Geht der Wasserpreis-Konflikt in Hessen weiter ?

Der Jahresanfang ist die Zeit für Wasserpreis-Statistiken. Soeben veröffentlichten das hessische Statistische Landesamt die Preise für 2013. Jeder Hesse zahlte demnach im Durchschnitt 111 Euro für die Trinkwasserversorgung, hinzu kamen 152 Euro für die Abwasserbeseitigung. Auf Basis dieser Daten könnte jetzt auch die Auseinandersetzung um Preissenkungen in Hessen neue Nahrung bekommen. Denn der Waffenstillstand zwischen dem Wirtschaftsministerium und den Wasserversorgungsunternehmen könnte mit der Veröffentlichung der Statistik ein jähes Ende finden.

Beginnen wir mit nackten Zahlen: Die Wasser- und Abwasserentgelte die von den Hausbesitzern in Hessen allen 426 Gemeinden des Landes zu zahlen waren, stiegen von 2011 bis 2013 um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr auf durchschnittlich 263 Euro. Damit lag die durchschnittliche Steigerungsrate für Trinkwasser mit plus 2,0 Prozent etwas höher als für Abwasser mit plus 1,6 Prozent. Was eigentlich nicht überraschen konnte, waren die teilweise großen Preisdifferenzen wegen der unterschiedlichen strukturellen Rahmenbedingungen. Das macht Preisvergleiche schwer und gelegentlich auch unsinnig. Von 0,86 Euro in einer Kommune im Landkreis Bergstraße bis zu 4,31 Euro je Kubikmeter im Rheingau-Taunus-Kreis. In 86 Prozent der Gemeinden war darüber hinaus ein verbrauchsunabhängiges Entgelt zu entrichten. Dieses reichte von jährlich 0,61 Euro im Landkreis Fulda bis knapp 145 Euro in einer anderen Kommune im Rheingau-Taunus-Kreis.

Um die verschiedenen Entgeltstrukturen dennoch vergleichen zu können, wurde von den Landesstatistikern  eine Modellrechnung erstellt. Dabei wird für einen repräsentativen Haushaltstyp ein durchschnittlicher Verbrauch von 40 Kubikmeter Wasser pro Person und Jahr zu Grunde gelegt. Dieser Wert ist in der Branche durchaus üblich, auch wenn bei einem Durchschnittsverbrauch von 121 Litern täglich, der Jahresgesamtverbrauch eigentlich zehn Prozent höher liegen müsste. Nach dieser Berechnung waren 2013 in 47 Prozent der Gemeinden weniger als 250 Euro zu zahlen, in 36 Prozent zwischen 250 und 300 Euro. In weiteren 13 Prozent wurden bis zu 400 Euro in Rechnung gestellt. In 15 Gemeinden fielen die Trink- und Abwasserkosten noch höher aus. Der höchste Wert wurde mit über 523 Euro pro Jahr im Rheingau-Taunus-Kreis verlangt. Nur ein Viertel dieses Betrages erreichte der niedrigste Wert mit 134 Euro im Landkreis Fulda.

Auch die Statistiker weisen darauf hin, dass bei der Festsetzung der Wasser- und Abwasserentgelte die Gemeinden teils sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen haben. Insbesondere die Größe und Siedlungsstruktur des Gemeindegebiets, die Menge und Qualität der Wasservorkommen, das Geländeprofil und die Bodenbeschaffenheit beeinflussen bekanntlich die Kosten für die Pflege und die Instandhaltung der Anlagen und Leitungssysteme. Das wirkt sich zwangsläufig auf die Bildung der Entgelte aus und erschwert sinnfällige Preisvergleiche. Insoweit können natürlich auch die für die unterstellten Haushaltstypen ermittelten Gesamtpreise nur Näherungswerte darstellen.

Die jetzt veröffentlichte Wasserpreisstatistik könnte einen neuen Konflikt aufleben lassen. Denn es wird jetzt mit Spannung erwartet, wie sich der neue Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Die Grünen) in dem Kampf um niedrigere Wasserpreise positioniert. Der vom ehemaligen Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) mit viel Aufmerksamkeit und rechtlichen Auseinandersetzungen gestartete „Feldzug“ gegen vermeintlich überhöhte Wasserpreise in Hessen hat im Ergebnis zwar tatsächlich zu einer Reihe von Preissenkungen, aber auch zu „Fluchtbewegungen ins Gebührenrecht“ geführt. Bekanntlich hatten sich einige Versorger durch Rekommunalisierung dem Zugriff der Kartellbehörde entzogen, denn diese sind nur für private Entgelte, also Preise, nicht aber für Gebühren zuständig. Zu diesen „Preisflüchtlingen“ zählen Wetzlar, das im Widerstand gegen die Kartellbehörde sogar bis zum Bundesgerichtshof gegangen war, Wiesbaden, Gießen, Oberursel und Eschwege. Diese Städte haben die Wasserversorgung ihren eigenen Stadtwerken entzogen und erheben jetzt öffentlich-rechtliche Entgelte. Wenn jetzt auch der neue Wirtschaftsminister in die Fussstapfen seines Vor-Vorgängers tritt und auf Preissenkungen drängt, dürften die Berater, die für die Kommunen die Rekommunalisierungen betreiben, wohl die einzigen Profiteure eines zuweilen irrwitzigen Wettlaufs sein. Die Mehrheit der Wasserkunden, wird diesem Thema wohl ehedem eher weniger Bedeutung beimessen, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung in ihrem Online-Artikel zurecht feststellt. Denn nur die wenigsten Kunden kennen ihren Wasserpreis und messen seiner Entwicklung große Bedeutung bei. All jene Kunden, deren Versorger dann rekommunalisiert werden, verspüren sowieso keine wirkliche Entlastung, denn Gebühren müssen nicht gesenkt werden – die Kosten für die Umstrukturierung und die Neuverteilung der Aufgaben müssen dagegen alle tragen.

Es bleibt also zu hoffen, dass die Hessen jetzt in Ruhe ihre Wasserpreisstatistik zur Kenntnis nehmen und sich daran erfreuen, dass sie das Lebensmittel Nummer 1 zu vertretbaren  Preisen frei Haus bekommen. Immerhin zahlen sie dafür nur ein Tausendstel dessen, was Flaschenwasser kosten würde.

Quellen:
FAZ
Hessisches Landesamt für Statistik – Wasser- und Abwasserentgelte

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