Landwirte sollen für Wasserentnahme zahlen

„Landwirtschaft und Trockenheit“, wer als Minister hierbei statt Subventionen anzubieten, Wasserentnahmeentgelte ankündigt, muss schon ein „dickes Fell“ haben – und keine Wahlen „im Blick“. Bei Mecklenburg-Vorpommerns Umwelt- und Agrarminister Till Backhaus passt das, Landtagswahlen sind erst 2021. Also nutzte er am 17.12.2018 seine Jahresabschlusspressekonferenz in Schwerin und erklärte seine „Wasserstrategie“. Auftakt machte die Ankündigung eines „Statusberichts“ über die aktuelle Situation der Wasserversorgung im Land und den „Grundsatzplan Trinkwasserversorgung 2040“. Für die öffentliche Wasserversorgung betonte er nicht nur deren Vorrang, er stellte auch öffentliche Mittel für die Infrastruktur in Aussicht. „(…) möchten wir auch den zukünftigen Handlungsbedarf für Investitionen in die öffentliche Trinkwasserversorgung bis 2040 eruieren und Bedarf und Möglichkeiten einer Unterstützung durch das Land prüfen“, unterstrich der Minister.

LANDWIRTE SOLLEN WASSERENTNAHMEENTGELT ZAHLEN

Anders dagegen die Landwirte. Sie sollen zur Kasse gebeten werden – und sich von den Dürrehilfen verabschieden. Zwar sind zur Minderung der Dürrefolgen „mehr als 23,3 Millionen Euro an 396 landwirtschaftliche Betriebe“ gezahlt worden, „staatliche Hilfen seien aber keine Dauerlösung“. Damit kündigte Backhaus das Ende der Zahlungsbereitschaft an. „Die Landwirte selbst tragen in ihrer Eigenschaft als Unternehmer zuvorderst die Verantwortung für das betriebliche Risikomanagement. Darin waren sich die Agrarminister des Bundes und der Länder im September erneut einig. Der Staat kann dies nur ergänzen“, sagte er weiter. Und dann kam es: Im Ministerium werde intensiv über ein Wasserentnahmeentgelt (WEE) für Landwirte nachgedacht, wenn sie Grund- oder Oberflächenwasser für die Bewegung entnehmen . Bisher sei die Entnahme für die Beregnung von Feldern kostenlos.

LEBENSRAUMWASSER FRAGT, DAS UMWELTMINISTERIUM ANWORTET

Ich wollte es genau wissen und habe mich an die Pressesprecherin des Umweltministerium MV, Eva Klaußner-Ziebarth, gewandt, die auch prompt antwortete:

Soll dieses Wasserentnahmentgelt für Grund- und Oberflächenwasser noch 2019 eingeführt werden? „Ein Wasserentnahmeentgelt sieht das Landeswassergesetz in M-V bereits seit 1992 vor. Wenn jetzt eine Änderung erfolgt, dann mit der Novellierung des Landeswasserrechts, ein Zeitpunkt hierfür kann noch nicht benannt werden, 2019 nicht.“

Werden alle Nutzer von Grund- und Oberflächenwasser zahlungspflichtig werden, d.h. auch die öffentliche Trinkwasserversorgung? – Klaußner-Ziebarth: „Die Entnahmen für die öffentliche Trinkwasserversorgung sind bereits entgeltpflichtig. Angedacht ist, dass mit der Novellierung des Landeswasserrechts das Wasserentnahmeentgelt (WEE) auch auf Entnahmen  für die landwirtschaftliche und erwerbsgärtnerische Beregnung ausgedehnt wird, entsprechende Nutzungen sind bislang entgeltfrei möglich. Diese landwirtschaftlichen Nutzungen sollen abgaberechtlich mit anderen Gewässerbenutzungen, etwa denen für die öffentlichen Trinkwasserversorgung oder Wasserentnahmen durch Industrie und Gewerbe, gleichgestellt werden, weil sie ebenso auf den Wasserhaushalt einwirken.“

Wie verhält sich diese Belastung der Landwirte mit der staatlichen Förderung bei Dürre? Wäre dies nicht nur eine Umverteilung oder sollen mit dem Wasserentnahmeentgelt ökonomische Anreize zu wassereffizienten Bewässerungsmethoden gegeben werden? – Klaußner-Ziebarth: „Siehe oben stehende Anm., ja, es soll auch ein Anreiz für wassereffiziente Bewässerungsmethoden geschaffen werden“

