Abwasser verrät Drogen-Junkies

Alle reden von Alexa wenn es um die Privatsphäre geht. Einige Zeitgenossen müssen eher die Toilette fürchten. Seit 2011 werden in einigen europäischen Städten die Abwässer auf Drogen analysiert. Teilnehmer der Studie der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen sind die Abwässer aus 56 europäischen Städten in 19 europäischen Ländern. Im März 2018 wurden die aktuellen Ergebnisse vorgelegt.

Vier illegale Drogen im Abwasser von 43 Millionen Europäern gesucht – und gefunden 

Von Berlin nach Vilnius und von Helsinki nach Barcelona wurden tägliche Abwasserproben in den Einzugsgebieten von Kläranlagen über einen Zeitraum von einer Woche analysiert. Das Abwasser von etwa 43 Millionen Menschen wurde auf Spuren von vier illegalen Drogen untersucht: Amphetamin (Speed), Kokain, MDMA (Ecstasy) und Methamphetamin. Dabei wurden Unterschiede zwischen Städten desselben Landes ermittelt, was auf die unterschiedlichen sozialen und demografischen Merkmale der Städte (Hochschulen, Vorhandensein von Ausgehvierteln und Altersstruktur der Bevölkerung) zurückgeführt wird. Dabei überraschte die Ruhrgebietsstadt Dortmund mit Amphetaminwerten von 181,7 Milligramm je 1.000 Einwohner pro Tag, was in einem zweifelhaften Spitzenposition mündet. Chemnitz hat zum ersten Mal bei der europaweiten Abwasserkontrolle auf Drogenrückstände mitgemacht. Das Ergebnis dieser Premiere ist allerdings ernüchternd. Demnach nimmt die Stadt beim Konsum der synthetischen Droge Crystal eine führende Position in Europa ein. „Eine große Rolle spielt beim Thema Crystal zweifelsohne die geografische Lage von Chemnitz“, sagte der Sprecher der Stadt, Robert Gruner dem MDR SACHSEN. Die damit verbundene Nähe zur professionellen Crystal-Herstellung in Tschechien erleichtere den Erwerb logistisch wie auch preislich.

Dortmund - Hochburg der Amphetamin-Funde im Abwasser.
Dortmund – Hochburg der Amphetamin-Funde im Abwasser.

Abwasseranalysen werden immer aussagekräftiger

Die Abwasseranalyse ist ein sich rasch entwickelndes wissenschaftliches Fachgebiet, das die Überwachung von Echtzeit-Trends auf geografischer und zeitlicher Ebene im Bereich des illegalen Drogenkonsums ermöglicht. Die ursprünglich in den 1990er Jahren zur Überwachung der Umweltauswirkungen von häuslichem Abwasser genutzte Methode wird inzwischen zur Schätzung des illegalen Drogenkonsums in verschiedenen Städten eingesetzt. Sie beinhaltet die Entnahme einer Abwasserprobe, wie z. B. die Probenahme am Zulauf einer Kläranlage. Dies ermöglicht es Wissenschaftlern, die Menge der in einer Gemeinschaft konsumierten Drogen durch die Messung der Konzentrationen an illegalen Drogen und ihrer Metaboliten im ausgeschiedenen Urin zu schätzen.

Toilette entlarvt Drogenkonsum in US-Städten

Sewage is the information superhighway under your feet,” erklärt Rolf Halden, Diektor des A.S.U.’s Biodesign Center for Environmental Health Engineering, in der Fachzeitschrift Scientific American warum das Schmutzwasser in den Kanälen für die Forschung in den USA so wichtig ist. In den vergangenen 15 Jahren hat Halden’s Human Health Observatory den Schlamm aus Kläranlagen von mehr als 300 Städten weltweit analysiert. Sein Netzwerk umfasst Partner aus Australien, China und aus anderen Metropolen der Welt. Es handelt sich dabei um das weltweit größte Projekt. In der Vergangenheit erhielten die Städte damit eine Datenbasis über die Gesundheit in der Stadt. Zu den Resultaten zählten Einschätzungen zu Stresshormonen, gefährliche Chemikalien, Nikotins und anderen Stoffen. Seit das Drogenproblem immer drängender wurde und die Zahl der an Rauschgift-Überdosen Gestorbener epidemische Ausmaße annahm, begann ja dem Projekt auch die Suche nach Opioden. Anstelle der Betroffenen, die zumeist eine verzerrte Realität darstellen, geben jetzt die Toiletten die objektiven Antworten.

Aber bei der Analyse ist Vorsicht geboten. So verlassen rund 65% der Bewohner von Oslo im Juli für die Ferienzeit die Stadt. Würde man die Konzentration an Inhaltsstoffen auf eine statische Bevölkerungszahl beziehen, gäbe es fehlerhafte Schlussfolgerungen.

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