Wasserkonflikte klärt in Valencia ein Tribunal aus maurischer Zeit

Valencia glänzt mit modernster Technologie und Smart Water. Weniger bekannt ist das über 1.000 Jahre alte Wassertribunal, das El Tribunal de las Aguas de la Vega de Valencia. Dank der Mauren zur Schlichtung von Bewässerungsstreitigkeiten eingeführt, wurde das Tribunal über die Jahrhunderte bewahrt und zieht als touristisches Ereignis die Besucher der spanischen Metropole an. Anfang April 2017 besuchte ich eine der wohl eigenartigsten Gerichtsbarkeiten in Europa.

Wasserprobleme sind kein Phänomen der Neuzeit. Als Kalif Abderraman III. von 912 bis 961 in Valencia herrschte, richtete er ein paritätisch besetztes Tribunal ein, um Streitigkeiten um das knappe Wasser zu schlichten. Das Wassergericht oder Tribunal ist sogar im Artikel 125 der spanischen Verfassung verankert.

Das Wassergericht beginnt. Die Schöffen nehmen ihre Plätze ein. (Foto: Gendries)

Jeder Grundbesitzer neun selbstverwalteten Bewässerungsgebieten Valencias hat Anspruch auf so viel Wasser, wie sich aus der Fläche seines Besitzes ergibt. Das Land, das über das Netz der Kanäle bewässert wird, untersteht einem Verband der Wässerungsberechtigten. Er verwaltet das Wasser aus dem Turia-Fluss und bestimmt die Verteilung unter den Landwirten. Jeder der neun Bewässerungsbezirke aus der Region Valencia entsendet einen gewählten Schöffen (früher waren es acht Bezirke). Hat also Farmer,  eine Bewässerungsschleuse geöffnet, um sich das seinem Nachbarn zustehende Wasser zu nehmen, kann vor das Wassergericht zitiert werden. Dessen Entscheidungen waren endgültig und sind es auch heute noch. Sie müssen also ohne Widerrede akzeptiert werden.

Jeden Donnerstag kommt kurz vor 12 Uhr vor dem Aposteltor der Kathedrale das Tribunal zusammen (Plaza de la Seu), um über Streitigkeiten bei der Wassernutzung zu entscheiden. Der Gerichtsort hängt ebenfalls mit der Gesc

Ein Farmer öffnet die Bewässerung (Foto: Tribunal de les Aguas)

hichte Valencias zusammen. Dort, wo heute die Kathedrale steht, befand sich einst eine Moschee. Als diese in ein christliches Gotteshaus umgewandelt wurde, durften Ungetaufte die Kathedrale nicht mehr betreten, deshalb findet wurde das Gericht vor das Tor der Kathedrale verlegt. Auch Tag und Uhrzeit haben historische Gründe. Der Donnerstag war der Sonnabend vor dem Moslemfeiertag, auch endete der Tag um 12, nicht um 24 Uhr, daher die Mittagszeit. Zum Tagesende am Wochenschluss sollten die Streitigkeiten beigelegt und Übertretungen des Wasserrechts abgeurteilt sein.

Bewässerungsgebiete in Valencia – (in blau: De Mestalla)

Wer die Geschichte bis hier gelesen hat, der wird vermutlich wissen wollen, wie das von mir besuchte Gerichtsverfahren am 6.4.2017 ausgegangen ist. Es gibt leider nichts zu berichten. Wir standen 30 Minuten vor Beginn vor dem Portal der Kathedrale. Der Platz war mit eindrucksvollen  Stühlen versehen. Auf der Lehne tragen sie die Bezeichnung des jeweiligen Bewässerungsbezirks. Nachdem Carlos Nácher, der Gerichtsdiener (auch Büttel genannt), die Schöffen in den Kreis geführt und diese sich gesetzt hatten, begann er mit seinen Aufrufen. Mit den Worten “Denunciants de la Séquia de Quart” (siehe Video) rief er die Streitigkeit im Bewässerungsgebiet De Quart auf. Nichts passierte. Der nächste Aufruf. Wieder nichts. Und so ging es einige Male weiter. Die Erwartung der über 200 Touristen, die den Platz vor dem Tor bevölkerten, wurden enttäuscht. Es gab nichts zu urteilen. Nach nur 30 Minuten war der kurze Prozess zu Ende. Den Grund hierfür erfuhr ich am nächsten Tag meines Valencia-Besuches bei der Steuerungszentrale für die Bewässerung. „Smart Water“ hat auch das maurische Wassergericht erreicht: Von wenigen Ausnahmen abgesehen wird nämlich die Wasserverteilung zentral gesteuert. Nachfolgend mein Video von der „Verhandlung“…

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