen Stauseen. Diese sichern die Wasserversorgung und die Stromversorgung mit über dreißig Wasserkraftwerken. In manchen dieser Seen liegt der Pegel bei unter 25 Prozent. Damit könnte die Versorgungssicherheit der Großveranstaltung bedroht sein. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff hatte trotz der Trockenheit zugesagt, dass auch bei Engpässen zu keinem Zeitpunkt der Strom abgeschaltet wird. Laut Wall Street Journal pumpt die Regierung bereits Milliardenbeträge in die Versorgung des Landes, damit auf keinen Fall Stromausfälle Brasilien blamieren. Grund für diese Maßnahme könnten die Präsidentschaftswahlen im Herbst und das ehedem schon angeschlagene Wirtschaftswachstum sein. Ein Blackout während einer Spielübertragung würde nicht nur der WM schaden, sondern auch dem Image des von Bürgerprotesten gegen Infrastrukturdefizite ehedem schon geschädigtem Landes.

In São Paulo, einem der Hauptspielorte der WM, soll in den eigentlich regenreichsten Monaten zwischen Dezember und Februar lediglich ein Drittel der sonstigen Niederschlagsmenge gefallen sein, und im Mai regnete es statt der üblichen über 80 nur gerade mal 37 Millimeter. Damit fehlen die dringend benötigten Wasserressourcen. Betroffen sind neben südöstlichen Regionen auch ausgedehnte Gebiete im Nordosten und in zentral-westlichen Teilen des Landes. Laut Mauricio ­Tolmasquim, Chef der brasilianischen Energiebehörde, „erlebt Brasilien die schlimmste Wasserversorgungskrise seit 80 Jahren„.

Kaum vorstellbar, denn Brasilien ist bekannt für seinen Wasserreichtum. Dies ist auch der entscheidende Grund, weshalb die Wasserkraft zu 70 Prozent die Stromversorgung stellt. Aber Ineffizienz, Verschwendung, Verschmutzung und chaotische Urbanisierung scheinen die Lage weiter zu verschlimmern. So gehe ein Viertel des in São Paulo durch das Zubringernetz fliessenden Wassers wegen Leckagen verloren oder werden aufgrund von Verunreinigungen unbrauchbar, landesweit sind es knapp 40 Prozent. Wenn dann der ausreichende Zufluss fehlt, ist das Fiasko eigentlich kaum vermeidbar. Es sei denn, man leitet das verbliebene Wasser um: Von den Wohnvierteln zu den Spielstätten und Hotelanlagen. Ähnliches dürfte beim Strom zu erwarten sein. In einigen Regionen dürften die brasilianischen Fans zuhause vor ihren Fernsehern vergeblich auf den Anpfiff warten, mangels Strom könnte der Fernseher ausgeschaltet bleiben. Die Stadien wurden bereits vorsorglich mit Notstromaggregaten ausgestattet.

Wenn am Ende des Festivals um den Fußball die Siegermannschaft feststehen wird, werden auch die Verlierer ausgemacht sein. Hierbei sind nicht die Mannschaften aus den Fussballentwicklungsländern gemeint, sondern die Menschen in den Armutsvierteln, den Favelas. Ihnen wird bei anhaltender Knappheit während der WM das Wasser abgestellt. Denn die ausländischen Fussballtouristen in den Hotels dürfen in den Pools und unter den Duschen die Wasserknappheit sicher nicht zu spüren bekommen, sie sollen ja als Urlaubstouristen zurückkehren.

Aktualisierung im November 2015

Nein, die schlimmste Versorgungskrise ereignete sich nicht im Juni 2014, sondern Anfang November 2015. Vor knapp zwei Wochen ist der Damm eines Abraumteichs einer Eisenerzmine in Mariana (Bundesstaat Minas Gerais) in Brasilien gebrochen und hat das Dorf Bento Rodrigues sowie die umliegenden Gebiete mit Schlamm und giftigem Aushub überflutet. Mehr als 20 Menschen sollen ums Leben gekommen sein. Durch das kontaminierte Gebiet fließt der Rio Doce, der bei den Einwohnern seit Generationen als heilig bezeichnet wird. Laut Alexandre Sylvio Vieira da Costa, Professor für Wasserressourcen, wird es mindestens zehn Jahren dauern, bis der Fluss sein biologisches Gleichgewicht wieder erreicht hat. Demnach haben die giftigen Abfälle (hauptsächlich Eisen, Aluminium und Mangan) alle Wasserpflanzen, die den biologischen Kreislauf des Flusses bilden, vollkommen abgetötet. Inzwischen hat der Fluss eine gigantische und toxische Schlammlawine in Richtung Ostküste gewälzt, das Küstenökosystem ist in großer Gefahr.

MIttlerweile sind die Befürchtungen des brasilianischen Institut für Umwelt (IBAMA) eingetreten: der giftige Klärschlamm hat die Küstenregion erreicht und sich ins Meer ergossen. Bei Umweltaktivisten und Bewohnern der Region herrscht größte Sorge. Sie befürchten ein Massensterben bei Brutvögeln, Meeresschildkröten und Fischen. „Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor und befürchten gravierende Auswirkungen auf die Fischfauna und sogar den weit von der Küste entfernt liegenden Korallenriffen rund um die Inselgruppe Abrolhos vor der Küste von Bahia“, berichtet Marilene Ramos, Präsidentin der IBAMA.

Q latinapress

Q: http://latina-press.com/news/211391-umweltkatastrophe-brasilien-giftschlammwelle-erreicht-das-meer/ (Foto)

 

 

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