Wasserkunden sagen der EU die Meinung – Erste Ergebnisse der Konsumentenbefragung

Die Europäer sind überaus zufrieden mit der Qualität ihres Trinkwassers und bezeichnen ihre Wasserpreise als erschwinglich. Die EU-Kommission hatte im Spätsommer vergangenen Jahres die Bürger befragt. Lebensraumwasser hat sich jetzt die ersten Ergebnisse beschafft und stellt sie seinen Lesern vor.

Wer erwartet hatte, dass die Konsumenten sich angesichts von Wasserpreisprotesten in Irland und Portugal oder Versorgungsengpässen oder Verunreinigen in Süd- und Osteuropa über Wasser beklagen würden, muss sich jetzt getäuscht sehen. Die Ergebnisse sind viel besser, als erwartet. Das wird vielleicht auch daran liegen, dass mit 38 Prozent der fast 6.000 Teilnehmer die deutschen Wasser-Bürger die größte Gruppe darstellen. Da man annehmen darf, dass die Franzosen nicht minder zufrieden sind, dürften sie als zweitgrößte Teilnehmergruppe mit 18 Prozent zu dem guten Ergebnis beigetragen haben. Aber nicht alles erscheint in rosarot: Handlungsbedarf wird bei den Schutzmaßnahmen für die Qualität und die Informationspolitik der Versorger und Behörden gesehen.

Die Bürger hatten die bisher einmalige Gelegenheit, sich mit einer Online-Befragung einerseits zur Zufriedenheit mit der Wasserqualität und der Erschwinglichkeit der Wasserpreise sowie anderseits zur Umsetzung und Verbesserung der Trinkwasser-Richtlinie zu äußern.

Dreiviertel der Verbraucher trinken ihr Wasser direkt aus der Leitung und schätzen die Leitungswasserqualität. Daher greifen auch Zweidrittel nicht auf Filtersysteme zurück, um die Qualität vorher zu verbessern.  Auch wenn sie mit ihrem Wasser zufrieden sind, glauben nur 23 Prozent, dass dies europaweit der Fall ist. Fazit für Europa: Qualitätswahrnehmung des eigenen Wasser gut, Qualitätsimage in Europa miserabel. Das hört sich nach einem Stimmungsbild deutscher Verbraucher an, die zwar ihr Trinkwasser schätzen, aber anderen Qualitäten skeptisch gegenüber stehen. Fast identisch sind die Zahlen beim Zugang zum Leitungsnetz, bei der Trinkwasserqualität und bei der Erschwinglichkeit der Wasserpreise. Letztere werden im eigenen Land von 70 Prozent als erschwinglich bezeichnet. 38 Prozent räumen ein, dass sie diese in Europa nicht beurteilen können. Erstaunlicherweise erklären nur zwei Prozent, dass ihnen dies für ihr eigenes Wasser genauso geht (siehe Abbildung). Ein Informationsstand, den wir uns bei den hiesigen Wasserpreis-Befragungen wünschen würden.

Bei der EU-Trinkwasser-Richtlinie, dem zweiten Fragenkomplex, scheinen die Konsumenten weniger zufrieden und weniger sorglos zu sein. Angesichts der Bedrohungen für die Trinkwasserqualität wünscht sich eine knappe Mehrheit eine Erweiterung der Liste der zurückzuhaltenden Verunreinigungen und Störstoffe. Dabei sind sie auch bereit, dafür höhere Wasserpreise zu akzeptieren. Ein großes Arbeitspaket hat die EU-Kommission bei der Verbraucherinformation erhalten. Hier wird sich einiges ändern müssen. Überwältigend die Erwartung nach mehr Transparenz bei der Qualitätsüberwachung und Bereitstellung der Ergebnisse in Onlineportalen. Dabei wünscht sich mit 54 Prozent eine einfache Mehrheit eine ebenso einfache und leicht verständliche Darstellung, aber gleichzeitig eine umfassende Darstellung der Parameter und der Erreichung der Zielwerte. Dies dürfte sich angesichts der Komplexität der Analysemethoden und Kompliziertheit der Daten als eine Quadratur des Kreises herausstellen. Wenn man berücksichtigt, auf welch geringem Informationsniveau sich manche europäische Nachbarn wie beispielsweise die Spanier bewegen, dürften die Überwachungs- und Informationsinstrumente der deutschem Versorger und der für sie zuständigen Behörden eher Vorbildcharakter als Nachholbedarf haben. Zumindest für die Mehrheit ist dies der Fall, wie Lebensraumwasser in Kürze anhand von Analysen aus NRW noch zeigen wird. Wie ernst es die Verbraucher meinen, zeigt auch, dass sie sich mehrheitlich Sanktionen wünschen, wenn Versorger gegen die Qualitätsvorgaben verstossen. Acht von zehn Befragten fordern nämlich, dass Versorger die Betroffenen unverzüglich informieren müssen (dabei werden auch moderne Kommunikationsinstrumente gefordert) und ein Wasserwerk geschlossen wird, was der Versorger mit einer kostenlose Ersatzversorgung ausgleichen muss.

Fazit und wie es weiter gehen wird

Wir erinnern uns, dass die Initiative Right2Water den Anstoss für mehr Transparenz bei Trinkwasser gegeben hat. Die Ergebnisse und die Wünsche der europäischen Konsumenten nach mehr Informationen, mehr Transparenz und neuen Informationsinstrumenten dürften die Initiatoren freuen, sehen sie doch hiermit ihre Forderungen bestätigt. Jetzt muss die Brüsseler Politik es nur noch umsetzen. Erfreulich ist die überragende Teilnahme der deutschen Konsumenten. Dies dürfte neben Right2Water auch den Wasserversorgern zu verdanken sein. Viele haben nämlich ihre Kundschaft auf diese Befragung hingewiesen.

Wie Lebensraumwasser bei der EU-Kommission in Erfahrung bringen konnte, werden die ersten statistischen Ergebnisse jetzt noch von beauftragten Beratern nachgeschärft und auf ihre Auswirkungen hin untersucht, eher sie dann veröffentlicht werden. Besondere Aufmerksamkeit erhalten dabei auch die zusätzlichen Anregungen und Antworten auf die offen gestalteten Fragen. Zu hoffen ist auch, dass die Befragungsergebnisse auch nach Ländern differenziert ausgewertet werden. Damit wird das Wasser-Benchmarking in Europa erstmalig um die Kundensicht erweitert werden können. Dann wird sich möglicherweise auch zeigen, dass Wasserpreise endlich nicht nur ihrer absoluten Höhe nach bewertet werden. Bei dieser verkürzten Sichtweise sehen sich die deutschen Versorger immer wieder den Vorwürfen ausgesetzt, ihre Wasserpreise seien im Vergleich zu den Nachbarstaaten zu hoch. Es dürfte noch interessant werden, wenn die deutschen Wasserkunden mit diesen aus manchen Kartellverfahren bekannten Preisvergleichen aufräumen. Im Hinblick auf die Befragungsergebnisse kann der Ankündigung der EU-Kommission zufolge eine Bereicherung des politischen Prozesses bei der Überarbeitung der EU-Trinkwasserrichtlinie erwartet werden. Hoffentlich wird diese Erwartungshaltung nicht enttäuscht: Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant.“ (George C. Marshall)

Hier geht es zu den Zwischenergebnissen der Befragung (Stand Dezember 2014) Statistical Results Public consultation Drinking Water Dec2014

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