Europa im Vergleich: Trinkwasser in der Gastronomie

Als Restaurantbesucher im Ausland kennt man es: Leitungswasser auf dem Tisch. Sei es das „Tap Water“ in England oder den USA, „caraffe d’eau“ in Frankreich. Häufig ohne besondere Bestellung findet der Gast eine Flasche frischen Leitungswassers auf dem Tisch oder er kann sich an Schankautomaten bedienen.

Während man dem Trinkwasser oder auch Kraneberger, das sich auf Tischen in manchen Cafés und Restaurants unserer europäischen Nachbarn einen leichten Chlorgeschmack häufig nicht absprechen kann, erfreut sich das deutsche Wasser bester Qualität und in der Regel keiner störenden Zusätze. Insoweit darf davon ausgegangen werden, dass die Gäste sich insbesondere im Sommer über eine große Karaffe Leitungswasser freuen würden. Zudem fragen sich vermutlich viele Gäste, warum eine 0,2 Liter-Flasche Mineralwasser oder Tafelwasser rund 2 € kostet, während das Leitungswasser ein Zehntausendstel kosten würde und warum ein Glas Bier in Gaststätten preiswerter angeboten wird als ein Glas Wasser.

Tap Water in England

Auch bei unseren Nachbarn in England findet man in vielen Gaststätten Schankautomaten mit Trinkwasser zur Selbstbedienung. Der Gast kann wählen, ob er das Flaschenwasserangebot wählt und für Service und Flasche zahlt oder sich am Schankautomaten selber bedient – kostenlos übrigens. Bei letzterem steht dann „tap water“ an dem Gerät. Und wie man als Englandurlauber feststellen kann, erfreut sich das derart gescholtene englische tap water höchster Beliebtheit. Aber wenn das tap water ausgeschenkt und serviert wird, muss man damit rechnen, dass bis zu 2,50 £ (etwa 3 €) Service Charge berechnet werden (20-shocking-secrets-every-diner-should-know).

Leitungswasser in Wiener Cafés

In Wien scheiden sich an der Frage, ob im Café ausgeschenktes Leitungswasser etwas kosten darf, dieser Tage wieder einmal die Geister. Für Aufregung sorgen Preise bis zu 3,60 Euro für einen halben Liter Wasser. Jene Online-Kommentatoren von Beiträgen der Medien gewinnen Oberhand, die die zu erbringende Serviceleistung anerkennen und dem Wirt dafür auch ein Entgelt zugestehen. Zurecht, wie ich meine.

Originales Wasser in den Niederlanden
„O – Original Water“ – unter dieser Marke vertreibt in den Niederlanden ein Systemanbieter aus Zwolle seit 2002 in der Gastronomie Getränkesysteme für Leitungswasser. Mittels stationärer Wasseraufbereitungsanlagen wird in den Hotels und Restaurants Leitungswasser gefiltert, gekühlt, auf Wunsch gesprudelt und in eigens dafür bestimmte Flaschen abgefüllt. Den Gästen wird somit dann statt Mineralwasser eine lokale Besonderheit angeboten: ein Hauswasser. Eine Flasche aus der nordholländischen Dünen-Region stammendes Dune-Water, wird in einem Restaurant in Egmond aan Zee für 2 € (0,5 Liter) angeboten (Stand 2011).

Der Gastwirt darf sich über eine attraktive Marge freuen, da die Kosten für Anschaffung und Wartung der Anlage und Flaschen sowie den Service deutlich geringer sein werden. Der Gast kann ein Wasser genießen, dessen Geschmack sich vom Mineralwasser nicht unterscheidet, aber dafür weniger kostet und zudem sein gutes Gewissen bewahrt, da die ökologischen Folgen des Genusses der Werbung zufolge gering sind. (http://www.o-original.com/)

Trinkwasser in der Gastronomie in Deutschland – Beispiel Oberhausen

Hier gibt es also für die deutschen Wasserversorger als Trinkwasserlieferanten noch genügend Möglichkeiten, ihr hervorragendes Produkt gegen die deutlich teureren Flaschenwasser, zumal die teureren Edelwässerchen antreten zu lassen. Der Mülheimer Wasserversorger RWW hat im Sommer 2012 Gastwirte in seiner Versorgungsregion vom Marktforschungsinstitut IESK befragen lassen, wie sie auf Gästewünsche nach Trinkwasser reagieren. Die WAZ Oberhausen berichtete darüber. Dabei kam heraus, dass immerhin 15 Lokale Leitungswasser herausgeben, wenn auch ungerne. Dieses Wasser gar in die Karte aufzunehmen, käme für sie nicht in Frage, zu groß sei die Konkurrenz zu den Standardgetränken und überhaupt halte sich die Nachfrage in Grenzen. Lediglich ein gastronomischer Betrieb habe nichts dagegen, das kohlensäurearme Getränk von sich aus anzubieten und vielleicht auch in die Getränkekarte mit aufzunehmen. Eine weitere Lokalität hat auch nichts gegen ein Glas Kraneberger einzuwenden, dennoch würden es die Mitarbeiter ausschließlich im äußersten Notfall und dann auch nur für 1,80 Euro ausgeben. Vier Befragte verweigern den Ausschank völlig. Grund ist überwiegend Skepsis, das Wasser könne schädlich sein. Auch der eintönige Geschmack lasse sie den Hahn zudrehen.

Das Fazit für deutsche Wasserversorger und Gastronomen ist einfach: Bieten Sie Ihren Gästen auf Nachfrage ruhig Trinkwasser an. Wie die Beispiele unserer Nachbarn zeigen, wird es von den Gästen goutiert. Es ist auch angemessen, dafür ein Serviceentgelt zu verlangen. Erklären müssen Sie es ihnen aber schon. Trinkwasser ist viel zu schade, um es nicht zu trinken.

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1 Kommentar

  1. Hallo, als Frankreichfan möchte ich darauf hinweisen, dass das kostenlose Wasser am Tisch als ‚caraffe d’eau‘ zu bestellen ist, nicht als ‚table d’eau‘ sonst kommt es zu Missverständnissen.
    Das kostenlose Wasser ist gesetzlich vorgeschrieben, in sehr guten Restaurants erwartet man vom Gast aber eher das Bestellen von Mineralwasser – l’eau minérale gazeuse oder pétillante,also mit Kohlensäure bzw l’eau non.-gazeuse , also stilles Wasser.
    Falls ein „geschäftstüchtiger“Ober absolut nicht verstehen will, passiert gern an der Côte d’Azur, auf das „l’eau du robinet“ ( Wasser aus dem Kran“) beharrlich hinweisen.
    Alle Mineralwässer dieser Erde kann man, das habe ich schon über tripadvisor geschrieben, im Musée de l’eau in Royans Frankreich degustieren.

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