Sieht das Land Mecklenburg-Vorpommern eine Vorrangbehandlung der öffentlichen Trinkwasserversorgung bei knappen Wasserdargeboten (siehe Niedersachsen)? – Klaußner-Ziebarth: „In § 50 Absatz 1 WHG ist bereits geregelt, dass die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung (öffentliche Wasserversorgung) eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ist. Dies drückt die besondere Stellung der öffentlichen Wasserversorgung aus. Dazu kommt die gesetzliche Befugnis zur Festsetzung von Wasserschutzgebieten und zur Festsetzung von besonderen Anforderungen in diesen Schutzgebieten. Auch hier besteht der Bezug ausdrücklich zum Wohl der Allgemeinheit. Von daher wird die grundsätzliche Auffassung aus Niedersachsen in MV geteilt.“

BAUERNVERBAND: LANDWIRTE NICHT FÜR INNOVATION BESTRAFEN

Bei dieser Deutlichkeit der Ankündigung konnte die Reaktion des Bauernverbandes MV nicht lange auf sich warten lassen. Mit Befremden hat dann schon tags darauf der Bauernverband MV durch seinen Präsidenten Detlef Kurreck auf die Ankündigung reagiert, für Landwirte ein Wasserentnahmeentgelt für Grund- und Oberflächenwasser einzuführen. 

„Man kann nicht auf der einen Seite strategische Investitionen fordern und zeitgleich innovative Landwirte für ihr Engagement bestrafen“, sagt Bauernpräsident Detlef Kurreck. „Wenn die Landwirte jetzt das Wasser für die Beregnung bezahlen sollen, ist das als wenn ich jemanden zu einer Party einlade und ihm am Ende eine Rechnung präsentiere“.

WASSER-FLATRATE DARF NICHT SEIN

Vielleicht war die reflexartige Reaktion des Bauernpräsidenten dann doch etwas unüberlegt; mindestens der „Party-Vergleich“ ist etwas fehlgeleitet. Spätestens wenn der nächste trockene Sommer kommt, werden sich nicht alle Bewässerungsbedürfnisse erfüllen lassen. Da spielt das Entgelt kaum die entscheidende Rolle. Wenn die Landwirte – auch solche, die ineffizient bewässern – auf die Gewässer zugreifen, ist die Natur schnell am Ende. Daher werden auch die Landwirte nicht umhin kommen, Vorsorge zu treffen. Wassersparende Bewässerungssysteme werden auf Dauer ebenso erforderlich sein, wie eine Klima-angepasste Fruchtwahl. Das klingt hart, aber wenn es sein muss, werden auch wir Konsumenten uns an ein anderes Preisgefüge gewöhnen müssen. Da kann das Wasserentnahmeentgelt sogar helfen. Aus Sicht des Ministeriums soll das Entgelt auch eine Lenkungsfunktion haben und als Anreiz für Investitionen in wassereffiziente Bewässerungssysteme verstanden werden. Wer das als Landwirt versteht, kann zweimal profitieren: zum einen in dem er Wasser spart, die Ressourcen schont und letztlich die Entgeltzahlungen reduziert und dann in dem er sich die Anschaffung des Systems durch das Agrarinvestitionsförderungsprogramm des Landes MV fördern läßt. Wer nämlich mindestens 25 Prozent weniger Wasser verbraucht, erhält für die effiziente Beregnungsanlage Fördermittel. Das ist dann eine staatliche Leistung die sinnvoll ist, weil sie in eine nachhaltige Richtung lenkt.

Zurück zum „Party-Vergleich“ des Bauernpräsidenten. Sehen wir es doch einmal so: Wer immer nur kostenlos trinken will, gilt irgendwann als Party-Schnorrer und wird nicht mehr eingeladen, dann ist er allein und sitzt zudem noch auf dem Trockenen … Auch nicht schön.

Gut zu wissen:

  • Das Wasserentnahmeentgelt (WEE) ist eine Sonderabgabe aufgrund des Landeswassergesetzes M-V (§§ 16 ff. LWaG – s.u.). „Das WEE ist eine staatliche Abgabe, die auf das Entnehmen von Grund- und Oberflächenwasser aus der Natur zu entrichten ist. Es soll den sparsamen Umgang mit Wasser befördern. Das WEE wird außerdem zweckgebunden verwendet, um die Verbesserung des Gewässerschutzes mit zu finanzieren.“ Quelle: Klaußner-Ziebarth
  • Das Wasserentnahmeentgelt wird in fast allen Bundesländern – auch in fast ganz Europa – erhoben. Ausnahmen im Bundesgebiet sind lediglich Bayern, Hessen und Thüringen. Die Landwirtschaft ist von einer Zahlung ausgenommen in Baden-W., NRW, Rh.-Pfalz und Meckl.-Vorpommern. Quelle: Gawel/Bretschneider (s.u.)

Quellen

Quelle: VKU https://www.vku.de/fileadmin/user_upload/Verbandsseite/Sparten/Wasser_Abwasser/180409_VKU-Grafik_Wasserentnahmeentgelte_2018.pdf